McEnroe vs Williams: Was soll das?

John McEnroe bleibt standhaft
© getty

700 ist die Zahl die Woche, und die Diskussion zwischen John McEnroe und Serena Williams ziemlich unnötig. Dabei geht's eigentlich nur um ein bestimmtes Wort.

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Als ich dieser Tage den Kommentar von John McEnroe las, Serena Williams wäre wohl um Rang 700 der Welt bei den Herren notiert, war mein erster Gedanke: "Okay, interessante Einschätzung von einem, der Ahnung hat." Ähnlich ging es den meisten, die sich im Tennis auskennen. Oder im professionellen Sport.

Der Aufschrei war dennoch groß. "Wie kann er es wagen! Sie hat mehr Majors gewonnen als jeder männliche Profi! Wie kann er sie auf Rang 700 verweisen?" Armer Mac. Auch Serena äußerte sich, sie bat McEnroe etwas unsouverän via Twitter, mit nicht belegbaren Dingen doch bitte hinterm Zaun zu halten, zumal sie aktuell wenig Zeit habe.

Quervergleiche sind nun mal nicht möglich

Die ganze Diskussion ist amüsant - und unnötig. Das Tennisspiel ist unterschiedlich zwischen Männern und Frauen, andere Sportarten auch. Fragt man die beste 100-Meter-Läuferin, auf welchem Rang sie bei den Herren platziert wäre? Nein. Auch nicht die beste Schwimmerin. Obwohl ein Quervergleich hier, aufgehängt an Zeiten, gar möglich wäre. (Vielleicht fragt es man es genau deswegen nicht?)

Aber warum sollte es wichtig sein - es ist letztlich egal. Was im Sport fasziniert, ist der Wettbewerb unter denselben Voraussetzungen. Dass der männliche Körper anders gebaut ist als der weibliche - eine Tatsache, nicht mehr, nicht weniger.

Auch innerhalb einer Sportart zieht man in unterschiedlichen Wettbewerben schließlich keine Quervergleiche. Oder hat man einst überlegt, wie der beste Halbschwergewichtler Henry Maske gegen den besten Schwergewichtler Mike Tyson hätte abschneiden können - oder wo er in einem hypothetischen Ranking bei den Schwergewichtlern stehen würde? Nein. Sind Maskes Erfolge deswegen weniger wert? Auf keinen Fall!

Warum wir im Tennis dennoch darüber diskutieren? Weil wir es nicht wissen, nicht faktisch belegen können. Und das eröffnet Raum für Spekulationen. Wie herrlich (aber ergebnislos) ist die Diskussion um den GOAT, den "Greatest Of All Time"! Ist es Rekord-Major-Sieger Roger Federer? Spricht der direkte Vergleich für Rafael Nadal? Der doppelte Grand Slam für Rod Laver? Ein Thema für eine andere Diskussion, und kein zu knappes. Ebenso die Frage nach dem größten Sportler überhaupt: Ist es Ali, Schumacher, Jordan? Oder Federer? Wie, bitteschön, sollte man hier messen? Subjektive Top-100-Listen dieser Art sind trotzdem beliebt. Auch die der besten Filme, Serien und CDs.

Unterschied zwischen "Best Of All Time" und "Greatest Of All Time"

Das Problem im Falle McEnroe und Williams: die Fragestellung. Ist Serena Williams der beste Tennisprofi aller Zeiten, also geschlechterunabhängig, aber alleine aufs Spielen bezogen? Nein, ist sie nicht, und hiernach wurde McEnroe gefragt. Ist sie aber womöglich der größte Tennisprofi aller Zeiten, immer noch geschlechterunabhängig, aber aufgehängt an Karriereerfolgen? Vielleicht, Stichwort GOAT, denn zu der obigen Diskussion gehört sie dazu. (McEnroe im Übrigen nicht.)

Auch wenn die Aufregung hierzulande abnimmt - in den USA herrscht sie weiterhin, nicht zuletzt, weil sich McEnroe auf Buch-Promo befindet. Unabhängig von der Frage, ob er sich eine höhere Aufmerksamkeit hierfür hätte wünschen können, wird er trotz seiner sachlichen Ausführungen weiterhin gejagt. Und die Diskussion nimmt teils groteske Züge an. Ob er sich entschuldigen wolle, wurde er nun bei "CBS" gefragt, ja fast gedrängt. McEnroe blieb standhaft, er hielt an seiner Aussage fest, nicht, ohne Williams nochmals zu preisen. Vergeblich.

Der nächste Kampf der Geschlechter?

Vielleicht ist diese überflüssige Diskussion jedoch für eines gut: für den nächsten Kampf der Geschlechter, nach Riggs gegen Court, Riggs gegen King, Connors gegen Navratilova, Braasch gegen Williams. Was wäre das für ein Duell zwischen "Big Mac" und Serena! Immerhin hatte McEnroe vor zwei Jahren bei "Jimmy Kimmel Live" behauptet, gegen Williams gewinnen zu können.

Der Vergleich - egal, wer gewänne - würde natürlich wieder hinken: Mann gegen Frau, ein 58-jähriger Tennis-Rentner gegen eine 35-jährige Wiedereinsteigerin. Es wäre ein sportlich unnötiges Duell - aber medienwirksam ein großer Spaß. Erst recht nach den letzten Tagen.

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