Unverschämte Leichtigkeit

Von red
Roger Federer ist ins Viertelfinale geschwebt
© getty

Roger Federer hat problemlos das Viertelfinale von Wimbledon erreicht: Der Schweizer setzte sich gegen Grigor Dimitrov glatt in drei Sätzen durch.

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Von Jörg Allmeroth aus London

In seiner Box herrschte wieder einmal Hochbetrieb. Stefan Edberg, der frühere Trainer und Berater, war gekommen. Und auch Anna Wintour, die Vogue-Chefin und eine Freundin der Federer-Familie, hatte an diesem Montag in der privilegierten Zuschauerposition Platz genommen. Und sie alle im Camp des Rekordchampions erlebten eine meisterliche Vorstellung des Maestro, einen 6:4, 6:2, 6:4-Erfolg des Maestro, der die Träume vom achten Titel nährte, von einer einmaligen Bestmarke. "Ich hätte es nicht für möglich gehalten, einen so leichten Sieg", sagte Federer nach seiner Gala auf dem Hauptplatz des All England Club.

Er unterstrich auch einmal mehr seine Autorität auf dem Centre Court, auf dem er die sage und schreibe 15. Viertelfinalteilnahme beim wichtigsten und prestigeträchtigsten Turnier der Welt markierte. "Es ist eine unglaubliche Konstanz, die Federer hier zeigt. Eine Ausdauer, die so schnell nicht wieder erreicht werden wird", sagte John McEnroe, selbst einmal der dominierende Spieler auf den grünen Tennisfeldern an der Church Road. Am Mittwoch trifft Federer nun in der Runde der letzten Acht auf den kanadischen Kanonier Milos Raonic, dem er im Halbfinale des letzten Jahres in fünf Sätzen unterlegen war. "Damals war ich gesundheitlich einfach nicht auf der Höhe. Jetzt ist es eine ganz andere Situation. Ich fühle mich frisch und gut", sagte Federer.

Schwere Enttäuschung

Während Federer zu Beginn der zweiten, alles entscheidenden Wimbledon-Woche den Turbo zündete und am Manic Monday weitere Hoffnungen auf eine triumphale Titelmission nährte, enttäuschte sein Gegenüber, der oft mit dem Maestro verglichene Bulgare Grigor Dimitrov, ziemlich schwer. Nur im ersten Satz konnte der technisch hochbegabte, oft aber an seinen Nerven scheiternde Dimitrow einigermaßen auf Augenhöhe mit Federer mitspielen, doch auch in diesem Auftaktdurchgang konnte er nicht die Big Points auf seinem Konto verbuchen - die gingen an den 35-jährigen Rasenflüsterer Federer, der zum Erstaunen mancher Fachbeobachter auch an diesem vollgepackten Tennistag auf dem Centre Court auftreten durfte. "Es hätte auch andere Ansetzungsmöglichkeiten gegeben. Es war durchaus nicht selbstverständlich, dass ich auf dem Centre Court spielte", sagte Federer, "aber ich habe es mit gutem, sehr gutem Tennis zurückgezahlt." Nur zur Erinnerung: Die Weltranglistenerste der Frauen, die Deutsche Angelique Kerber, war vom Ansetzungskomitee auf Außencourt Zwei verbannt worden.

Doch bei Federer weiß man im ehrwürdigen Club halt, was man hat. Und in aller Regel bekommt. Auch an diesem größten Tag, den das Welttennis kennt, mit allen Achtelfinals bei Herren und Damen. Sieg Nummer 88 in seiner Wimbledon-Karriere war eine Demonstration von Entschlossenheit und Selbstbewußtsein, beinahe durchgehend von der ersten bis zur letzten von 98 Spielminuten. Kaltblütig nutzte der Schweizer jeden Schwächemoment Dimitrovs aus, punktete auch regelmäßig bei den Breakchancen. "Ich war da, wenn es sein musste, wenn es zählte", sagte Federer, "das war auch wichtig für die nächste Turnierphase. Die Gewissheit, dass man sein bestes Tennis spielt im richtigen Moment."

Um seine inzwischen 50. Grand-Slam-Viertelfinalteilnahme musste Federer nach dem Gewinn des ersten Durchgangs nicht mehr bangen. Den zweiten Satz holte er sich rasch mit 6:2, zog dann auch im dritten Akt wieder im Eiltempo auf 4:2 davon. Es gab dann einen kleinen Rückschlag, als Dimitrov zum 4:4 egalisierte. Aber der Bulgare verspielte gleich wieder seine Chance auf ein Comeback, auf eine mögliche größere Wende, als er das Break zum 4:5 kassierte. Danach ließ sich Federer nicht lange bitten und brachte sein Service zum 6:4 sicher nach Hause.

Hier das Tableau der Herren in Wimbledon

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