"Zwei, drei Jahre kann ich mir noch vorstellen"

Florian RegelmannFrank Oschwald
14. September 201714:50
Franck Ribery spielt seit 2007 beim FC Bayern Münchengetty/spox
Werbung
Werbung

Am 14. September 2007 wurde SPOX geboren. Die Cover-Story damals? Ein Exklusiv-Interview mit dem neuen Bayern-Star Franck Ribery. Jetzt feiern sowohl SPOX als auch Ribery ihren zehnten Geburtstag in München. Zeit, um sich zu verabreden und zehn Jahre bei den Bayern Revue passieren zu lassen. SPOX traf Ribery an der Säbener Straße zum Jubiläums-Interview.

SPOX: Herr Ribery, wie waren Ihre ersten Eindrücke von der Stadt? Von den Menschen? Sie haben damals in unserem Interview gesagt, dass Sie die französischen Musiksender vermissen.

Franck Ribery: (lacht) Ja, das stimmt, das Fernsehen und Radio hier ist natürlich auch nicht gleich wie in Frankreich. Natürlich musste ich mich erst einmal an alles gewöhnen. Es war eine völlig andere Kultur und Mentalität für mich. Dazu kam die schwierige deutsche Sprache. Die Menschen waren alle sehr freundlich und jeder hat mir geholfen, aber wenn du nicht viele Worte sagen kannst, ist es schwierig. Es war mir wichtig, dass ich Deutsch lerne. Es hat zwar etwas gedauert, aber jetzt bin ich froh, die Interviews eigentlich ohne Probleme auf Deutsch machen zu können. Ansonsten habe ich mich damals aber schnell eingelebt, zumal es mir sehr leicht gemacht wurde und München alles bietet, was man braucht. Zum Beispiel beim Essen. Wenn ich will, kann ich hier auch französisch oder arabisch essen gehen. Trotzdem ist es ein bisschen schade, dass ich als Moslem keine Weißwurst essen kann. Das schaffe ich nicht. (lacht)

SPOX: Sie sind dann gleich im ersten Jahr Fußballer des Jahres geworden. Wie wichtig war es, gleich so ein gutes erstes Jahr zu haben, um zu zeigen, dass Sie eine große Rolle in so einem großen Verein spielen können?

Ribery: Das war extrem wichtig für mich. Ich hatte damals schon das Selbstbewusstsein und wusste genau, was ich kann. Aber dennoch hat es mir natürlich gutgetan, dass ich einen guten Start erwischt habe. Ich weiß noch, wie ich am 2. Spieltag in Bremen mein erstes Tor geschossen habe.

SPOX: Ein etwas frecher Elfmeter.

Ribery: (lacht) Ja, ich habe ihn schön reingelupft. Ich hatte sofort richtig Spaß und ein gutes Gefühl. Alle waren zufrieden und ich habe von Anfang an eine besondere Beziehung zu den Fans aufgebaut. Das war mir sehr wichtig.

Franck Ribery spielt seit 2007 beim FC Bayern Münchengetty/spox

SPOX: Dennoch wären Sie 2010 beinahe weg gewesen. Uli Hoeneß hat gesagt, dass Ihr eigentlicher Plan war, nur zwei bis drei Jahre in München zu bleiben. Aber dann standen Sie nach dem verlorenen CL-Finale gegen Inter, das sie gesperrt verpassten, bei der Doublefeier auf dem Marienplatz und sagten den Fans: 'Isch habe gemacht fünf Jahre mehr.' Warum haben Sie Ihren Plan für die Bayern geändert?

Ribery: Puh, das war wirklich eine schwierige Situation für mich damals. Plötzlich wollten mich alle großen Klubs holen. Real Madrid, Barcelona, Inter Mailand, AC Mailand, Chelsea, ManCity - es waren bestimmt zehn große Klubs, die mir Angebote gemacht haben. Ich erinnere mich noch gut, dass ich einfach nicht wusste, was ich jetzt machen soll. Ich habe lange überlegt, viele Gespräche mit Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge geführt und dann meinen Bauch entscheiden lassen. Ich habe mich so wohlgefühlt hier und wollte das nicht aufgeben.

SPOX: Wie haben Hoeneß und Rummenigge versucht, Sie zum Bleiben zu überreden?

Ribery: Sie haben mir einfach erklärt, dass München mein Zuhause ist. Und dass ich auch an meine Familie denken soll. Stadt, Mannschaft, Fans - ich hatte in München alles, was ich brauche. Ich hatte meine Bayern-Familie. Wer weiß, ob ich die gleiche Karriere gemacht hätte, wenn ich damals gewechselt wäre. Ich bin geblieben und habe mit Bayern viele Titel gewonnen. Ich bin in der Rückschau sehr glücklich, dass ich mich so entschieden habe.

SPOX: Uli Hoeneß hat sich zu einer Art zweitem Vater für Sie entwickelt. Was macht Ihre Beziehung so besonders?

Ribery: Uli kennt mich sehr gut. Er weiß, wie ich ticke. Er weiß, dass ich den Klub liebe und immer alles für Bayern gebe. Es ist für mich einfach etwas Besonderes, wenn ich mich mit Uli auf einen Espresso treffen kann und wir uns unterhalten. Dabei geht es gar nicht immer um Fußball, wir reden auch viel über ganz normale Dinge, das bedeutet mir viel.

SPOX: Es gab in den zehn Jahren natürlich auch bittere Momente, allen voran das verlorene Finale dahoam, in dem Sie beim Elfmeterschießen nicht mehr auf dem Platz standen.

Ribery: Das war so hart. Für die Mannschaft, die Fans, den ganzen Klub. Ich darf gar nicht daran denken. Es hat sich wie ein ganz furchtbarer Schlag auf den Kopf angefühlt. Auf der anderen Seite hat es uns den Hunger gegeben, um 2013 das Triple zu gewinnen.

SPOX: 2013 war für Sie eine Art Höhepunkt, auch persönlich mit der Wahl zu Europas Fußballer des Jahres.

Ribery: Es war ohne Zweifel die beste Saison meiner Karriere, ich war einfach in einer überragenden Form. Wir haben alles gewonnen und dann werde ich auch noch Europas Fußballer des Jahres, das war Wahnsinn. Das hätte ich mir nie erträumen lassen, als ich als kleiner Junge angefangen habe, Fußball zu spielen. Unglaublich. Ich habe viele schöne Momente in all den Jahren erlebt, aber dieser sticht sicher heraus.

SPOX: Inzwischen haben Sie bei den Bayern Legendenstatus erreicht und stehen nach Ansicht vieler auf einer Stufe mit Lothar Matthäus, Oliver Kahn, Bastian Schweinsteiger oder Philipp Lahm. Bayern ist auf gewisse Weise Ribery. Und Ribery ist Bayern. Was bedeutet Ihnen diese besondere Verbindung?

Ribery: Es macht mich sehr stolz. Ich bin jetzt in meinem elften Jahr und weiß sehr gut, was dieser Klub alles für mich gemacht hat. Ich weiß aber auch, dass jeder hier weiß, was ich dem FC Bayern gegeben habe. Nicht nur auf dem Platz. Ich lebe für den FC Bayern. Er ist eine Familie für mich und der Grund, warum ich mich hier so wohl fühle.

SPOX: Jetzt sind es nur noch wenige Spiele, dann überholen Sie auch Ihren Sportdirektor Hasan Salihamidzic als Legionär mit den meisten Einsätzen (234).

Ribery: (lacht) Brazzo kann es jetzt nicht mehr verhindern. Er kann mich nicht mehr verkaufen, das Transferfenster ist geschlossen.

SPOX: Da ist er wieder, Franck Ribery, der Spaßvogel.

Ribery: Ich nehme es mir nicht vor, irgendwelche Späße zu machen. Das kommt alles spontan. Ich bin ein Mensch, der einfach immer für eine gute Atmosphäre sorgen will. In der Kabine, aber auch bei der Behandlung bei den Physios oder beim Koch, überall im Verein. Eine schöne Atmosphäre ist in jedem Bereich wichtig.

SPOX: Sie haben noch ein Jahr Vertrag. Wie lange sehen wir Sie denn noch als Fußballer? Luca Toni glaubt, dass Sie noch einige Jahre spielen werden.

Ribery: Ich kann es nicht genau sagen. Mein Körper wird entscheiden, wie lange es noch geht. Aber im Moment fühle ich mich richtig gut, sodass ich mir gut vorstellen kann, noch zwei oder drei Jahre zu spielen. Am Anfang meiner Karriere war ich noch etwas schlampig und habe mich teilweise gar nicht aufgewärmt, da waren die Physios etwas sauer auf mich. (lacht) In meinem Alter geht das jetzt aber gar nicht mehr. Ich habe auch gemerkt, wie gut es mir tut, wenn ich eine Vorbereitung komplett mitmachen kann.

SPOX: Sie sind damals für 25 Millionen Euro von Marseille nach München gekommen. Im Vergleich zu den 222 Millionen von Neymar wirkt das wie Taschengeld. Was ist Ihre Meinung zu den surrealen Summen, die den Fußball derzeit beherrschen?

Ribery: 25 Millionen waren damals viel Geld, aber jetzt? Das Fußballgeschäft hat sich komplett verändert. Ich finde, wir sollten uns wieder mehr auf das Wesentliche konzentrieren und den Spaß auf dem Platz in den Vordergrund stellen. Ich wusste damals ja auch, dass Bayern viel Geld für mich bezahlt hat, aber wenn ich auf den Platz gehe, interessiert mich doch das Geld nicht. Dann will ich einfach Spaß und möglichst oft den Ball haben. Und gewinnen natürlich.

SPOX: "Aus Liebe zum Ball" war damals unser Titel für das Interview. Daran hat sich absolut nichts geändert, oder?

Ribery: Meine Mentalität ist mit 34 noch genau die gleiche wie mit 24. Ich liebe es immer noch, den Ball zu haben. Wenn ich auf den Platz gehe, will ich Spaß haben, gut spielen und dann mit dem Gefühl des Sieges nach Hause zu meiner Familie gehen. Dann bin ich glücklich. Wenn ich schlecht spiele und wir verlieren, bin ich richtig sauer. Das wird auch immer so bleiben.

SPOX: Letzte Frage: Dann sehen wir uns also in zehn Jahren spätestens wieder?

Ribery: Gerne. Vielleicht bin ich dann bei Uli im Büro. (lacht)