Nur selten standen die Bundesliga-Unparteiischen zuletzt im Mittelpunkt der Diskussionen. Doch sind ihre Darbietungen wirklich so überzeugend? Im Rahmen unseres faktenbasierten Schiri-Checks analysieren wir die Entscheidungen der Referees und geben einen Überblick über ihr Leistungsniveau.
Trotz einiger Aufreger: Die Saison 2013/14 verlief für die deutschen Bundesliga-Schiedsrichter absolut erfreulich. Mit Florian Meyer, Manuel Gräfe und Knut Kircher wussten drei etablierte Referees besonders zu überzeugen. Negativeindrücke, wie sie Guido Winkmann oder Tobias Stieler hinterließen, blieben die Ausnahme. WM-Schiedsrichter Dr. Felix Brych zeigte sich nach einer durchwachsenen Saison zuletzt deutlich formverbessert.
Positivtrend: Resümees von Schiedsrichter-Obmännern wirken oft beschönigend und realitätsfern. Doch nach dieser Saison darf DFB-Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel mit Fug und Recht zufrieden sein. Die Unparteiischen der Bundesliga warteten mit ordentlichen, in weiten Teilen guten Leistungen auf und gerieten nur selten in den Mittelpunkt der Diskussion. Allein die Handspiel-Debatte zu Beginn der Saison sorgte für länger anhaltende Aufregung. Dabei galt die Kritik jedoch weniger den Regelhütern als den Regelmachern, denen es bislang nicht gelungen ist, eine transparente und für jedermann nachvollziehbare Normierung umzusetzen.
Das positive Leistungsniveau schlägt sich auch statistisch nieder. Mit einer Durchschnittsnote von 2,91 fällt die Bilanz so gut wie noch nie zum Abschluss einer Bundesliga-Saison (seit Einführung des SPOX-Schiri-Checks) aus. Auch die Fehlerquote erreicht mit 0,73 einen Rekordtiefstwert. In der Saison 2012/2013 erlaubten sich die Referees noch 0,82 Patzer pro Begegnung.
Es ist also ein deutlicher Aufwärtstrend festzustellen, der allerdings nicht alleine mit der geringen Zahl an Fehlentscheidungen zu erklären ist. Die Unparteiischen überzeugten vor allen Dingen auch durch besonnene Spielleitung und unaufgeregte Körpersprache.
Ausreißer: Das erfreuliche Bild wurde jedoch von einigen wenigen Aussetzern getrübt. Ein besonders eklatanter ging dabei auf das Konto von Tobias Stieler, der am 34. Spieltag mit der Leitung der Partie zwischen Hertha und Dortmund betraut war. Stieler lag gleich bei drei Treffern der Borussen daneben. So hätte Lewandowskis Führungstor wegen dessen Abseitsstellung genauso die Anerkennung verweigert werden müssen wie Mkhitaryans Tor zum 0:4, bei dessen Zustandekommen Jojic Hertha-Keeper Kraft regelwidrig behindert hatte. Die Freistoßentscheidung, in dessen Folge das 0:3 fiel, war zudem ebenso falsch wie der Abseitspfiff, der Marco Reus eine Großchance nahm. Stielers auch sonst sehr schwache Darbietung wurde mit der SPOX-Note 6 bewertet.
Den schlechtesten Gesamteindruck über die Saison hinterließ indes der Kerkener Guido Winkmann, der vom DFB auch vergleichsweise selten eingesetzt wurde (10 Spiele). In der Rückrunde kam Winkmann lediglich auf vier Einsätze. Beim Heimspiel von Bayer Leverkusen gegen Eintracht Braunschweig am 28. Spieltag versäumte er es dabei, die rüden Foulspiele von Can und Spahic mit der an sich gebotenen Roten Karte zu ahnden und machte auch ansonsten keine gute Figur (SPOX-Note 4,5).
Mit einer Durchschnittsnote von 3,8 liegt Guido Winkmann auf dem letzten Platz in unserem Schiri-Update. Nur knapp vor ihm findet sich auf Platz 21 der Wangener Robert Hartmann wieder, der sogar eine noch höhere Fehlerquote von 1,4 vorweist.
Die überzeugenden Drei: An der Spitze des Gesamttableaus liegen mit Florian Meyer, Manuel Gräfe und Knut Kircher drei etablierte Referees, die gemeinhin als Vertreter der Top-Riege gelten.
Knut Kircher, Bestplatzierter der letzten beiden Jahre, präsentierte sich dabei abermals als die Konstanz in Person und lieferte reihenweise solide Partien ab. Fehlleistungen wie die am 26. Spieltag in der Partie zwischen Nürnberg und Frankfurt, als Kircher u.a. eine klare Tätlichkeit von Joselu übersah (Note 4,5), blieben in seinem Fall die absolute Ausnahme. Gleiches gilt für den konstant stark pfeifenden Manuel Gräfe. Die beiden groß gewachsenen Unparteiischen präsentierten sich dabei nicht nur wegen ihrer Physiognomie als Fels in der Brandung und vermochten durch abgeklärtes Auftreten jede Eskalation bereits im Keim zu ersticken.
Der Titel des besten Schiedsrichters der Saison 2013/14 geht jedoch an den Burgdorfer Florian Meyer, der nicht nur auf die beste Durchschnittsnote (2,4) kommt, sondern vor allem durch seinen kommunikativen Stil und entspanntes Spielmanagement zu überzeugen wusste. So leitete er die brisanten Duelle zwischen Bremen und Hamburg (23. Spieltag) sowie Dortmund und Schalke (27. Spieltag) mit größter Souveränität, ohne auch nur ansatzweise in Schwierigkeiten zu geraten (SPOX-Note jeweils 2,0).
Als Lohn für die starken Darbietungen durfte Meyer nach 2005 dieser Tage zum zweiten Mal in seiner Karriere das DFB-Pokalfinale leiten. Ein Privileg, das in den letzten 30 Jahren außer ihm nur dem heutigen Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel (2004 und 2006) zuteil geworden war. Im zweiten Pokalendspiel seiner Karriere machte Meyer zunächst eine gute Figur, erlaubte sich im Laufe der Partie jedoch einige schwerwiegende Fehler. Allen voran das nicht gegebene Hummels-Tor, bei dem er und sein Assistent gründlich daneben lagen.
Für die Zukunft ließe sich in solchen Fällen Abhilfe durch die Einführung der Torlinientechnologie schaffen. Die Vereine der 1. und 2. Bundesliga haben sich jedoch mehrheitlich dagegen entschieden. Borussia Dortmund und Bayern München indes haben dafür votiert.
Der WM-Schiri: Für Felix Brych, der die deutschen Schiedsrichter bei der anstehenden Weltmeisterschaft in Brasilien vertreten wird, verlief die zurückliegende Bundesliga-Saison eher durchwachsen.
Nach einer desaströsen Hinrunde mit dem Tiefpunkt des Phantomtor-Spiels von Sinsheim konnte er sich in der zweiten Saisonhälfte aber merklich steigern und fiel - die mäßige Leitung des Spiels zwischen Frankfurt und Hannover am 31. Spieltag ausgenommen - nicht weiter negativ auf. Im Gegenteil, Brych wirkte zuletzt deutlich gefestigt und überzeugte mit souveränen Leistungen.
In unserer Schiri-Tabelle bleibt für ihn gleichwohl nur ein enttäuschender 16. Platz. Doch seine klasse Spielleitung beim Europa-League-Finale lässt hoffen, dass er für die schwierigen WM-Aufgaben gerüstet ist.
Hoffnungsvolle Junge: Der DFB hatte für die vergangene Saison darauf verzichtet, Neulinge zu berufen. Somit waren Bastian Dankert und Daniel Siebert, die seit 2012 Spieler der höchsten deutschen Klasse pfeifen, die dienstjüngsten Erstliga-Referees. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass in den kommenden Jahren viele Top-Unparteiische wegen Erreichen der Altersgrenze ausscheiden werden, gilt ihnen beiden ein besonderes Augenmerk.
Daniel Siebert lieferte dabei eine sehr ordentliche zweite Bundesliga-Saison ab und liegt mit einer Durchschnittsnote von 2,9 und auf einem sehr beachtlichen 8. Platz - noch vor so namhaften Kollegen wie Stark, Brych oder Perl.
Für den bereits zum FIFA-Schiedsrichter beförderten Bastian Dankert verlief die zurückliegende Spielzeit nicht ganz so reibungslos. Der an sich überzeugende Gesamteindruck wurde durch den einen oder anderen Aussetzer konterkariert. So wie am 29. Spieltag in der Partie zwischen dem HSV und Bayer Leverkusen, als der Rostocker Referee insgesamt dreimal von dem an sich gebotenen Elfmeterpfiff absah (SPOX-Note 5,5). Gleichwohl gehört Dankert nach wie vor zu den ganz großen Hoffnungsträgern der deutschen Schiedsrichtergilde.
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