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25.06.2012 um 17:14 Uhr
Falsch positiv
Wieso Torlinientechnologie Mist ist




Seit Jahren, Jahrzehnten sträuben sich DFB, UEFA, FIFA (und nahezu jeder andere Verband unter dem Dach des letztgenannten Weltverbandes) gegen Technologien, die in anderen Sportarten seit noch längerer Zeit Standard sind. Die Fans fordern es mehrheitlich, dass die ewig gestrigen in den Chefetagen endlich zur Vernunft kommen, und es tut und tut sich nichts, für dieses Stück Vernunft.
Die Vorzüge des Videobeweises sind dabei unleugbar – und nur fanatische Puristen werden es dennoch anders sehen wollen. Als ob dem Spiel irgend etwas interessantes weggenommen werden würde, wenn man sich nicht mehr über völlig unnötige Falschentscheidungen ärgern müsste. Ernsthaft: wenn das den oder „einen" Reiz des Fußballs ausmachen soll, dann muss Fußball an sich wirklich ein furchtbar langweiliger überflüssiger Zeitvertreib sein.

Nun deutet es sich aber an, dass eine der Technologien die seit Jahren gefordert wird, womöglich doch endlich Einzug halten wird: der Chip im Ball! - die Vorfreude ist groß, für manche scheint es ja wirklich schon sicher. Aber ist das wirklich so eine gute Sache?
Die Vorteile liegen auf der Hand: man wird nicht mehr rätseln müssen, ob in einem Englandspiel ein Ball auch wirklich die Linie überschritten hat, oder nicht. Eine Maschine wird dies mit maschineller Präzision anzeigen. Aber ist das so eine tolle Sache? Die Frage ob ein Ball hinter der Linie ist, macht nur einen kleinen, winzig kleinen Bruchteil strittiger Szenen aus, und kommt, von Englandspielen mal abgesehen, „nur alle Jubeljahre" mal vor. Diese Errungenschaft vorzuweisen scheint mir ein Stück Imagekampange, sogar ein Vorwand der Verbände, um die wirklich sinnvollen Neuerungen noch für lange lange Zeit aufzuschieben. Vielleicht ist es ja wahr: ein Paradigmenwechsel findet nur statt durch das Aussterben der einstigen Entscheidungsträger.

Wenn ich die Wahl hätte zwischen Videobeweis und Torlinientechnologie, würde ich keine Sekunde Zögern, und mich für ersteres entscheiden. Alles was letzere leistet, kann erstere Technologie ebenfalls leisten, letztere aber Nichts von ersterer! Die Torlinientechnologie ist nicht nur ungeheuer limitiert – sie ist auch extrem fehleranfällig. Und ich meine nicht, dass die Technik unausgereift wäre – die Debatte ist müßig: dieses Thema wird immer dann auf den Tisch gebracht, bei dieser wie anderer Technologie, wenn man Ausflüchte machen will. Man will es nicht ausprobieren, und schiebt vor, es sei nicht sicher; ohne es auszuprobieren, versteht sich (wie ein Mensch der sagt: „ich könnte scheitern – also ist jeder Versuch sinnlos!"): nicht auszudenken, wenn rauskäme, dass die probleme gar so groß nicht sind, geschweige denn sogar kontrollierbar! - die Debatte in diesen Belangen ist nunmal sehr unehrlich geworden...
Worauf vielmehr es mir ankommt als das Scheinproblem unausgereifter Technologie, ist etwas anderes, das scheinbar niemand mit bedenkt. Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied – das weiß jeder. Aber niemand denkt daran, dass das auch hierfür gilt. Was passiert denn, wenn ein Ball als Hinter der Linie angezeigt wird?

Nehmen wir das Spiel neulich, England gegen Ukraine; England scheint diese Szenen ja eh gepachtet zu haben!
Es wird ein langer Ball aus dem Mittelfeld geschlagen, der Konter rollt aufs Tor der Engländer zu, es kommt zum Abschluss, Terry klärt den Ball für England – vor oder hinter der Linie? - dahinter! - das zeigen die Kameras. Das Geschrei war groß auf seiten der Ukrainer, denn der Unparteiische sah es anders: unfassbar fand man das! - und die Medien legten im Anschluss dem Leiter der Partie, Viktor Kasai, schon einen one-way-trip zum Mars nahe. Aber war das berechtigt? Beim langen Abspiel der Ukrainer unmittelbar zuvor stand, wie die Kameras [ebenfalls] zeigten, der ukrainische Stürmer deutlich im Abseits! Unser lieber Kommentator hat das schnell kleingeredet: „leicht im Abseits" sagte er, während es fast 2m waren – und redet im weiteren sogar so als wäre das nicht gewesen! (herrlich, diese Inkompetenz/Ignoranz/Verlogenheit)
Dabei ist hier zu veranschlagen, was sich sonst kaum veranschlagen lässt im Fußball: das Prinzip der „ausgleichenden Gerechtigkeit"! - das Schiedsrichtergespann hat eine grobe Fehlentscheidung auf eine Andere folgen lassen – eine zugunsten der einen Mannschaft, eine zugunsten der Anderen, mit dem Ergebnis, dass beide Mannschaften in gleicher Stärke bei gleichem Spielstand weitermachen konnten, nachdem alles vorbei war. „No harm done!" - die Gemüter waren erhitzt, das war alles: aber es ist Sache einjeden Profis selbst, darüber hinwegzukommen! - und die moralischen Effekte erzeugten Unmuts wiegen im Fußball doch deutlich weniger schwer als in einem Spiel wie Eishockey, in dem sich Tore durch moralischen Auf- und Niederschwung direkt vorher abzeichnen können.
Also nochmals: wieso die Aufregung? Man muss wohl mind. auf einem Auge Blind sein, um derart zu übersehen, dass der Torabschluss nie hätte stattfinden dürfen, um sich dann darüber aufregen zu können, dass der Ball doch „klar hinter der Linie" sei. Aber entlarvend war es dennoch: da haben wir nun diese zusätzlichen Torrichter – und sie scheinen doch zu garnichts nütze...

Also was tun? - es wird zeit endlich die Technologie ins Spiel zu bringen, deren Einführung die Fifa und UEFA mit diesen unsäglichen zusätzlichen Pappnasen hat hinauszögern wollen: „Her mit dem Chip im Ball!"
Aber was wäre denn dabei raus gekommen, wenn im gegebenen Falle ein Chip im Ball gewesen wäre? - hätte es für diese so selten auftretende Szene einen Vorteil bedeutet?...
Lassen wir den Film nochmal Revue passieren: Langer Ball wird geschlagen, Ukraine treibt den Ball weiter aufs Tor zu, schießt und – es blinkt! - der Ball war drinnen! - Tor!....
Reichlich grotesk, oder? - auf einmal wird aus dem technologischen Vorteil - ein Nachteil! - und ein Tor das niemals hätte gegeben werden dürfen – muss vom Schiri auf einmal anerkannt werden!... denn etwas fehlt!

Es kann jederzeit passieren dass der Ball hinter der Linie ist, ohne dass es ein Tor ist, und sei es nur, weil ein Stürmer den Ball nach Abpfiff über die Linie schiebt. Die Technologie sagt „Tor!" - und wer dürfte dem Schiri eine Generalvollmacht erteilen, die Technologie zu überstimmen? - das hieße doch so viel als dass die Technologie de facto nutzlos ist, weil sie eben nicht dazu beitragen könnte, falsche Entscheidungen stets zu revidieren: ihr positiver Einfluss wäre ausgehebelt. Denn wenn der Schiri sich sicher ist, dass das und das kein Tor gewesen sei – wie wird die Technologie ihn dann umstimmen können?


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Aufrufe: 4463 | Kommentare: 4 | Bewertungen: 18 | Erstellt:25.06.2012
ø 2.8
KOMMENTARE
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beaucoupbadshit
26.06.2012 | 14:37 Uhr
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beaucoupbadshit : Zugegeben...
26.06.2012 | 14:37 Uhr
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beaucoupbadshit : Zugegeben...
es gibt unendlich viel Potenzial für Fehlentscheidungen im Fußball. Dennoch hat dabei keine einen so unmittelbaren Einfluss auf das Ergebnis wie die Entscheidung Tor / kein Tor.
Ich finde das Modell im Tennis ganz interessant, bei dem die Spieler x-Mal (ich glaub 2Mal?) pro Satz eine Szene überprüfen lassen können. Jede Szene mit dem Videobeweis zu überprüfen würde das Spiel massiv verzögern und vor allem die Gremiem (Durchschnittsalter 70+) technologisch völlig überfordern...
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Boerg
26.06.2012 | 15:01 Uhr
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Boerg : Zu kurzsichtig!
26.06.2012 | 15:01 Uhr
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Boerg : Zu kurzsichtig!
Einerseits stempelst du torstrittige Szenen als "alle Jubeljahre" vorkommende Ereignisse ab - ich kann mich allein in den letzten 2 Jahren an einige Szenen erinnern , andererseits ziehst du eine absolute Rarität einer Spielsituation in das Zentrum deiner Argumentation für den Videobeweis. Das die (fälschlicherweise) ausbleibende Abseitsentscheidung und das (fälschlicherweise) nicht gegebene Tor in eine Szene fallen, ist sowohl unglücklich als auch absoluter Zufall. Fakt ist, dass eine Abseitssitutation sowohl einfacher zu erkennen als auch weniger folgenschwer ist.

Meiner Meinung nach geht deine Analyse auch nicht weit genug. Was oft vergessen wird (ich aber entscheidend finde), ist welche Auswirkungen neue Technologien auf die Durchführung des Spiels haben.
Der Chip im Ball bringt keine wesentlichen Änderungen mit sich. Die Schiedsrichter bekommen ohne Spielverzögerung angezeigt, ob Tor oder nicht Tor.
Bei einem Videobeweis ist zwangsläufig eine Unterbrechung notwendig. Dies stört den Spielfluss (könnte das gar ein taktisches Manöver werden?) und wirft neue Fragen auf: Wie häufig darf der Videobeweis herangezogen werden und wer entscheidet über strittige Szenen (ausschließlich Unparteiische oder auch Trainer?) ? In der Theorie müsste dann jedes einigermaßen knappe Abseits (oder Nicht-Abseits) einer abermaligen Videoanalyse unterzogen werden.
Das ruft eine ganz neue Diskussion hervor; die der Kommerzialisierung des Fußballs. Auch wenn Werbung notwendigerweise Teil dieses Sports ist, sind wir diesbezüglich noch weit von anderen Ligen (NFL, NBA, usw.) entfernt. In Zeiten, in denen man bei Privatsendern froh ist rechtzeitig zum Spielbeginn auf dem Feld zu sein, ist es kaum vorstellbar, dass Spielunterbrechungen nicht für Werbung genutzt werden. Etwaige Konsequenzen bezüglich Imageverlust des Sports müssten erst einmal abgewägt werden.

In einem Punkt sind wir uns jedoch einig: Die Torrichter haben ihre Einführung bislang nicht zu rechtfertigen gewusst!
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Brunobopp
26.06.2012 | 18:08 Uhr
2
-1
Brunobopp : Videobeweis 2014...
26.06.2012 | 18:08 Uhr
-1
Brunobopp : Videobeweis 2014...
Endspiel der WM 2014, Deutschland-Brasilien....90. Minute, es steht 1:2....
Brasilianer hauen den Ball aufs Tor...er klatscht von der Unterkante der Latte auf die Linie (oder dahinter?)...Hummels haut den Ball raus und über die Mittellinie...dort startet Reus...der letzte brasilianische Verteidiger schlägt am Ball vorbei...Reus läuft allein auf den Torwart zu UND...Pfiff des Schiris, Unterbrechung des Spiels...Videostudium...ah, kein Tor, Ball war noch auf der Linie...weiter gehts mit Schiedsrichterball...SCHÖNE,NEUE WELT DER TECHNIK...
2
Julcen
27.06.2012 | 19:41 Uhr
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Julcen : 
27.06.2012 | 19:41 Uhr
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Julcen : 
Ich mein mir ist egal, welche technolgie kommt, hauptsache es kommt etwas, weil so gehts nimmer weiter mit den schiris, denn bis auf evtl. korrupte Funktionäre und Verbrechern sind alle Verlierer.
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