"Da ist er, der Größte aller Zeiten"

Roger Federer
© Jürgen Hasenkopf

Für Roger Federer ist das ATP-World-Tour-500-Event in Dubai inzwischen zum zweiten Heimturnier geworden. Im Wüstenemirat hat der Schweizer nicht nur seinen zweiten Wohnsitz, sondern ist auch Rekordsieger des Turniers.

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Als Roger Federer am Montagabend den Centre Court in Dubai betrat, legte sich Stadionsprecher David Mercer erst gar keine falsche Bescheidenheit auf. "Meine Damen und Herren, da ist er, der Größte aller Zeiten", rief der langjährige BBC-Kommentator zum Verzücken der Fans in der Zeltdach-Arena aus.

Dann erhoben sich die 6000 Tennisfreunde geschlossen und applaudierten dem Eidgenossen minutenlang, noch vor dem Einschlagen, noch vor den ersten Ballwechseln. "Im Moment spielen alle ein bisschen verrückt. Aber, ganz ehrlich: Ich genieße es auch", sagte Federer später, nachdem er seinen ersten Einsatz seit dem legendären Australian-Open-Triumph mit spielerischer Leichtigkeit absolviert hatte, nur 53 Minuten brauchte der "Maestro", bis der kapriziöse Franzose Benoit Paire mit 6:1 und 6:3 distanziert war.

Vier Wochen zur schöpferischen und körperlichen Regeneration hatte sich Federer Zeit gelassen, ehe er nun in seiner Zweitheimat am Golf, im sogenannten "Über-Morgenland", wieder zum Schläger griff. Daheim in der Schweiz hatte er nach dem Coup am anderen Ende der Welt einige Ehrenrunden gedreht, als geschätzter Gast auf dem roten Teppich, bei Filmpremieren oder zuletzt auch bei der Ski-Weltmeisterschaft im mondänen St. Moritz.

Oft hatte man den Eindruck, als würden all die anderen Promis aus Politik, Business und der Sportszene in Ehrfurcht erstarren, wenn sie neben Federer für ein Foto posierten. "Ich kann nur versuchen, ganz normal zu bleiben", sagte Federer jetzt in Dubai, "ich bin noch der Roger Federer, der ich immer war."

Kohlschreibers Vorfreude aufs Training

Doch inzwischen spielt er halt in einer eigenen Liga, in seiner eigenen Roger-Federer-Dimension. Und da kommt ihm so schnell keiner nahe in seiner Anziehungsstärke, in seinem Magnetismus, in seiner Beliebtheit und Strahlkraft, man konnte das auch wieder am Sonntag beobachten, als die Veranstalter des ATP-Wettbewerbs von Dubai zu den obligatorischen Mediengesprächen vor dem Turnierstart baten.

Bei Federers Smalltalk drängelten und balgten sich die Journalisten um die Plätze in der "CuBa"-Bar des Jumeirah Creekside Hotels, fast anderthalb Stunden sprach der Schweizer schließlich mit der üblichen Eloquenz und Lockerheit zu Presse, Funk und Fernsehen.

Beim Weltranglisten-Ersten Andy Murray war das Interesse danach noch lebhaft, es waren ungefähr die Hälfte der Berichterstatter versammelt, die vorher bei Federer gelauscht hatten. Später kamen noch Federers Landsmann Stan Wawrinka, immerhin dreimaliger Grand-Slam-Champion, und der französische Tennis-Schelm Gael Monfils, aber da war nur noch ein kleines Grüppchen von Journalisten präsent.

Von der einmaligen Strafe zum Wüstenkönig

"Er ist schon jetzt die Legende seiner selbst, eine überragende Persönlichkeit in jeder Beziehung", sagt der Chef der Spielergewerkschaft ATP, der Engländer Chris Kermode, über Federer. Bezeichnend genug: Als der Deutsche Philipp Kohlschreiber hier in Dubai von Journalisten gefragt wurde, was er an seinem tennisfreien Tag am Dienstag unternehmen werde, sagte er mit leuchtendem Gesicht, er freue sich "ganz besonders auf das Training mit Roger."

Kohlschreibers Landsmann Dustin Brown hatte nach einer gemeinsamen Übungseinheit mit Federer sogleich ein Foto an seine globalen Twittergemeinde verschickt - mit der Bemerkung "Fun Hit with The Legend."

Dubai ist ein besonderer Spiel-Platz für Federer, auch der Ort für eine besondere Geschichte in seiner Karriere. Als die Staatslenker von Dubai vor einem Vierteljahrhundert beschlossen, dem Sport eine Schlüsselposition beim Standortmarketing für ihr Emirat zuzuweisen und ein Turnier zu etablieren, konnten sie noch nicht ahnen, dass ihnen ein Geschenk in Gestalt des Tennis-Professionals Federer zufallen würde.

Erst recht nicht, als der junge Federer im Jahr 2002 nach einer indiskutablen Vorstellung gegen Rainer Schüttler (1:6, 3:6) sogar mit einer für seine Laufbahn einmaligen Strafe belegt wurde - weil er nicht genügend Einsatz gezeigt habe. Doch ein Jahr später gewann später Federer den ersten von sieben Titeln am Golf, er wurde der umschwärmte, gefeierte Wüstenkönig.

Das Gesicht Dubais

Und er wurde zu einem Gesicht Dubais, nicht nur, als er gemeinsam mit Andre Agassi für ein ikonisches Foto auf dem Hubschrauber-Landeplatz des Sieben-Sterne Palast "Bur Al Arab" posierte. Sondern weil er sich im sonnenverwöhnten Emirat niederließ und Dubai als Rückzugsort und Trainingsrefugium nutzte.

"Hier habe ich meine absolute Ruhe. Und es ist jetzt auch ideal fürs Familienleben", sagt Federer. So hat Federer inzwischen zwei Heimturniere, natürlich Basel, die Swiss Indoors dort. Aber auch Dubai, wo er in seiner Wohnung an der Marina schläft und zu Training und Matches den Mercedes in den Luftfahrtklub steuert - den Schauplatz der "Duty Free Championships". "Wir möchten Roger gern als Botschafter für das Turnier verpflichten, wenn er mal mit dem Tennis aufhört", sagt Colm McLaughlin, der Boss des zollfreien Verkaufs-Imperiums, "ich könnte mir keinen Besseren vorstellen."

Doch bis dahin ist noch ein wenig Zeit. Federer steuert frohgemut auf den Rest seiner Dreißiger-Jahre zu, gerade erst hat er angekündigt, in Basel bis 2019 spielen zu wollen. "Im Moment plane ich so, dass es einfach weitergeht", sagt Federer, "ohne Zeitgrenze."

Das ATP-Turnier in Dubai im Überblick

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