Schwerer Stand für Traditionsbewahrer

In Mailand hat die ATP einige interessante Varianten versucht
© getty

Das #NextGen-Finale in Mailand hat gezeigt: Der Tennissport wird sich in den kommenden Jahren verändern. Müssen.

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Während in London längst die altersoffene Weltmeisterschaft der Profis ausgespielt wird, diskutieren Experten, Fans und Medien weiter über die Reformanstöße beim Mailänder #NextGen-Finale. An dieser Stelle sind vor einigen Monaten schon einmal die meisten Überlegungen der Gewerkschaft ATP begrüßt worden - und eigentlich hat sich an dieser Einschätzung auch durch den Praxistest wenig verändert.

Im Sinne einer Beschleunigung des Spiels und der Beseitigung sogenannter toter Zeiten im Match wäre nur zu begrüßen, wenn die Shot Clock baldmöglichst im Tennis eingeführt würde, nicht nur auf der ATP Tour, sondern auch bei den Grand Slams - natürlich im Einverständnis mit der WTA. Auch die Abkürzung der inzwischen manchmal überlangen Einspielzeit ist produktiv, gegenwärtig ist da viel zu viel Trödelei zu beobachten. Welchen Nutzen die No-let-Rule für die Entwicklung eines modernen Spiels haben soll, erschließt sich mir nicht. Soviel Zeit bleibt ja gerade noch, um einen Netzaufschlag zu wiederholen.

Mätzchen einschränken

Man muss ohnehin nicht gleich alle Reformen auf einen Schlag umsetzen, insofern können die Sätze auch weiterhin bis sechs und anschließendem Tiebreak gespielt werden - und dann auch weiter mit der Einstandsregel. Wichtig ist, die Marotten und Mätzchen der Stars einzuschränken, sprich: auch den extensiven Gebrauch von Handtüchern nach jedem Ballwechsel oder die Herumsucherei nach geeigneten Bällen.

Oft sehen wir, dass den Profis die Bälle nur als Vorwand zugeworfen werden müssen, um Zeit zu schinden. Diese Verzögerungsarien sind auch zu beobachten bei etwas, das teilweise nicht mehr den Namen "Medical Timeout" verdient, denn oft genug handelt es sich nur um das Luftholen ausgepumpter Spieler und nicht um wirkliche Blessuren. Schwer genug, aber die Forderung bleibt, dass der Missbrauch eingedämmt werden muss. Die sensible Frage ist: Lässt sich dieses Thema wirklich "regulieren"?

Einschränkungen bei der Wanderlust

Absehbar ist aber auch: Es wird eine Zeit kommen, in der eine andere Zuschauergeneration mit kurzer Aufmerksamkeitsspanne dem Tennis kürzere Sätze abverlangen wird, dazu vielleicht noch andere, radikale Einschnitte. Traditionsbewahrer werden rascher als gedacht einen schweren Stand haben. Man mag es bedauern oder nicht: Aber vermutlich wird auch die (hochgerüstete) Technik einen noch dominanteren Part im Tennis spielen und dafür sorgen, dass bald keine Linienrichter mehr nötig sein werden. Da auch jetzt schon ein Ungleichgewicht bei den Turnieren besteht, teilweise Hawk-eye, teilweise nicht, werden die finanzstarken Events hier bald vorangehen - etwa Indian Wells.

Was auch selbstverständlich sein sollte: Die größere Bewegungsfreiheit für Fans. Allein schon deshalb, weil bisher an manchen Orten toleriert wird, was anderswo hart geahndet wird - jeder muss sich da nur die Schauplätze Wimbledon und New York vor Augen halten. Klar ist auch die Einschränkung: Was sich direkt vor dem Auge des Spielers abspielt, ist anders zu bewerten. Hier sollten die Fans schon im Sinne der Spielqualität selbst ein Interesse daran haben, die Profis nicht mit Wanderlust zu stören.

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