Situationen der Trainer der PL-Top-6-Klubs, Teil 2: Schwankungen von einem anderen Stern

Nino Duit
25. Januar 201813:13
Jürgen Klopp kämpft mit dem FC Liverpool um das Erreichen der Champions-League-Plätze.getty
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Die sportliche Lage? Die aktuellen Themen? Die Zukunftspläne? Anlässlich der Spielpause in der Premier League beleuchtet SPOX die Situationen der Trainer der Top-6-Klubs. Teil 2 mit Pep Guardiola, Mauricio Pochettino und Jürgen Klopp. (Teil 1 mit Jose Mourinho, Antonio Conte und Arsene Wenger)

Pep Guardiola von Manchester City

Und jetzt sollen also auch noch Mittelfeldspieler Fred aus Donezk und Verteidiger Aymeric Laporte aus Bilbao kommen. Für zusammen rund 125 Millionen Euro, wodurch sich Manchester Citys Transferausgaben in dieser Saison auf 370 Millionen Euro summieren würden. Schon seit Jahren gibt der Klub mehr Geld aus als alle Premier-League-Konkurrenten. Seit Guardiola aber im Amt ist, tut er das auch mit einem klaren Konzept.

Nach einem Jahr des Kader-Kennenlernens sowie der taktischen und menschlichen Anpassungen holte Guardiola im Sommer für 138,5 Millionen Euro drei neue Außenverteidiger und mit Ederson einen mitspielenden Tormann. Er behob die großen Kaderschwachstellen und City begann zu siegen. Und machte mit dem Siegen einfach immer weiter und weiter. Der Vorsprung in der Premier League beträgt mittlerweile zwölf Punkte und in allen Pokalen ist City auch noch vertreten. 32 Siege in wettbewerbsübergreifend 36 Spielen.

Waren es am Anfang der Saison aber noch vornehmlich Schützenfeste, wurden es zuletzt zunehmend enger. Dabei offenbarte sich jedoch einerseits die beeindruckende Mentalität der Mannschaft, die etliche Spiele spät drehte. Und andererseits auch die exquisite Tiefe des Kaders, kein Premier-League-Verein ist qualitativ so breit aufgestellt wie City.

Verletzungen fängt City dadurch leicht auf. Mit Benjamin Mendy und Gabriel Jesus fehlen aktuell zwei potenzielle Stammspieler langfristig, die Leistungsstärke der Mannschaft beeinflusst das nicht spürbar. Guardiola schafft es so gut wie immer, aus dem vorhandenen Spielermaterial die richtige Aufstellung zu komponieren. Zumeist in einer Mischung aus 4-3-3 und 4-1-4-1.

"Er findet immer Lösungen, für jeden Gegner und jede einzelne Situation, und achtet sehr auf die Details", lobte Ilkay Gündogan im November im SPOX-Interview. Die Spieler sind begeistert von ihrem Trainer, sie genießen die Arbeit mit ihm. Im Laufe dieser Saison verlängerten mit Kevin De Bruyne, David Silva und Fernandinho die drei wichtigsten Mittelfeldspieler ihre Verträge. Sie alle begründeten ihre Entscheidungen auch mit der Arbeit und dem Fußball Guardiolas.

Bis 2019 steht er bei City noch unter Vertrag, der Klub bemüht sich offenbar bereits um eine vorzeitige Verlängerung für vier weitere Jahre. Trotz der Niederlage gegen Liverpool scheint City kaum aufhaltbar - weder jetzt, noch in näherer Zukunft. Zu stabil spielt die Mannschaft, zu groß sind die finanziellen Ressourcen des Klubs und zu groß ist vor allem Guardiolas Gabe, diese auch gewinnbringend einzusetzen.

Mauricio Pochettino von den Tottenham Hotspur

Anfang Oktober wurde Pep Guardiola gefragt, wer denn Manchester Citys größte Rivalen im Kampf um den Premier-League-Titel seien, und er sagte: "Chelsea, Manchester United und das Harry-Kane-Team." Mauricio Pochettino, Trainer des Harry-Kane-Teams, bezeichnete diese Aussage daraufhin als Respektlosigkeit gegenüber all seinen Spielern, die nicht Harry Kane heißen.

Statistisch gesehen ist jedoch keiner der Top-6-Klubs so abhängig von einem einzelnen Spieler wie Tottenham von Kane, erzielte er doch knapp 45 Prozent der Ligatore. "Ich möchte nicht immer dasselbe über ihn sagen, weil meine Frau sonst eifersüchtig wird und seine Frau auch - aber er ist unglaublich", erklärte Pochettino nach Kanes Doppelpack in der Champions League bei APOEL.

Ungeschlagen qualifizierte sich Tottenham in einer Gruppe mit Real Madrid und Borussia Dortmund für das Achtelfinale. Eine erstaunliche Leistung. Die nächste, nachdem es eigentlich schon erstaunlich genug war, dass Tottenham überhaupt mitspielen durfte.

Als Tabellenzweiter beendete Tottenham die vergangene Saison und das obwohl Pochettino einen anderen Weg geht als die Trainer der anderen Top-Klubs. Geht, oder wegen fehlender finanzieller Ressourcen gehen muss. Pochettino kauft seine Schlüsselspieler nicht teuer und auf der Höhe ihrer Schaffenskraft, sondern bringt sie selbst dorthin.

Mit Kyle Walker verließ im Sommer der erste dieser Riege den Verein, zum direkten Konkurrenten City. Dieser Abschied war womöglich erst der Vorbote von Tottenhams Dilemma. Pochettino kann Stars formen - bleiben aber Titel aus, wird es schwierig, diese auch zu halten. "Wir wollen anfangen, Titel zu gewinnen, das ist das Ziel. Und solange der Klub dieses Ziel verfolgt, bin ich glücklich hier", sagt Kane. Der letzte große Titel Tottenhams ist ein FA-Cup-Sieg von 1991.

Seit Wochen wird bereits über einen möglichen Abgang Kanes spekuliert, Real soll interessiert sein. Auch Pochettino wurde bereits mit einem Wechsel zu Real in Verdingung gebracht, doch er sagt: "Ich hoffe, ich bleibe zehn bis 15 Jahre bei Tottenham." Seinem Klub stehen schließlich spannende Jahre bevor: Im Sommer verlässt Tottenham die ungeliebte Ersatz-Heimat Wembley und zieht in sein neues Stadion ein.

Jürgen Klopp vom FC Liverpool

Acht Tage. Acht Tage lagen zwischen Liverpools Sieg gegen den bis dahin ungeschlagenen Tabellenführer Manchester City und der Niederlage gegen den Letzten Swansea City. Acht Tage, die nicht nur exemplarisch für Liverpools aktuelle Saison stehen, sondern für Jürgen Klopps gesamte Amtszeit.

Bei keinem Top-6-Klub der Premier League wechseln sich atemberaubende Vorstellungen in einer vergleichbaren Geschwindigkeit mit besorgniserregenden ab wie bei Liverpool. Lobte Klopp nach dem Sieg gegen City noch das "Pressing wie von einem anderen Stern", sagte er nach der Niederlage gegen Swansea: "Ich bin frustriert, ich bin wütend über die Vorstellung noch mehr als über das Ergebnis." Einstellung, Raumaufteilung, Chancenverwertung: An allem, was gegen City noch funktionierte, mangelte es in Swansea.

Im Laufe dieser Saison war das nicht die erste rätselhafte Leistungsschwankung innerhalb weniger Tage. Zu Saisonbeginn folgte etwa auf einen 4:0-Sieg gegen Arsenal eine 0:5-Niederlage bei City. Sie war gleichzeitig der Start von Klopps bisher größten Krise in Liverpool. Wettbewerbsübergreifend gewann Liverpool nur zwei von zehn Spielen. Der Tiefpunkt war ein 1:4 bei Tottenham, Klopp griff seine eigene Mannschaft an, vor allem die Defensive: "Das erste Tor wäre nicht gefallen, wenn ich auf dem Platz gestanden wäre."

Genau wie die Leistungsschwankungen beschäftigen Klopp auch fortwährend die Abwehrschwächen seiner Mannschaft, nach Arsenal stellt Liverpool die schlechteste Defensive der Top-6-Klubs. Zuletzt tauschte Klopp seinen Tormann, Loris Karius ersetzte Simon Mignolet, und auch auf dem Transfermarkt handelte der Klub: Für 84,5 Millionen Euro kam Innenverteidiger Virgil van Dijk, die Ablösesumme brachte Klopp wegen früher getätigter Aussagen aber in Erklärungsnot. "Das erste, was alle Liverpool-Fans schnell vergessen sollten, ist der Preis", sagte Klopp dazu nur.

Vergessen sollten die Liverpool-Fans auch Philippe Coutinho, der nach monatelangem Transferpoker zum FC Barcelona wechselte. Die Reaktion des verbliebenen Offensiv-Trios bestehend aus Mohamed Salah, Roberto Firmino und Sadio Mane auf dessen Abschied war beeindruckend: Beim Sieg gegen City trafen alle drei sehenswert und schienen mit ihrer Dynamik kaum aufhaltbar.

Wird der Platz aber eng, droht schnell Frustration. "Liverpool ist wie ein Formel-1-Auto", sagte Swansea-Trainer Carlos Carvahal, nachdem sein Team Liverpool besiegt hatte: "Aber ein Formel-1-Auto kann um 16 Uhr im Londoner Verkehr auch nichts anderes machen als die übrigen Autos."

Für einen ernsthaften Titelanwärter ist Klopps Liverpool zu inkonstant. Aber in großen Spielen schafft es der emotionale Klopp immer wieder, diesen emotionalen FC Liverpool dermaßen zu emotionalisieren, dass alles möglich erscheint. "Ich passe perfekt zu diesem Verein", sagte Klopp neulich. Dass sich daran bis zum seinem Vertragsende 2022 etwas ändert, erscheint kaum vorstellbar.