Gibt es eine neue Grand-Slam-Siegerin?

Von Jannik Schneider
Hat keinen besonders guten Start ins neue Jahr hingelegt: Angelique Kerber
© getty

Zeit für den Happy Slam! Die Australian Open sind ob des frühen Zeitpunkts in der Saison bei den Damen immer für Überraschungen gut. Eine Dominatorin gibt es dieser Tage nicht. Titelverteidigerin Angelique Kerber wackelte bei den Vorbereitungsturnieren ebenso wie Serena Williams und viele der verbliebenen großen Namen. Karolina Pliskova wittert ihre Chance und die "Young Guns" wollen sich beweisen. SPOX hat sich vor der ersten Hauptrunde umgeschaut.

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Die Titelverteidigerin:

Das Damen-Hawk-Eye der diesjährigen Australian Open muss - und daran darf es nicht den Hauch eines Zweifels geben - mit dem letztjährigen Triumph Angelique Kerbers beginnen. Von Matchball gegen sie in Runde eins gegen Misaki Doi, über den beeindruckenden Viertelfinal-Erfolg gegen Angstgegnerin Victoria Azarenka, bis hin zum historischen Triumph im Finale gegen die damalige Nummer eins der Welt Serena Williams.

Rückblick Wunder down under: Kerber gewinnt Australian Open

Die Erinnerungen an den ersten Major-Erfolg einer Deutschen seit der einzigartigen Steffi Graf bei den French Open 1999 sind mächtig. Für die hiesigen Tennisfans. Für viele verblüffte Experten, die ihr diesen Schritt nach vier Jahren im "Niemandsland" der Top Ten nicht zugetraut hatten (wir sollten uns immer noch schämen).

Und für Kerber höchstpersönlich, die sich mit dem bis dato größten Erfolg ihrer Karriere das Selbstvertrauen einhauchte, mit welchem sie nach dem Wimbledon-Finale, dem US-Open-Titel und Silber bei den olympischen Spielen ihre beste Saison als verdiente Nummer eins der Welt abschloss.

Damen-Panel zu den Australian Open: "Für Serena ist der Titel nicht drin"

Dieses Selbstvertrauen ist gewiss noch da, weshalb sich niemand hierzulande Sorgen machen sollte um Deutschlands Sportlerin des Jahres 2016. Trotz der holprigen Vorbereitungsturniere in Brisbane mit dem Aus gegen die Nummer 14 der Welt, Elina Svitolina, sowie der Auftaktpleite in Sydney gegen eine der "Young Guns" - dazu später mehr - Daria Kasatkina.

Denn wenn Kerber in diesen Tagen in Melbourne von Pressevertretern zur ersten Titelverteidigung bei einem Slam befragt wird, erklärt sie zwar gebetsmühlenartig, dass der Druck natürlich größer und ein anderer sei als überall sonst. Aber sie hängt einen Satz an, den man aus 2016 kennt: "Ich habe gelernt, mit diesem Druck umzugehen. Ich weiß auch, wie man aus einer schwierigen Situation heraus ein wichtiges Turnier gewinnt - oder sogar einen Grand Slam."

Und genau weil der Schützling von Torben Beltz diese Mentalität besitzt, muss sich niemand sorgen machen. Ja, es könnte in Runde eins gegen Lesia Tsurenko (61 der Welt), die in Hobart zuletzt das Halbfinale erreichte, dann aber kränkelte, eng werden. Ja, sie hat noch nicht die Form des Vorjahres. Aber sie hat die amerikanische "Play Big When It's Big"-Mentalität. Damit ist sie gerüstet für starke Auftritte in Down Under.

Die Topfavoritin:

Diese eine Topfavoritin gibt es 2017 nicht. Kerber kann die Open erneut gewinnen. Das vorauszusetzen, wäre naiv. Ein Blick aufs Draw lohnt sich jedoch allemal.

In Runde zwei könnte es zum deutschen Duell mit der talentierten Carina Witthöft kommen. In der Nähe der Topgesetzten ranken sich zudem Namen, wie Begu, Kasatkina (gegen die sie in Sydney verlor), Suarez-Navarro, Vinci und Zhang. Im Viertelfinale würde bei normalem Verlauf French-Open-Champion Garbine Muguruza warten.

Kerbers schwierige Mission in Melbourne

Aber was läuft auf der Damentour zurzeit schon planmäßig. Womit wir beim Comeback von Serena Williams nach viermonatiger Abstinenz angelangt wären. Sie ist mindestens körperlich, aber wohl auch spielerisch noch nicht auf der Höhe - 88 Unforced Errors bei ihrer Comeback-Pleite gegen Madison Brengle sprechen für sich.

Das wird vor allem die Schweizerin Belinda Bencic freuen. Im Februar vergangenen Jahres noch in den Top Ten gelistet, verabschiedete sie sich nach einem von Verletzungen geplagten Jahr sogar aus der Setzliste für den Happy Slam und trifft nun ausgerechnet auf Williams. Das letzte Duell 2015 gewann gar Bencic. Das Erstrunden-Duell schlechthin birgt eine große Gefahr für Williams, ein frühzeitiges Aus in Runde eins wäre dieses Mal keine Überraschung.

Agnieszka Radwanska, Simona Halep und Dominika Cilbulkova können eine gewichtige Rolle im Turnierverlauf spielen. Das heißeste Eisen im Draw der diesjährigen Australian Open ist der Form nach zu urteilen allerdings Karolina Pliskova.

Die US-Open-Finalistin kommt mit der Empfehlung eines Turniersieges aus Brisbane. Hier gab sie im gesamten Turnierverlauf lediglich einmal ihr Service ab. Der Trainerwechsel hin zu David Kotyza, seines Zeichens ehemaliger Coach der zweimaligen Wimbledon-Gewinnerin Petra Kvitova, scheint der 24-Jährigen gut zu tun. "Sie ist eine Persönlichkeit, die das Spiel entscheiden will, die Verantwortung für die Punkte übernimmt, das mag ich", erklärte ihr neuer Trainer unlängst gegenüber tennisnet und gab zudem an, dass die Kommunikation sehr gut funktioniere.

In Runde eins wartet die spanische Außenseiterin Sara Sorribes Tormo, später im Turnierverlauf könnte die nie zu unterschätzende Timea Bacinszky warten. Ein Viertelfinal-Kracher wäre das Aufeinandertreffen gegen Radwanska. Pliskova könnte sich mit dem vielleicht besten Aufschlag der Damentour zum ersten Grand-Slam-Sieg servieren.

Dark Horse:

Darf man eine Nummer zehn der Welt noch als Dark Horse bezeichnen? Nun, Johanna Konta haben trotz des Halbfinals bei ihren ersten Australian Open 2016 noch nicht viele für große Erfolge auf dem Zettel. Doch die Britin reist mit dem Turniersieg von Sydney im Gepäck nach Melbourne, erreichte zuvor auch die Vorschlussrunde in China.

In Sydney spielte sie im Finale gegen Agnieszka Radwanska extrem offensiv, ohne dabei auch nur einen unnötigen Fehler einzustreuen. "Sie hat von Anfang bis Ende unglaubliches Tennis gezeigt", erklärte die Polin auf der anschließenden Pressekonferenz. "Normalerweise kommen dann eigentlich ein, zwei schlechtere Spiele. Aber sie kamen bei ihr nicht."

Konserviert die 25-jährige britische Nummer eins ihre Form, kann sie ihren Vorjahres-Erfolg mindestens wiederholen. Zu Gute kommen ihr ihre australischen Wurzeln. Konta ist in Sydney geboren und kann sich daher der Unterstützung der Fans sicher sein.

Kontra trifft zum Auftakt auf die unangenehm spielende Kirsten Flipkens. Meistert sie diese Hürde, warten im weiteren Turnierverlauf Duelle auf Augenhöhe mit Carolina Wozniacki und Dominika Cibulkova - mit leichten Formvorteilen für die Britin.

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