"Bin froh, dass ich gewonnen habe"

Hartes Stück Arbeit in Runde eins für Roger Federer
© getty

Erleichterung bei Roger Federer: Der Schweizer spricht nach seinem Fünfsatzsieg in der ersten Runde der US Open über positive Emotionen, nennt aber auch Gründe für seine Startschwierigkeiten.

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Von Jörg Allmeroth aus New York City

Es war kurz vor Mitternacht, als der Tennis-Kampflärm im Arthur-Ashe-Stadion noch einmal gewaltig anschwoll. Eine Sensation lag in der Luft, ein krachender Grand-Slam-Überraschungsmoment, den niemand auf der Rechnung hatte. Und doch war der gerade 19-jährige Amerikaner Frances Tiafoe nahe dran, Roger Federer zu entzaubern, unter dem geschlossenen Dach in der größten Tennisarena der Welt, in der ersten Runde - und in einem fünften Satz, der so voller verrückten Drehungen und Wendungen war wie diese ganze Achterbahn-Partie.

Gerade hatte Tiafoe, einer der größten Hoffnungsträger der Heimnation, einen Matchball von Federer abgewehrt, sogar ein erstaunliches Break zum 4:5 geschafft, nun servierte er zum 5:5-Ausgleich gegen den nicht wirklich souveränen Maestro.

Doch ein letztes Mal kippte in der aufgeladenen, aufgeheizten Stimmung die Dramaturgie, mit viel Glück und Tiafoes gnädiger Mithilfe rettete sich der Schweizer Großmeister noch ins Ziel. Es war alles andere als ein Glanzauftritt, dieser 4:6, 6:2, 6:1, 1:6, 6:4-Erfolg, aber es war eben ein Sieg, das zählte mehr als alles andere. "Ich bin froh, dass ich gewonnen habe. Letztes Jahr war ich verletzt. Nun bin ich hier, bin eine Runde weiter", sagte der 36-Jährige, "es war gut, sich so durchgebissen zu haben. Das gibt mir eine Menge Selbstvertrauen für den Rest des Turniers."

Wie geht es dem Rücken?

Für eine Nachtvorstellung wie diese "voller Emotionen, voller Dramatik" sei er schließlich auch noch auf der Tour unterwegs: "Das war New York pur, ein tolles Erlebnis." In der nächsten Runde trifft Federer nun entweder auf sen Slowenen Blaz Kavcic (ATP 88) oder den altgedienten Russen Mikhail Youzhny (ATP 101).

So sehr sich Federer auch bemühte, das Positive dieser ersten Vorstellung im Big Apple zu betonen, wieder und wieder - Fragen nach seinem wirklichen Gesundheitszustand blieben schon offen, die Ungewissheit, wie sehr ihn die Rückenschmerzen noch weiter beeinträchtigen. Denn vor allem in der ersten halben Stunde und dem ersten Satz wirkten Federers Bewegungen sperrig und verkrampft, ganz so, als könne er selbst seine Tatkraft nicht einschätzen.

Auch im vierten und fünften Satz wirkte der 19-malige Grand-Slam-Gewinner wiederholt unsicher, nervös, hölzern, fahrig. Auf der Zielgeraden merkte man ihm an, dass er mit brachialer Attitüde unbedingt diese Partie zu Ende bringen wollte, nicht selten führte das dann zu irritierenden Fehlern. Auch als Federer dann bei einer 5:3-Führung im letzten Satz zum Sieg aufschlug, schien er von großer Nervosität gepeinigt.

"Konnte nicht so arbeiten, wie ich wollte"

Aber Federer wehrte die Spekulationen rundum ab: "Ich fühle mich physisch extrem gut. Wer hier fünf Sätze übersteht, muss okay sein", sagte er. Die Formschwankungen in der Partie führte er einzig und allein auf gewisse Trainingsdefizite zurück: "Ich konnte nicht so arbeiten in den letzten Tagen, wie ich wollte. Außerdem hatte ich nicht so viele Matches in den letzten Wochen." Er sei auch guten Mutes, die immerhin 157 Minuten währende Partie "gut zu verkraften": "Man weiß nie, wie man am nächsten Morgen aufwacht. Wie sich ein Match auswirkt, auch mit all der Anspannung, die da auf den Körper schlägt. Aber allein dieses gute Gefühl des Sieges wird mir schon helfen."

Schon auf dem Centre Court hatte Federer ziemlich ausgelassen gejubelt und auch seine große Entourage auf der Tribüne vom Bangen und Zittern erlöst, allen voran Ehefrau Mirka, die in den letzten dramatischen Minuten ein ums andere Mal die Hände vors Gesicht hielt - nicht mehr in der Lage, die Ballwechsel zu verfolgen.

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