Fed Cup: Angelique Kerber verliert - DTB-Team scheitert im Halbfinale

Von Ulrike Weinrich
Angelique Kerber muss vorerst pausieren
© getty

Das Wunder von Stuttgart ist ausgeblieben - das deutsche Fed-Cup-Team hat durch eine 1:4-Niederlage den Sprung ins Finale verpasst. Angelique Kerber verlor deutlich mit 2:6, 2:6 gegen Petra Kvitova, die ihrer Mannschaft damit den entscheidenden dritten Punkt bescherte. Am Sonntagvormittag hatte Julia Görges das Fünkchen Hoffnung noch einmal auflodern lassen, als sie sich für ihre klare Niederlage gegen Kvitova vom Vortag revanchierte und Karolina Pliskova mit 6:4, 6:2 bezwang. Die deutsche Auswahl hatte den Titel bislang zweimal gewonnen (1987 und 1992) und 2014 das Endspiel gegen die Tschechinnen verloren.

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Von Ulrike Weinrich in Stuttgart

Komplett abschreiben wollte Kerber den Gewinn des Fed-Cup-Pokals aber mit Blick in die Zukunft nicht: "Wir haben diesen Traum und hoffen, dass er eines Tages in Erfüllung gehen kann. Im nächsten Jahr können wir es besser machen", erklärte die frühere Weltranglistenerste und fügte an: "Wir wussten, dass es diesmal eine gute Chance war, aber wir wussten auch, dass wir gegen ein starkes Team spielen."

Kerber hatte unter tosendem Applaus die Porsche Arena betreten. Nach dem Erfolg und der Gala von Görges war zu spüren, dass die Zuschauer wieder ein wenig mehr an die Wende glaubten. Doch die zweimalige Wimbledonsiegerin Kvitova bestätigte ihre starke Form vom Vortag. Am Samstag hatte sie Görges beim 6:3, 6:2 kaum eine Chance gelassen.

Angelique Kerber: "Petra war die aggressivere Spielerin"

Und auch am zweiten Tag zeigte Kvitova, warum sie in dieser Saison schon zwei Turniere gewonnen hat. Vor allen Dingen auf ihr Service konnte sie sich im Linkshänderinnen-Duell verlassen. Zwar kassierte sie nach einem frühen Break zum 2:0 umgehend das Rebreak, doch unmittelbar danach nahm sie Kerber erneut den Aufschlag ab. "Mir ist es schwer gefallen, aus der Bedrängnis zurückzukommen, Petra war die aggressivere Spielerin", analysierte sie sichtlich enttäuscht.

Die Kielerin hatte am Sonntagmorgen noch auf dem Centre Court trainiert. Neben Fed-Cup-Teamchef Jens Gerlach stand dabei auch ihr Coach Wim Fissette mit auf dem Platz. Doch besonders Kerbers zweiten Aufschlag attackierte die 1,82 Meter große Tschechin immer wieder. Zwar konnte "Angie" den ersten Satzball von Kvitova mit einem Ass abwehren. Doch mit zwei Doppelfehlern (insgesamt fünf im ersten Durchgang) ebnete sie ihrer Gegnerin nach genau einer halben Stunde den Satzgewinn.

Auf "Angie" wartet das Duell mit Kvitova auch beim Porsche Tennis Grand Prix

Gerlach redete beim Wechsel auf Kerber ein, die am Vortag mit 5:7, 3:6 gegen Pliskova den Kürzeren gezogen hatte. Doch auch bei der Fortsetzung änderte sich eigentlich nicht viel. Der zweimaligen Grand-Slam-Siegerin fehlten diesmal die Mittel, um Kvitova ernsthaft zu gefährden. Zu dominant trat die Weltranglistenzehnte auf.

Als die Tschechin Kerber erneut breakte und kurz darauf mit 5:2 in Führung ging, war die Vorentscheidung längst gefallen. Auch das Einspielen von Kerbers Lieblingssong "Atemlos" durch die Hallenregie nutzte nichts mehr. Im elften Duell mit Kvitova kassierte "Angie" die sechste Niederlage. Und ausgerechnet in der ersten Runde des Porsche Tennis Grand Prix am Dienstag kommt es erneut zum Vergleich der beiden Ausnahmespielerinnen Kvitova und Kerber.

Keine optimale Ausgangsposition für die Stuttgart-Siegerin von 2015 und 2016. Es werde "ein bisschen dauern", bis sie sich von der Niederlage erholt habe, gab Kerber zu: "Ich werde die beiden Matches vom Wochenende analysieren." Jeder weiß, dass Sand nicht ihr Lieblingsbelag ist, deshalb mache sie sich in den nächsten Wochen auch "keinen Druck".

Görges hatte das Fünkchen Hoffnung am Leben gehalten

Dabei hatte der Sonntag so gut angefangen. Görges hatte beim gemeinsamen Essen am Abend zuvor ihren Mannschaftskolleginnen angekündigt: "Ich werde da rausgehen, um zu gewinnen." Und zwar auf eine aggressive Art und Weise. "Ich wollte da nicht hingehen und die Bälle nur verwalten."

Und Görges hielt Wort: Sie präsentierte sich im Vergleich zur Schlappe gegen Kvitova wie verwandelt. Die 29-Jährige begann hochkonzentriert und ließ sich auch von den kanonenartigen Aufschlägen der 1,86 Meter großen Pliskova nicht entnerven. Görges und die US-Open-Finalistin von 2016 hatten einige Zeit ein Weltklasse-Doppel gebildet, ehe sich beide entschieden, das Augenmerk auf die Einzelkarrieren zu legen. Zusammen hatten sie sich vor zwei Jahren sogar für das WTA-Finale der besten acht Doppel-Teams in Singapur qualifiziert.

"Jule" zeigte gegen ihre frühere Doppelpartnerin Aufschlagqualitäten

Die beiden Freundinnen schenkten sich am Sonntag allerdings nichts. Görges zeigte vor allen Dingen bei ihrem Service eine enorme Stabilität und setzte Pliskova früh unter Druck. Am Vortag war das noch anders gewesen. Gleich ihren zweiten Breakball nutzte die Auckland-Siegerin und führte schnell mit 3:1. Wie übrigens am Samstag gegen Kvitova.

Doch diesmal verlor "Jule" nicht den Faden und schien die Anfeuerungen der Fans in der mit 4500 Zuschauern ausverkaufen Arena regelrecht aufzusaugen. "Es war eine unglaubliche Stimmung. Es geht nur so, man muss die Leute mitnehmen und über die Grenzen hinausgehen, damit man sich auf dieser Wolke tragen lassen kann", sagte Görges. Immer wieder zeigte sie nach gelungenen Aktionen die Siegerfaust. Und von diesen gab es etliche. Ein Vorhandfehler von Pliskova brachte Görges den ersten Satzball. Mit einem Rückhand-Winner holte sich sich den Auftaktdurchgang nach 27 Minuten - und zeigte Emotionen.

Görges spielte mit viel Herz - und belohnte sich

Die Halle stand kopf. Im ersten Satz machte die Deutsche in 88 Prozent der Fälle den Punkt, wenn der erste Aufschlag kam. Einen weiteren Tiefschlag versetzte Görges ihrer Gegnerin, als sie ihr gleich danach erneut das Service abnahm. Dieses Break transportierte sie dann bis zum Ende - und legte sogar noch nach. Bei einer eigenen 5:2-Führung war die Vorentscheidung gefallen. Nicht zuletzt, weil sie über die gesamte Partie hinweg überragend returnierte. Mit dem achten Ass beendete die 29-Jährige ihre Galavorstellung nach nur 55 Minuten. Es war der erste Erfolg der Stuttgart-Siegerin von 2011 gegen Pliskova im dritten Vergleich.

Auch Gerlach hatte nach dem völlig verkorksten ersten Tag noch an das Wunder geglaubt. "Jetzt heißt es: Aufstehen, Krone richten, weitermachen", hatte der gebürtige Stuttgarter am Samstagabend gesagt. Es war das erste Halbfinal-Heimspiel der deutschen Mannschaft seit 1994. Der zehnmalige Fed-Cup-Champion Tschechien hatte den Titel in den vergangenen sieben Jahren alleine fünfmal geholt. In dieser Form wird die Equipe von Kapitän Petr Pala schwer zu schlagen sein. Gegner im Finale ist am 10./11. November Frankreich oder das US-Team.

Im bedeutungslosen Doppel zum Abschluss musste die Paarung Görges/Anna-Lena Grönefeld gegen Katerina Siniakova/Barbora Strycova nach dem 5:7 im ersten Satz verletzt aufgeben.

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