29.02.2012 um 10:51 Uhr
Die englische Krankheit Teil 1
Der Posten als Trainer der englischen Fussball-Nationalmannschaft wird seit 1946 vergeben. Beim heutigen Testspiel der „Three Lions" gegen die Niederlande, im ehrwürdigen Wembley-Stadion, wird ihn Stuart Pearce bekleiden; übergangsweise, versteht sich. Eine Dauerlösung stellt der patriotische U21-Nationaltrainer nämlich nicht dar. Vielmehr soll Harry Redknapp in die Fußstapfen von Fabio Capello treten. Der aktuelle Trainer der Tottenham Hotspurs ist der heißeste Anwärter auf jenen Job, den als Erster Sir Walter Winterbottom annahm. Eine offizielle Bestätigung seitens der Football Association (FA) wird täglich erwartet.
Die Tatsache, dass zwischen dem ersten Länderspiel Englands (eine Partie gegen Schottland am 30. November 1872) und der ersten Verpflichtung eines Nationaltrainers rund 74 Jahre lagen, mag ein Schatten jener strukturellen Defizite gewesen sein, die den englischen Fussball, auf Nationalmannschaftsebene, seit langer Zeit plagen. Dazu muss man anmerken, dass der Verzicht auf einen Nationaltrainer, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, ein Alleinstellungsmerkmal des englischen Fussballverbandes war. Die meisten Nationen aus Europa und Südamerika hatten schon vor dem Zweiten Weltkrieg Übungsleiter für ihre Mannschaften engagiert. In Deutschland hörten sie auf die Namen Nerz und Herberger. Ein bescheidener Innovationsdrang hat im Mutterland des Fussballs also Tradition. Nichtsdestotrotz stellte England gerade zu Beginn des letzten Jahrhunderts eine der stärksten, wenn nicht die stärkste Nationalmannschaft der Welt. In diesem Zusammenhang muss man auch die Stellung der FA sehen, die sie damals, zum Thema Nationaltrainer, bezog. Ein Nationaltrainer sei, insbesondere auf dem Niveau, auf dem sich die besten Spieler Englands bewegen, schlichtweg überflüssig. So lautete, zumindest in der unmittelbaren Vorkriegszeit, die einhellige Meinung der englischen Fussball-Funktionäre. Und so liefen die „drei Löwen" früher halt ohne Kabinenansprache auf den Platz und regelten taktische Angelegenheiten mal eben untereinander. Doch diese Zeiten sind längst vorbei und ihr Geschwätz von gestern, interessiert die FA selber nicht mehr. Denn mehr denn je, so scheint es, lechzt sie nun nach einem starken Nationaltrainer, der, im besten Falle, britischer Staatsbürger ist. Und da die Nationalität ein wichtiges, wenn nicht das wichtigste Kriterium bei dieser Stellenausschreibung ist, blickt nun ganz England auf Harry Redknapp. Schließlich ist „Harry Houdini" Engländer; durch und durch sogar. Was sollte also gegen ihn als neuen Nationaltrainer sprechen? Von allen möglichen, englischen Kandidaten, kann man ihn getrost als den besten bezeichnen. Darüber hinaus könnte er, verglichen mit dem desaströsen Auftritt der Engländer bei der Weltmeisterschaft in Südafrika, den Job auch nicht viel schlechter machen als der Ausländer Capello. Deshalb sollte man Redknapp die Chance geben zu beweisen, dass die anhaltende Erfolglosigkeit der englischen Fussball-Nationalmannschaft nicht durch die Neubesetzung einer einzigen Position beendet werden kann. Die Gründe dafür liegen tief und sind vielschichtig. Sie entziehen sich sogar gänzlich der Macht eines Nationaltrainers. In England sollte man deshalb nicht von Harry Redknapp als „Heilsbringer" des englischen Fussballs sprechen. Kurzfristige Erfolge würden sicherlich auch mit ihm und durch ihn möglich sein, doch strukturelle Umwälzungen bedürfen mehr als zwei Hände. Vor allem bedürfen sie Zeit. Ein leuchtendes Beispiel für eine Neuausrichtung des englischen Fussballs könnte dabei der heutige Gegner sein. Die Niederlande haben ihrem Fussball vor zehn Jahren, angeleitet vom früheren Bondscoach Louis van Gaal, eine Struktur gegeben, die bemerkenswert ist und viele Früchte trägt. Sie sollte die Blaupause für eine neue englische Fussballphilosophie sein; von den Anfängen im Kindesalter bis hin zum Profigeschäft.
Zweiter Teil
Die Tatsache, dass zwischen dem ersten Länderspiel Englands (eine Partie gegen Schottland am 30. November 1872) und der ersten Verpflichtung eines Nationaltrainers rund 74 Jahre lagen, mag ein Schatten jener strukturellen Defizite gewesen sein, die den englischen Fussball, auf Nationalmannschaftsebene, seit langer Zeit plagen. Dazu muss man anmerken, dass der Verzicht auf einen Nationaltrainer, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, ein Alleinstellungsmerkmal des englischen Fussballverbandes war. Die meisten Nationen aus Europa und Südamerika hatten schon vor dem Zweiten Weltkrieg Übungsleiter für ihre Mannschaften engagiert. In Deutschland hörten sie auf die Namen Nerz und Herberger. Ein bescheidener Innovationsdrang hat im Mutterland des Fussballs also Tradition. Nichtsdestotrotz stellte England gerade zu Beginn des letzten Jahrhunderts eine der stärksten, wenn nicht die stärkste Nationalmannschaft der Welt. In diesem Zusammenhang muss man auch die Stellung der FA sehen, die sie damals, zum Thema Nationaltrainer, bezog. Ein Nationaltrainer sei, insbesondere auf dem Niveau, auf dem sich die besten Spieler Englands bewegen, schlichtweg überflüssig. So lautete, zumindest in der unmittelbaren Vorkriegszeit, die einhellige Meinung der englischen Fussball-Funktionäre. Und so liefen die „drei Löwen" früher halt ohne Kabinenansprache auf den Platz und regelten taktische Angelegenheiten mal eben untereinander. Doch diese Zeiten sind längst vorbei und ihr Geschwätz von gestern, interessiert die FA selber nicht mehr. Denn mehr denn je, so scheint es, lechzt sie nun nach einem starken Nationaltrainer, der, im besten Falle, britischer Staatsbürger ist. Und da die Nationalität ein wichtiges, wenn nicht das wichtigste Kriterium bei dieser Stellenausschreibung ist, blickt nun ganz England auf Harry Redknapp. Schließlich ist „Harry Houdini" Engländer; durch und durch sogar. Was sollte also gegen ihn als neuen Nationaltrainer sprechen? Von allen möglichen, englischen Kandidaten, kann man ihn getrost als den besten bezeichnen. Darüber hinaus könnte er, verglichen mit dem desaströsen Auftritt der Engländer bei der Weltmeisterschaft in Südafrika, den Job auch nicht viel schlechter machen als der Ausländer Capello. Deshalb sollte man Redknapp die Chance geben zu beweisen, dass die anhaltende Erfolglosigkeit der englischen Fussball-Nationalmannschaft nicht durch die Neubesetzung einer einzigen Position beendet werden kann. Die Gründe dafür liegen tief und sind vielschichtig. Sie entziehen sich sogar gänzlich der Macht eines Nationaltrainers. In England sollte man deshalb nicht von Harry Redknapp als „Heilsbringer" des englischen Fussballs sprechen. Kurzfristige Erfolge würden sicherlich auch mit ihm und durch ihn möglich sein, doch strukturelle Umwälzungen bedürfen mehr als zwei Hände. Vor allem bedürfen sie Zeit. Ein leuchtendes Beispiel für eine Neuausrichtung des englischen Fussballs könnte dabei der heutige Gegner sein. Die Niederlande haben ihrem Fussball vor zehn Jahren, angeleitet vom früheren Bondscoach Louis van Gaal, eine Struktur gegeben, die bemerkenswert ist und viele Früchte trägt. Sie sollte die Blaupause für eine neue englische Fussballphilosophie sein; von den Anfängen im Kindesalter bis hin zum Profigeschäft.
Zweiter Teil
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