20.02.2012 um 12:23 Uhr
Alte Dame, alter Herr
Das Europaparlament hat 2012 unlängst zum „Europäischen Jahr des aktiven Alterns" ausgerufen. Damit will Straßburg der demographischen Entwicklung in vielen EU-Ländern aktiv begegnen und über 60-Jährige dazu ermutigen nicht in Ruhestand zu gehen, sondern, so lange wie möglich, fleißig weiterzuarbeiten. Eine Kampagne, die die Solidarität zwischen den Generationen stärken soll. Vor diesem Hintergrund ist es nur recht und billig ('billig', im Sinne von 'günstig', könnte dabei sogar ein entscheidendes Stichwort sein), dass Hertha BSC Berlin gestern einen 73-Jährigen als neuen Übungsleiter der Lizenzspieler-Abteilung vorstellte. Schließlich kann das Plündern wertvoller Erfahrungsschätze auch einem Fussballverein Wohlstand verleihen; oder ihn, so überschaubar er auch sein mag, zumindest sichern. Und Wohlstand gibt’s in Deutschland nur in Liga 1. Womit das Ziel des Projektes Hertha / Rehhagel schon formuliert wäre: Klassenerhalt. What else? Und seinen Thron wird König Otto am Saisonende wieder räumen, ob dieses Ziel nun erreicht werden wird oder nicht.
Nicht nur diejenigen, die sich vom Slogan des „aktiven Alterns" angesprochen fühlen, werden sich durch das Rehhagelsche Bundesliga-Comeback an die Dortmunder Lattek-Reaktivierung anno 2000 erinnert fühlen. Damals hatte das Europaparlament das Kalenderjahr ausnahmsweise unter kein besonderes Motto gestellt. Erfolg bescherte „Trainer-Guru" Lattek der Borussia, in den letzten fünf Spielen der damaligen Saison, trotzdem. Mit Matthias Sammer und Uwe Neuhaus an seiner Seite holte er „die Kelle raus" und wahrte Dortmunds Platz im Oberhaus. Ob sich Michael Preetz bei seiner Entscheidung für Otto Rehhagel bewusst an diesem Beispiel orientierte, ist bislang nicht bekannt. Die Ähnlichkeiten beider Kurzzeit-Projekte sind jedoch frappierend. Und beiden wohnt ein großes Stück Fussball-Romatik inne. Da erhalten Schlachtgesänge gar einen sentimentalen Unterton und man erinnert sich mit heißem Herz an die alten Traineridole vergangener Jahrzehnte, deren Bühne oft noch eine rotbraune Aschenbahn war. Mit dem Geist in Ballonseide gewickelt kann man sich Michael Rensing nur anschließen, wenn er über Rehhagels Rückkehr sagt: „Ich find's cool! Ehrlich." In der tat, es ist cool. Und wenn König Otto die Hertha vor dem Abstieg rettet, sollten sie Michael Preetz einen „Fuxx" verleihen; für die klügste Trainerentscheidung, die ein Manager, mit dem Rücken an der Wand, hätte treffen können.
Doch leider ist jetzt eben jetzt und die Sat1 Fussballgala „Fuxx" gibt es schon lange nicht mehr. Auch die meisten Aschenbahnen sind gewichen. Wobei man fairerweise sagen muss, dass man ausgerechnet in Berlin noch ein Exemplar dieser Relikte alter Bundesliga-Tage bestaunen und, als Trainer, auf ihr herum hampeln darf. Aber rotbraun ist selbst diese Aschenbahn nicht mehr. Es stellt sich also die Frage, ob der Name Rehhagel, der allerorten nach wie vor für Erfolge und, im besten Sinne, für die „alte Schule" des Fussballs steht, in der Praxis noch das halten kann, was er verspricht. Die Antwort wird er selbst liefern. Dabei hält sich das Risiko, das Rehhagel mit der Hertha eingeht in Grenzen. Andersrum sieht es da schon ganz anders aus. Wenn die alte Dame beim Tanz mit König Otto stürzen und erst in der zweiten Liga wieder zu sich kommen sollte, wird sie sich möglicherweise Verletzungen zuziehen, die nicht mehr so leicht heilen werden wie jene, von vor zwei Jahren, denen sich „Zivi" Markus Babbel annahm. So gesehen ist das Projekt Hertha / Rehhagel weit mehr als ein Exkurs in Fussball-Geschichte. Es ist die letzte Patrone, die die Hertha in ihrem Revolver hat. Eine Ladehemmung könnte bereits tödlich sein.
Des Weiteren bleibt abzuwarten, welche Nachfolgelösung Michael Preetz für die Zeit nach Otto Rehhagel finden wird. Vielleicht sollte er sich auch in dieser Hinsicht an Borussia Dortmund orientieren. Nachdem Udo Lattek einst aus dem schwarz-gelben Rettungsboot gestiegen war, übernahmen Sammer und Neuhaus das Ruder. 2002 wurden sie dann Meister mit der Borussia. Könnte Hertha BSC Berlin mit Rene Tretschock und Ante Covic das Gleiche gelingen? Eine Stabübergabe an Tretschock und Covic würde jedenfalls die Solidarität zwischen den Generationen stärken. Bis Michael Preetz diesbezüglich die Katze aus dem Sack lassen wird, haben wir jedoch das unverhoffte Vergnügen Otto Rehhagel wieder auf der großen Bühne Bundesliga bestaunen zu dürfen. Und Otto, find ich gut...
Nicht nur diejenigen, die sich vom Slogan des „aktiven Alterns" angesprochen fühlen, werden sich durch das Rehhagelsche Bundesliga-Comeback an die Dortmunder Lattek-Reaktivierung anno 2000 erinnert fühlen. Damals hatte das Europaparlament das Kalenderjahr ausnahmsweise unter kein besonderes Motto gestellt. Erfolg bescherte „Trainer-Guru" Lattek der Borussia, in den letzten fünf Spielen der damaligen Saison, trotzdem. Mit Matthias Sammer und Uwe Neuhaus an seiner Seite holte er „die Kelle raus" und wahrte Dortmunds Platz im Oberhaus. Ob sich Michael Preetz bei seiner Entscheidung für Otto Rehhagel bewusst an diesem Beispiel orientierte, ist bislang nicht bekannt. Die Ähnlichkeiten beider Kurzzeit-Projekte sind jedoch frappierend. Und beiden wohnt ein großes Stück Fussball-Romatik inne. Da erhalten Schlachtgesänge gar einen sentimentalen Unterton und man erinnert sich mit heißem Herz an die alten Traineridole vergangener Jahrzehnte, deren Bühne oft noch eine rotbraune Aschenbahn war. Mit dem Geist in Ballonseide gewickelt kann man sich Michael Rensing nur anschließen, wenn er über Rehhagels Rückkehr sagt: „Ich find's cool! Ehrlich." In der tat, es ist cool. Und wenn König Otto die Hertha vor dem Abstieg rettet, sollten sie Michael Preetz einen „Fuxx" verleihen; für die klügste Trainerentscheidung, die ein Manager, mit dem Rücken an der Wand, hätte treffen können.
Doch leider ist jetzt eben jetzt und die Sat1 Fussballgala „Fuxx" gibt es schon lange nicht mehr. Auch die meisten Aschenbahnen sind gewichen. Wobei man fairerweise sagen muss, dass man ausgerechnet in Berlin noch ein Exemplar dieser Relikte alter Bundesliga-Tage bestaunen und, als Trainer, auf ihr herum hampeln darf. Aber rotbraun ist selbst diese Aschenbahn nicht mehr. Es stellt sich also die Frage, ob der Name Rehhagel, der allerorten nach wie vor für Erfolge und, im besten Sinne, für die „alte Schule" des Fussballs steht, in der Praxis noch das halten kann, was er verspricht. Die Antwort wird er selbst liefern. Dabei hält sich das Risiko, das Rehhagel mit der Hertha eingeht in Grenzen. Andersrum sieht es da schon ganz anders aus. Wenn die alte Dame beim Tanz mit König Otto stürzen und erst in der zweiten Liga wieder zu sich kommen sollte, wird sie sich möglicherweise Verletzungen zuziehen, die nicht mehr so leicht heilen werden wie jene, von vor zwei Jahren, denen sich „Zivi" Markus Babbel annahm. So gesehen ist das Projekt Hertha / Rehhagel weit mehr als ein Exkurs in Fussball-Geschichte. Es ist die letzte Patrone, die die Hertha in ihrem Revolver hat. Eine Ladehemmung könnte bereits tödlich sein.
Des Weiteren bleibt abzuwarten, welche Nachfolgelösung Michael Preetz für die Zeit nach Otto Rehhagel finden wird. Vielleicht sollte er sich auch in dieser Hinsicht an Borussia Dortmund orientieren. Nachdem Udo Lattek einst aus dem schwarz-gelben Rettungsboot gestiegen war, übernahmen Sammer und Neuhaus das Ruder. 2002 wurden sie dann Meister mit der Borussia. Könnte Hertha BSC Berlin mit Rene Tretschock und Ante Covic das Gleiche gelingen? Eine Stabübergabe an Tretschock und Covic würde jedenfalls die Solidarität zwischen den Generationen stärken. Bis Michael Preetz diesbezüglich die Katze aus dem Sack lassen wird, haben wir jedoch das unverhoffte Vergnügen Otto Rehhagel wieder auf der großen Bühne Bundesliga bestaunen zu dürfen. Und Otto, find ich gut...
Aufrufe: 3183 | Kommentare: 4 | Bewertungen: 3 | Erstellt:20.02.2012
ø 10.0
KOMMENTARE
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21.02.2012 | 14:05 Uhr
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Josh9 :
sehr gut geschriebenno risk no fun.
Welcher Trainer hätte denn kein Risiko dargestellt?
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21.02.2012 | 15:25 Uhr
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Danke für das Lob! Sicherlich hätte jeder neue Hertha-Trainer irgendwo ein Risiko dargestellt. So is nun mal das Fussball-Geschäft... Nur geht die Hertha mit Otto Rehhagel natürlich ein besonderes Risiko ein, weil seine Anstellung Michael Preetz, im Falle des Misserfolges, besonders angreifbar machen wird; da Rehhagel ja eine Lösung darstellt, die niemand ernsthaft auf dem Zettel hatte.
Und wenn es mit Rehhagel nicht sofort laufen wird, wird man Preetz bestimmt auch die berühmte "Konzeptlosigkeit" vorwerfen. Die Stellenbeschreibung, die vor ca. 2 Jahren ausgeschrieben wurde - auf die dann Markus Babbel eingestellt wurde - scheint Preetz ja, sowohl bei Skibbe als auch bei Rehhagel, in der Schublade gelassen zu haben. Is zumindest mein Eindruck... (wobei man auch nicht an jeder Ecke einen Meistertrainer finden kann, is klar)
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21.02.2012 | 15:37 Uhr
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Und ich gehe mit dir D'accord, dass Otto sich am Erfolg dieses Himmelfahrtskommandos / Rettungsmission messen lassen muss. Der Schaden für Hertha wäre verheerend. Ein weiteres Jahr 2.Liga würde man finanziell nicht gesund überstehen.
Aber man sollte den Kopf nicht in den Sand stecken, denn Otto zeigt ihnen das Licht am Ende des Tunnels weil er weiß wie der Hase läuft und er ist noch lange nicht mit seinem Latein am Ende. Die Schwarzmalerei bringt doch auch nichts außer verunsicherte Spieler.
Hab mal kurz 30€ ins Phrasenschwein geschmissen.