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20.07.2010 um 12:22 Uhr
FC Barcelona – més que un club
"Més que un club". Diesen Begriff wählte Barca-Präsident Carreras im Zusammenhang mit seinem Programm beim Amtsantritt 1968: Ein "kulturelles Werk" soll geschaffen werden, und es sollte gelingen. Wenn man von Kataloniens Vorzeigeverein spricht, schwingen dieser Satz und damit die besondere Bedeutung Barcas für die Region, historisch aber auch heute noch, mit. Mehrere Bereiche deckt dieses Vereinsmotto, das eigentlich viel mehr als ein solches ist, ab. Integration, kulturelle sowie sprachliche Heimat, Philosophie im ideologischen sowie fußballerischen Sinne sind die wesentlichen Aspekte, die gemeint werden, wenn man von dem Verein spricht, der eben einfach "mehr als ein Club" ist.

Mysterien wie "Voetbal total", "La Masia", Spielerlegenden wie Alcántara, Samitier, Übervater Johan Cruyff oder in neuerer Zeit Ronaldinho und Lionel Messi. Barca versprüht, wo man auch hinschaut, heutzutage viel Glanz und hat einen weltweit besonderen Status im Fußball. Dass das nicht immer so gewesen sein kann mag auch für den eher außenstehenden Betrachter logisch erscheinen. Zu erkennen, welche Rolle, die der Verein allerdings für die Menschen Kataloniens und Spaniens insgesamt bedeutete und noch immer bedeutet, erfordert einen genaueren, historischen Blick in die Geschichte Spaniens.


Entstehung und Anfänge

Gegründet wurde der Football Club Barcelona am 29. November 1899, Gründungsmitglieder waren, wie der Name bereits erahnen lässt, hauptsächlich Ausländer, Engländer und Schweizer insbesondere. Der Schweizer Hans Gamper, der seinen Vornamen später ins katalanische ändern ließ und sich "Joan" nannte, war Initiator und Urheber des Vereins, der auch maßgeblichen Anteil daran hatte, dass der FC Barcelona mit dem Katalanismus in Verbindung kam, einer politischen sowie kulturellen Bewegung, die Unabhängigkeit vom kastilischen Madrid forderte. Dessen Geschichte per se ist schon eine eigene Anekdote: Auf dem geschäftlichen Weg nach Afrika, um ins Zuckergeschäft einzusteigen, musste er einen Zwischenstopp in Barcelona machen – und verliebte sich in die Stadt, lernte die Sprache und wurde einer der großen Verfechter katalanischer Unabhängigkeit.

Doch zuerst startete der Verein, wie sich das gehören sollte, mit sportlichen Schlagzeilen. Schon in den 20er Jahren hatte Barca seine erste "goldene Generation". Offensivspieler Josip Samitier sowie Torwart Ricardo Zamora komplettierten mit Stürmerstar Paulino Alcántara (356 Tore in 357 Spielen) die Mannschaft, die zwischen 1918 und 1924 fünf Mal die katalanische Meisterschaft, damals hatte jede Region Spaniens noch seine eigene Liga, und immerhin zwei Mal die schon damals nationale Copa del Rey gewinnt. Zur Saison 1928/29 wird die Primera División eingeführt, der erste Meister heißt: FC Barcelona, zwei Punkte vor Real Madrid.


Francos Diktatur – Barca als Hoffnungsschimmer

Erneut dient ein Zitat von Josep (er wollte nie José genannt werden, durfte aber unter dem Franco-Regime seinen katalanischen Namen nicht behalten) Carreras als guter Einstieg: "Das hat nicht nur mit der sportlichen Seite des Klubs zu tun, sondern vielmehr mit der Rolle, die während der Franco-Diktatur gespielt hat. Zu dieser Zeit mussten wir unsere Identität, unsere Wurzeln und Traditionen gegen die Repression von General Franco verteidigen. Die einzige Möglichkeit, unseren Selbstwert nach außen zu zeigen, war, zu den Spielen des FC Barcelona zu gehen. Nur im Camp Nou zeigten wir offen unsere wahren Gefühle, unsere Identität als eigenes kleines Land."



Aber der Reihe nach. Am 17. Juli 1936 beginnt der bewaffnete Putsch und somit der Bürgerkrieg durch General Franco, gerichtet gegen die Republik. Nur zwei Wochen später fordert der Bürgerkrieg sein erstes Opfer aus Barcelona: Barca-Präsident Josep Sunyol nach nur einem Jahr im Amt in einer Bergstraße bei Madrid von Falangisten, eine ultranationalistische Bewegung, die später das Zentrum von Francos Staatspartei bildete, angehalten und standrechtlich erschossen. Francos Truppen, unterstützt von Nazi-Deutschland, rücken immer weiter vor, 1937 erobern sie das Baskenland. Am 16. Januar 1939 rücken Francos Truppen schließlich auch in Barcelona ein. Sofort werden katalanische Sprache und Zeichen verboten, der Futbol Club Barcelona muss sich umbenennen in Club de Fútbol, auch das Wappen des Vereins muss verändert werden: Das Muster der senyera, der katalanischen Flagge, muss soweit reduziert werden, dass es als spanische Flagge durchgeht.

Das eigentliche Wappen von 1910, entworfen von einem Medizinstudenten, hatte folgende Bedeutung: Das rote Kreuz auf weißem Grund ist das Zeichen von St. Jordi, dem Schutzpatron Kataloniens - und der Liebenden. Rechts oben sieht man das Muster der "senyera", der katalanischen Flagge, und unten waren die Vereinsfarben Barcelonas mit einem Fußball.



Zwar bekommen die Katalanen eigene Parteien, regionale Regierung und den Gebrauch ihrer Sprache verboten, aber ein, spätestens jetzt auch kulturelles, Gut bleibt den Menschen erhalten: Der FC Barcelona, für die Menschen ein Symbol der katalanischen Identität und des Widerstandes gegen die Diktatur Francos. Zwischen 1950 und 1975 wächst die Bevölkerung Barcelonas von 3,2 auf 5,6 Millionen, ein Resultat der Flucht der Menschen aus den Dörfern in die Städte. Barcelona bietet hierbei eine Insel, ist am weitesten von Franco und seinem Regime entfernt. Die Duelle Barca –Real werden zum absoluten Politikum in Spanien. Das geht so weit, dass im Pokal, nach klarem 3:0 Hinspielsieg für Barcelona, Franco durch Drohungen, Schiedsrichterbestechung und Militär- sowie Polizeieinsatz dafür sorgte, dass Real das Rückspiel deutlich gewinnen sollte. Dass daraus dann ein 11:1 wurde, damit hatte wohl auch der Diktator nicht gerechnet. Dieser Sieg gilt noch heute in Spanien als Schande und wird gerne mal unter den Tisch fallen gelassen.

Spätestens zu Beginn der 70er Jahre ließ man sich auch beim FC Barcelona nichts mehr vom Regime vorschreiben: Die katalanische Hymne "El cant dels segadors" wurde im Stadion gesungen, spanische Flaggen sah man im weiten Rund ohnehin nie, mittlerweile aber offen die katalanische. Des Weiteren wird der Verein wieder in Futbol Club Barcelona umbenannt und die Vereinsbriefe erscheinen wieder in katalanischer Sprache. Der Abnabelungsprozess von Madrid und die Autonomie Kataloniens werden immer spürbarer, die Menschen feiern Barcelona und Francos Zeit geht dem Ende zu: Am 20. November 1975 stirbt der Diktator in Madrid, sein designierter Nachfolger wird von der baskischen ETA umgebracht. Es gelang dem Land in der Folge, einen friedlichen Übergang zur Demokratie zu schaffen. Endlich war wieder Zeit für Fußball, ohne die immense politische Aufladung der Franco-Zeit.

Teil 2
Aufrufe: 23901 | Kommentare: 2 | Bewertungen: 3 | Erstellt:20.07.2010
ø 10.0
KOMMENTARE
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adriano0589
20.07.2010 | 12:26 Uhr
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20.07.2010 | 12:26 Uhr
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Freu mich wie immer über Kommentare, Anregungen etc. Aber alles bitte, der Übersicht halber, unter Teil 2!
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Falcule
21.07.2010 | 19:58 Uhr
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Falcule : 
21.07.2010 | 19:58 Uhr
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Falcule : 
super.

als adoptiv katalane und barçafan sehr gelungen part1.

will aber noch etwas dazu fügen:
gründungsgrund war auch folgender: während der war nicht katholiken der zutritt zu sportcdlubs verboten, deshalb wollte der club eine plattform für andersglaubende sein :)

blau-grana:
die farben des clubs aus Joan Gampers Heimat: Basel
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