Ein Sieg noch für "La Decima"

Rafael Nadal spielt am Sonntag um seinen zehnten French-Open-Titel
© getty

Rafael Nadal hat am Sonntag die Chance auf seinen zehnten Titel in Roland Garros: Der Spanier besiegte Dominic Thiem im zweiten Halbfinale der French Open 2017 nach 2:07 Stunden glatt mit 6:3, 6:4 und 6:0 und trifft nun auf Stan Wawrinka. Der Schweizer hatte sich gegen Andy Murray nach mehr als vier Stunden in fünf Sätzen durchgesetzt.

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Von Jens Huiber aus Paris

Nicht vor 15:30 Uhr, das war die optimistische Prognose der Turnierplaner als Startzeit für das zweite Herren-Halbfinale gewesen. Kurz nach 18:00 Uhr haben Dominic Thiem und Rafael Nadal dann tatsächlich den Court Philippe Chatrier betreten, vor halbleeren Rängen: Zwei Halbfinals, zwei verschiedene Tickets, die Zuschauer mussten erst einmal ausgetauscht werden. Der erst zweite Auftritt des Österreichers auf dem größten Platz in Roland Garros war dann auch von einem Wettlauf gegen die Zeit geprägt - Tennis-Guru Brad Gilbert hatte vom fernen Kalifornien aus eine maximale Spielzeit von 3:10 Stunden für den Freitagabend errechnet. So lange sollte der Rekordsieger von Paris letztlich nicht benötigen.

Thiem erarbeitete sich im dritten Spiel zwei Breakbälle, Nadal konterte routiniert. Im darauffolgenden Spiel wehrte Thiem vorerst drei Chancen des Spaniers ab, musste sein Service zum 1:3 dennoch abgeben. Und konnte seine beiden Möglichkeiten zum Re-Break im nächsten Game wieder nicht nutzen. Die Nummer sieben der Welt war in den meisten Ballwechseln dran, Nadal allerdings bestimmte das Tempo mit seiner Vorhand, Thiem musste (zu) weit hinter der Grundlinie agieren. 6:3 Nadal nach 44 Minuten. Der erste Satzverlust für den Außenseiter im gesamten Turnier.

Der kleine Finger

Rafael Nadal genießt in Paris Heimrecht, neun Titel an der Seine haben ihm eine treue Anhängerschaft in Roland Garros beschert. Erst zweimal hat der Mallorquiner hier verloren, gegen Robin Söderling im Achtelfinale 2009 und 2015 gegen Novak Djokovic, damals in der Runde der letzten Acht. Dominic Thiem hatte die letzte Möglichkeit gebucht, sich auf Chatrier einzuspielen, um Punkt 12:00 Uhr mittags den Center Court betreten, Nadal hatte den Slot davor gebucht.

Zu Beginn von Satz zwei musste Thiem gleich über Einstand gehen, zwei grandiose Punkte mit der Vorhand und einem Volley bescherten dem Lichtenwörther dennoch die erste Führung in einem Satz. Wieder holte sich Thiem zwei Breakbälle, wieder wehrte Rafael Nadal diese ab. Der Spanier nutzte die Weitläufigkeit des Court Philippe Chatrier gnadenlos aus, Thiem musste enormes Risiko gehen, um zu Punkten zu kommen. Nicht einmal, nein, mehrmals pro Ballwechsel. Nadal andererseits reicht in der Regel der kleine Finger seines Gegners, um einen ganzen Satz an sich zu reißen. Und also vergab Thiem zwei Bälle zum 2:1, Nadal nutzte seine zweite Breakchance. Der 14-fache Major-Sieger blieb in Folge als Aufschläger unantastbar, beschloss mit einem exzellent vorbereiteten Vorhand-Volley den zweiten Akt. 6:3, 6:4 nach 1:36 Stunden.

Geschichte schreiben

Rafael Nadal strebt in Paris, das wurde während der letzten Wochen in der Tenniswelt ausführlich erläutert, seinen zehnten Titel an. "La Decima". In Monte Carlo wie auch in Barcelona ist ihm dieses Kunststück in der laufenden Kampagne schon gelungen, in der katalanischen Hauptstadt durfte Dominic Thiem als Finalverlierer gratulieren. Das Tennisjahr 2017 hat aus Sicht des Spaniers nur einen Makel, und der trägt den Namen Roger Federer. Vor allem die Niederlage im Endspiel der Australian Open schmerzt, dort war der Schweizer nach einem 1:3-Rückstand im fünften Satz noch zurück gekommen. Auf Sand aber spielt Nadal so stark wie eh und je, wenn nicht noch stärker.

Dominic Thiem ist der einzige Mann, der ihm auf der Terre Battue in diesem Jahr eine Niederlage hat beibringen können, im Viertelfinale von Rom. Eine außergewöhnliche Leistung der österreichischen Nummer eins, bei der er, wie er in Paris dieser Tage anführte, über seinem Limit gespielt habe. Dies wäre auch im Halbfinale von Paris nötig gewesen. Rom aber ist nicht Roland Garros, das Über-dem-Limit-Spielen funktioniert nur äußerst selten über drei Gewinnsätze.

Weiße Weste

Ein 0:2-Satzrückstand gegen Rafael Nadal ist jedenfalls eine der größten Hürden im Tennissport. lediglich Fabio Fognini hat diese bei einem Major übersprungen - 2015 bei den US Open. Davon konnte an diesem Freitagabend in Paris keine Rede sein: Nadal holte sich gleich die erste beiden Service-Games von Thiem, der letzte Nackenschlag. 6:3, 6:4 und 6:0. Nach zwei Stunden und sieben Minuten Spielzeit durfte der Favorit die Arme hochnehmen. Es fehlt noch ein Sieg, um schon wieder Tennis-Geschichte zu schreiben.

Nadals sonntäglicher Finalgegner heißt Stan Wawrinka. Der Schweizer hatte sich in einem Marathon-Match gegen den Weltranglisten-Ersten Andy Murray in fünf Sätzen durchgesetzt. Wawrinka hat in Grand-Slam-Endspielen eine bis dato makellose Bilanz: Dreimal stand der 32-Jährige in einem Finale, ebenso oft hat er den Titel geholt. Seinen ersten übrigens 2014 in Melbourne. Sein Finalgegner damals? Rafael Nadal.

Hier die Auslosung für die French Open der Herren

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