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02.07.2012 um 18:41 Uhr
Bereit machen zur Machtübergabe
Mit Matthias Sammer hat der FC Bayern aus fachlicher Sicht die deutsche Maximallösung als Sportdirektor verpflichtet – mit allem, was dazugehört.

Irgendwie war es zu erwarten, dass der FC Bayern die Rolle als EM-bedingter medialer Nebendarsteller nicht mehr lange behalten würde und nur kurze Zeit nach dem, für deutsche Fans leider nicht erhofft dramatischen Finale, wieder im Rampenlicht der nationalen Sport-Berichterstattung stehen würde.

Wie dieser Schritt am heutigen Vormittag dann letztendlich vollzogen wurde, war jedoch selbst für Bayern-Verhältnisse erstaunlich. Anstatt durch ein weiteres Gerücht um einen hochveranlagten Spieler in die Schlagzeilen zu kommen, wurde der Verein an anderer Stelle aktiv und verpflichtete mit Matthias Sammer einen neuen Sportdirektor.

Vom ersten Gerücht, lanciert von den Springer-Blättern, bis hin zur offiziellen Bestätigung durch Verein und Verband verging gerade mal eine Stunde. Beim von Reportern geradezu belagerten FC Bayern ist das eine unerhört kurze Zeitspanne. Bei einem genaueren Blick auf die Pressemitteilung der Bayern zeigt sich dann in seiner vollen Bandbreite, wie gut die Geheimhaltungsmaschinerie des Vereins diesmal zu funktionieren schien: Dort heißt es nämlich ausdrücklich, dass das Ende der Zusammenarbeit mit Nerlinger schon kurze Zeit nach Saisonende, also vor etwa sechs Wochen, besiegelt wurde und damals schon die Suche nach einem fachlich und menschlich passenden Ersatz begonnen hatte.

Nerlinger: Welchen Weg wollte er gehen?

An erster Stelle steht natürlich die Frage, warum die Zusammenarbeit mit Nerlinger augenscheinlich so abrupt endete, obwohl der 39-Jährige seinen Vertrag erst Ende des vergangenen Jahres um zwei Jahre verlängerte und damit eigentlich der Eindruck entstand, dass eine gewisse Zufriedenheit mit Nerlinger existierte und Kontinuität auf der Position des Sportdirektors erreicht werden sollte. Das hat sich nun natürlich, zumindest mit der Person Christian Nerlinger als Sportdirektor, zerschlagen.

Woran lag es also? Diesbezüglich gibt es nur Vermutungen, aus der offiziellen Aussage der Bayern kann sich schließlich kaum ein Reim gemacht werden. Wenn man sich vorzeitig trennt, sind schließlich so gut wie immer unterschiedliche Auffassungen über die weiteren Schritte des Vereins einer der Hauptgründe.

Meine Interpretation, vollkommen ohne dafür irgendwelche Anhaltspunkte zu haben: Nerlinger gelang es nicht, sich von den extrem charakterstarken und zuweilen störrischen Vereins-Granden zu emanzipieren und sich selbst als selbstbewusster und entscheidungsstarker Baustein des Bayern-Managements zu positionieren. Daran trägt natürlich auch er eine gewisse Mitschuld – zu glatt und bisweilen etwas stümperhaft wirkte seine Außendarstellung zuweilen, die entscheidenden und für den Verein richtungsweisenden Aussagen kamen weiterhin von quasi-Manager Hoeneß und Vorstandschef Rummenigge.

Andererseits kann man ihm dafür kaum einen Vorwurf machen: Mit Ende dreißig fehlten ihm einfach noch einige Jahre selbständiger Erfahrung, die er an anderer Stelle hätte sammeln müssen, um sich ein Profil abseits der mächtigen Vereinsbosse zu erschaffen. Für Nerlinger kam eine Tätigkeit wie die des Sportchefs des größten deutschen Fußballvereins einfach einige Jahre zu früh. Das dürften Hoeneß und Co., mit ein paar Jahren Verspätung, nun auch endlich erkannt haben.

Sammer: Ein ganz anderes Kaliber

Matthias Sammer ist in dieser Hinsicht ein ganz anderes Kaliber. Der 44-Jährige hat für sein vergleichsweise junges Alter schon eine erstaunliche Vita vorzuweisen und arbeitete vor allem beim DFB weitgehend selbständig und gerne auch mal in Konkurrenz zu den anderen Protagonisten des Verbands. Dass er zudem ein Charakter ist, der sich nicht zu schade ist, anzuecken oder unangenehme Entscheidungen zu treffen, hat der Wahl-Münchner in den vergangenen Jahren auch zur Genüge bewiesen.

In diesen Punkten hat er also schon einen großen Vorteil gegenüber dem eher blassen Nerlinger. Zudem ist Sammers Kompetenz unbestritten: Er dürfte die deutsche Maximallösung für den Sportdirektor-Posten bei den Bayern sein, seine kombinierten Fähigkeiten im sportlichen und administrativen Bereich dürfte nur von wenigen Managern in Deutschland in ähnlicher Weise erreicht werden.

Weichenstellung zur Machtübergabe

Klar ist dadurch aber auch, dass ein Mann wie Matthias Sammer sicherlich nicht mehr als verlängerter Arm von Hoeneß und Co. fungieren will. Der FC Bayern ist sich sicherlich darüber im Klaren, dass seine Verpflichtung zwangsweise bedeutet, dass Sammer weitgehende Befugnisse auf der sportlichen Ebene übertragen werden müssen. Andernfalls hätte er kaum seinen Posten beim DFB geräumt.

Dass im Verein diese Erkenntnis da war, zeigt allein die Tatsache, dass Sammer sofort in den Vorstand aufrückt und damit rein nominell schon zu seinem "Amtsantritt" deutlich mächtiger ist, als Nerlinger es je war. Sammer ist damit ein quasi gleichberechtigter Partner der Vereins-Granden, was ihm eine deutliche bessere Position bei etwaigen Meinungsverschiedenheiten verschaffen dürfte.

Gleichzeitig bedeutet diese Ernennung auch, dass sich der FC Bayern mit dem 44-Jährigen nicht unbedingt einen Mann geholt hat, der sofort für Veränderungen sorgen soll, sondern – ganz im Gegenteil – die Zukunft des Vereins mitgestalten soll. Allein sein sofortiges Aufrücken in den Vorstand zeigt, dass das "Projekt Sammer" ein langfristig angelegtes ist. Hinzu kommt die Tatsache, dass durch den späten Termin seiner Verpflichtung ein bedeutendes Wirken Sammers schon in dieser Transferperiode höchst unwahrscheinlich ist.

Der erste Mosaikstein eines neuen FC Bayern

Die großen, strukturellen Änderungen, die in der Ära Sammer wahrscheinlich kommen dürften, werden wohl erst im Laufe dieses und des kommenden Jahres eingeläutet werden. Ähnlich wird es sich mit den Transfer-Aktivitäten verhalten. Was Sammer in der nächsten Zeit tut, wird über Jahre hinweg nachhaltigen Einfluss auf das Gesicht und das Auftreten des Vereins haben.

Sammer ist damit der erste Mosaikstein eines FC Bayern München nach der Ära der aktuellen Strippenzieher. Dass ausgerechnet er – und keiner der hochgehandelten Alt-Bayern – in diese einflussreiche Position aufrückt, hat kaum jemand erwartet. Es wird interessant sein zu sehen, wie der ehemalige Weltklasse-Fußballer die Zukunft des größten deutschen Fußball-Vereins mitgestalten wird.
Aufrufe: 7490 | Kommentare: 2 | Bewertungen: 9 | Erstellt:02.07.2012
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KOMMENTARE
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Stadtneurotiker
03.07.2012 | 19:06 Uhr
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03.07.2012 | 19:06 Uhr
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Auch wenn sich viele an Matthias Sammer reiben, halte ich die die Demission Nerlingers für die richtige Entscheidung. Der FC Bayern braucht eine starke Persönlichkeit mit klaren Vorstellungen, der man zutraut, vor allem Uli Hoeneß die Stirn zu bieten. Christian Nerlinger konnte den Makel, nur ein Vasall von Hoeneß' Gnaden zu sein, in seiner dreijährigen Amtszeit als Sportdirektor nie ablegen.

Matthias Sammer bringt alles mit, was man in einem großen Verein für diese Position braucht: er hat Erfahrung als Trainer und hat als Manager konzeptionell gearbeitet. Gepaart mit seiner Vergangenheit als Weltklassespieler sind das sehr gute Voraussetzungen.

Daß Sammer kein Mitglied der großen FC Bayern-Familie war, ist beruhigend (daß sein Sohn in der FCB-Jugend spielt, ist dabei zu vernachlässigen). Dem Verein hat zu lange der Blick von außen gefehlt.

Sammer kann der große Wurf sein, der dem Verein gefehlt hat. Mit der beogonnenen Neuorientierung im Jugendbereich sehe ich, was die Weiterentwicklung des FC Bayern betrifft, wieder etwas gelassener in Zukunft.

Wenn, ja, wenn nicht nach der jetzt beginnenden Saison das Triple von ihm erwartet wird...
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Chief_Wiggum
04.07.2012 | 08:11 Uhr
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04.07.2012 | 08:11 Uhr
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Sammer ist eine der ganz wenigen Personen im deutschen Fußball dem ich es zutraue die Position des Bayern Managers bzw. "Sport Vorstands" mit einem ähnlichen Format zu füllen wie Uli Hoeness das jahrelang getan hat. Nerlinger mag ein prima Kerl sein, aber die Position war dann wohl doch eine Nummer zu groß. Das warum und wieso wird wohl immer Spekulation bleiben, aber ich tippe drauf das der geplatze Reus Wechsel ein gutes Stück mit Nerlingers Entlassung zu tun hat. Gegen Dortmund die Meisterschaft zu verlieren ist eine Sache, aber das den Bayern ein Wunschspieler nicht von Madrid oder Machester sondern von einem deutschen Verein vor der Nase weg geschnappt wird ist seit ewigen Zeiten nicht mehr passiert. Da ist dem Uli wahrscheinlich der Dampf aus den Ohren geschossen....
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