Rafael und Toni Nadal - Die unvorstellbare Erfolgsstory aus Familienhand

Von Jörg Allmeroth
Toni und Rafael Nadal 2017
© Jürgen Hasenkopf

Seit Beginn dieses Jahres ist nur noch Carlos Moya als Coach mit Rafael Nadal unterwegs. Den Grundstein für die Erfolge hat aber Onkel Toni Nadal gelegt.

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Als Rafael Nadal vor 13 Jahren und zwei Wochen zu seinem Erstrundenspiel in Paris gegen Lars Burgsmüller antrat, war er schon selbstverständlich an seiner Seite: Toni Nadal. Der Onkel. Und der Trainer seit frühesten Kindertagen. Nadal, 18 Jahre alt damals, gewann das Spiel, es war Burgsmüllers letzter Auftritt bei den French Open.

Und es war 2005 der Beginn der größten Erfolgsgeschichte für ein Trainer-/Spielergespann überhaupt im Tennis, der Beginn für den Triumphzug von Nadal und Nadal im roten Sand von Roland Garros. "Es ist unglaublich, was in unserer gemeinsamen Zeit passiert ist", sagt der 57-jährige, "es ist besser als jeder Traum."

Toni Nadal war Trainer im Dienst

Toni, der Macher hinter dem Matador, ist seit dem Saisonstart zwar nicht mehr offiziell der Trainer seines Neffen. Aber als sich Nadal am Sonntagnachmittag zum sagenhaften elften Titel in Frankreichs Hauptstadt durchkämpfte, saß er wie immer auf der Tribüne im Camp Nadal. Genau auf dem Platz, auf dem er auch zehn Jahre immer wieder gesessen hatte, bei den Siegen von 2005 bis 2008, von 2010 bis 2014. Und dann noch einmal 2017, bei der historischen La Decima-Mission, dem Anlauf zum zehnten Titel.

Es wirkte nicht nur so, als habe Nadal den Blickkontakt, den stummen Gedankenaustausch mit dem Mann gebraucht, der ihn zum größten Sandplatzspieler aller Zeiten geformt hatte. Es war so. Toni, Trainer a.D., war Trainer im Dienst, wenn auch nicht formell. "Ich war nervös wie immer, angespannt wie immer. Aber Rafa hat seine Sache großartig gemacht", sagte Toni hinterher. Schon bei den letzten Trainingseinheiten vor dem Finale gegen Österreichs Herausforderer Dominic Thiem hatte der Traineronkel mit auf dem Platz gestanden, neben dem jetzigen Chefanweiser Carlos Moya.

La Decima als perfekter Schlusspunkt

Im Tennisgeschäft kommen und gehen die Coches regelmäßig, es ist ein normaler Vorgang in der hektischen Branche des Wanderzirkus. Aber als Toni Nadal im letzten Jahr seinen Rückzug als Coach von Rafael bekanntgab, erzeugte das einen mittleren Schlagzeilensturm. Zu viele Stimmen im Umfeld des Großmeisters seien auf Dauer nicht gut, sagte Toni, er kümmere sich da lieber um andere Dinge, beispielsweise die Weiterentwicklung der Nadal-Akademie in Manacor.

Der zehnte French Open-Titel vor einem Jahr beschloss perfekt die beispiellose Erfolgsära, es war ein Bild wie gemalt, als Nadal und Nadal sich nach "La Decima" gerührt in den Armen lagen. "Es war ein Augenblick für die Ewigkeit", sagt Toni, "wer hätte das jemals glauben können."

Feier mit der familiären Entourage

Toni mag nicht mehr in Amt und Würden sein, aber für Nadal ist der Onkel auch jetzt noch der wichtigste Bezugspunkt in Tennisangelegenheiten geblieben. Schon zum 32. Geburtstag des Roland Garros-Sonnenkönigs war der sanfte Schleifer in der ersten Turnierwoche angereist und hatte mit der familiären Entourage gefeiert.

Er wohnte allerdings nicht unter einem Dach mit Rafael und dem nominellen Trainerteam, sondern ein paar Kilometer entfernt. Im Intercontinental Le Grand nahe der Pariser Oper. Dort sprach er dann auch darüber, dass er "nie so ganz" aus seiner Trainerrolle herausschlüpfen könne und "Rafa natürlich den ein oderen Tipp" gebe: "Wenn ich etwas sehe, was wichtig ist, dann sage ich es auch."

Unvorstellbare Reise

So wie in all den Jahren zuvor. Nadal, der Meisterspieler, ist ohne Nadal, den Trainer, nicht denkbar. Es ist eine Triumphgeschichte aus Familienhand, seit dem Tag, als Tonis Bruder Sebastian den dreijährigen Rafael zum ersten Mal zum Tennis-Schnuppern vorbeibrachte. Sie gingen dann gemeinsam durch dick und dünn, durch alle Höhen und Tiefen, durch Jahre der Bitterkeit und durch Jahre voller Glanz und Gloria.

"Es war eine unvorstellbare Reise", sagt Toni. Alles, was Nadal heute ausmacht als Champion, seine Leidenschaft, seine Zähigkeit, sein unbeugsamer Wille, aber auch seine Fairneß und Größe in Sieg und Niederlage, ist Tonis Verdienst. Er selbst sagt, es habe "unbedingt mit der familiären Seite" zu tun: "Ich habe Rafa immer ehrlich sagen können, was los ist. Ich sagte: Du bist schlecht, du hast da diesen Riesenfehler gemacht. Und ich mußte nicht befürchten, dass ich deshalb am nächsten Tag rausfliege", sagt Toni, "andere Trainer haben diesen Luxus nicht."

Offener Brief an Rafael Nadal

Im letzten Herbst schrieb Toni zum offiziellen Abschied eine Art Vermächtnis, einen offenen Brief an Rafael, den Neffen. Er schrieb, wie er versucht habe, bei ihm einen starken und resoluten Charakter zu entwickeln, um im Tennis und im Leben zurecht zu kommen. Er schrieb, er sei nie angenehm gewesen, habe bei Rafael immer versucht, eine Unzufriedenheit mehr als eine Genugtuung zu erzeugen.

Er schrieb, dass er Gegner nie als Feinde betrachtet habe und die Rivalität nie die Grenzen des Platzes überschreiten sollte. Und dann schrieb er auch, er kehre nun zufrieden zu den Schülern in der Akademie in Manacor zurück, im Bewußtsein, respektiert und geliebt zu werden für das, was er getan habe. "Hauptverantwortlicher für mein Glück ist mein Neffe", sagte Toni, der Tennislehrer und Lebensberater des Champions.

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