Arjen Robben hat beim 2:1-Sieg des FC Bayern München gegen den VfL Wolfsburg erneut nicht seine Topform abgerufen - mit dem Höhepunkt seines verschossenen Elfmeters. Angestachelt davon, war der Niederländer am Ende jedoch der Unterschiedmacher beim Rekordmeister. Eine Diskussion wird Robben zeit seiner Karriere aber nie loswerden.
Es passt ins Bild. Es passt zum bisherigen Verlauf der Rückrunde des Arjen Robben.
Soeben hat Schiedsrichter Sascha Stegemann auf den Punkt gezeigt. Elfmeter für den FC Bayern nach einem Foul von Wolfsburgs Renato Steffen an Corentin Tolisso. Unstrittig. Weil der etatmäßige Schütze Robert Lewandowski auf der Bank sitzt, übernimmt Robben Verantwortung und schnappt sich den Ball. Anlauf, Schuss mit der Innenseite ins linke Eck - doch Keeper Koen Casteels ist da und lenkt das Leder an den Pfosten. Verschossen, weiterhin bleibt's beim 1:0 für die Wölfe.
Es ist Robbens erster verschossener Elfmeter im Bayern-Trikot seit dem schlimmsten Fehlschuss seiner Karriere, dem vergebenen Strafstoß im Champions-League-Finale 2012 gegen Chelsea. Und es ist der Kulminationspunkt einer erneut durchwachsenen Partie des Niederländers.
Robben steht unter Beobachtung
Derzeit steht Bayerns Nummer 10 aufgrund seiner ungeklärten Vertragssituation so sehr unter dem Brennglas wie lange nicht. "Im Moment fühle ich mich noch sehr fit, sehr gut und glaube, dass ich noch ein, zwei Jahre auf dem höchsten Niveau spielen kann - das ist auch mein Ziel", sagte der 34-Jährige im Interview mit dem Sportbuzzer.
Bislang steht jedoch noch in den Sternen, ob er diese ein, zwei Jahre in München verbringen wird. Zumindest vereinzelt häuften sich in den letzten Wochen Stimmen, die nahelegten, für den Umbruch müsse sich der Rekordmeister von Robben genauso wie von Franck Ribery trennen. Dass diese Frage überhaupt zur Disposition steht, war bis vor einem Jahr noch unvorstellbar.
Zuletzt blieben die besonderen Momente, in denen Robben den FC Bayern zur One-Man-Show machte, allerdings aus. Die bisherigen Auftritte in der Rückrunde waren noch nicht so glanzvoll, er wirkte unzufrieden mit seiner Form.
Arjen Robben: Bundesliga-Statistiken im Trikot des FC Bayern
Saison | Spiele | Tore |
2009/2010 | 24 | 16 |
2010/2011 | 14 | 12 |
2011/2012 | 24 | 12 |
2012/2013 | 16 | 5 |
2013/2014 | 28 | 11 |
2014/2015 | 21 | 17 |
2015/2016 | 15 | 4 |
2016/2017 | 26 | 13 |
2017/2018 | 16 | 3 |
Bayern hat in Wolfsburg lange Probleme
Das setzte sich im Auswärtsspiel gegen den VfL Wolfsburg eine knappe Stunde lang fort. Robben wurde von den engagierten Wolfsburgern immer mindestens gedoppelt und schaffte es nur selten, am jungen Linksverteidiger Gian-Luca Itter vorbeizugehen.
Die Zahlen belegen den Eindruck: Robben leistete sich 31 (!) Ballverluste, die mit Abstand meisten aller Spieler auf dem Rasen. Er hatte mit 83 Prozent die schwächste Passquote der Münchner Startelfspieler. Obendrauf kam der vergebene Strafstoß.
Vergebener Strafstoß als Zäsur
Dieser war allerdings auch eine Zäsur im Spiel. Fortan wirkte Robben wütend, noch gieriger, ging weitere Wege und haute sich noch engagierter in die Zweikämpfe. In dieser Phase ging der Routinier voran. "Dieser Wille, Spiele gewinnen zu wollen, obwohl es vermeintlich vorne nicht mehr spannend wird, das macht einfach Spaß. Die Mannschaft ist einfach geil", resümierte Thomas Müller die Aufholjagd der Bayern. Der personifizierte Wille war am Samstag Robben.
Und nicht nur mit der Ausstrahlung riss er seine Kollegen mit, der Rechtsaußen war in der letzten halben Stunde auch an den entscheidenden Szenen beteiligt.
Robben an den spielentscheidenden Szenen beteiligt
In der 64. Minute gelang es ihm dann doch einmal, an Itter vorbeizukommen und mit rechts auf den Kopf von Sandro Wagner zu flanken, der per Kopf zum 1:1 einnetzte. Es war die einzige von neun Flanken, die Robben in dieser Partie zum Mitspieler brachte, sie führte direkt zum Tor.
Über die gesamte Schlussphase war der Niederländer der gefährlichste Münchner, scheiterte in der 86. Minute am Abwehrbein von Jeffrey Bruma und schlenzte eine Minute später einen Linksschuss nach patentiertem Nach-innen-ziehen über die Latte.
Und dann kam die Nachspielzeit. Rechts im Strafraum spielte Robben Itter erneut aus. Der Youngster fasste ihn kurz an der Schulter, der Niederländer fiel, Elfmeter. Mittlerweile stand Lewandowski auf dem Platz und verwandelte zum Last-Minute-Sieg der Bayern.
Elfmeterszene in sozialen Medien und beim VfL Wolfsburg ein Thema
Aufgrund der deutlichen Leistungssteigerung nach der Pause ging der zehnte Ligasieg in Folge für den Rekordmeister in Ordnung. Doch die Elfmeterszene war nach der Partie ein großes Thema. Denn wenngleich Itter den Angreifer hielt, sorgte die Theatralik, mit der Robben zu Boden ging, für Kritik. In den sozialen Medien polarisiert der 34-Jährige sowieso, da passte die Situation ins Bild.
Aber auch die Wolfsburger haderten: "Es ist ein leichtes Ziehen zu sehen, aber er kann auch einfach weiterlaufen", sagte Daniel Didavi. Martin Schmidt stimmte der versteckten Kritik zu: "Die Hand von Luca hat da nichts zu suchen, da darf er nicht hin. Er fällt aber nicht, weil die Hand dran ist, sondern weil er es dankend annimmt. Neun von zehn Spielern merken das gar nicht, dass die Hand da dran ist."
Champions League wird Auskunft über Robbens Leistungsfähigkeit geben
Nicht nur aufgrund seiner Leistungen hat Robben den FC Bayern in den letzten Jahren geprägt wie kaum ein anderer. Er steht sinnbildlich dafür, wie sehr der Verein polarisiert. Wohl kein Spieler in der Bundesliga teilt die Fans so sehr in zwei Lager. Die einen vergöttern ihn für seine Einstellung und sein Können, die anderen verachten ihn aufgrund seines Habitus und seiner Theatralik. Der Samstag war das Paradebeispiel.
Dass Robben sportlich immer noch der Unterschiedmacher sein kann, bewies er in der letzten halben Stunde gegen Wolfsburg. Doch auf Sicht wird die Frage sein: Ist Robben nun auch in der entscheidenden Saisonphase noch der X-Faktor? Die nächsten Wochen mit der beginnenden K.o.-Phase der Champions League werden darüber Aufschluss geben.
Eines hat sich jedenfalls nicht geändert und wird sich auch nie ändern, solange er das Bayern-Trikot mit der Nummer 10 trägt: Robben wird nie aufhören zu polarisieren.