Barbara Schett-Eagle im Interview: "Da fühle ich mich persönlich angegriffen"

Von Lukas Zahrer
Barbara Schett spricht im Interview mit tennisnet über die Gleichberechtigung im Profitennis.
© GEPA
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tennisnet: Wenn bei den Männern ein Außenseiter in die Endphase eines Turniers vorstößt, spricht die Tenniswelt gerne von einer Sensation. Bei den Damen wird allerdings schnell das generelle Niveau hinterfragt. Wird hier mit zweierlei Maß gemessen?

Schett-Eagle: Man darf nicht immer alles so kritisch sehen. Wir haben derzeit bei den Damen ein sehr ausgeglichenes und spannendes Feld. Für einen Grand-Slam-Titel kommen im Moment bestimmt zehn Spielerinnen in Frage. Der Tennissport ist weltweit so anerkannt, dass man sich nicht so viele unnötige Sorgen machen sollte. Es wird immer wieder Phasen geben, die interessanter sind als andere - ein Federer wird auch nicht ewig spielen.

tennisnet: Stichwort Federer: Ist nach der Nadal-Show der vergangenen Monate auf Sand mit der Krönung in Paris nun wieder seine Zeit angebrochen?

Schett-Eagle: Nadals elfter Titel - das ist außerirdisch! Aber dass Federer wieder im Rennen um die Nummer Eins steckt, ist genial. Er hat uns allen schon vor sieben Jahren erzählt, dass er alt ist. Jetzt ist er fast 37 und mit solch einer geringen Anzahl an Turnieren trotzdem an der Spitze. Wir können uns glücklich schätzen, das mitzuerleben. Die Rivalität zwischen Nadal und Federer ist einmalig, so etwas es in dieser Form sicherlich nie mehr geben.

tennisnet: Dominic Thiem konnte Nadal auf Sand ein wenig ärgern, in Madrid gelang ihm sogar ein Sieg. Für einen Triumph bei Roland Garros reichte es allerdings nicht.

Schett-Eagle: Für Thiem war es eine Mammutaufgabe. Nadal im Finale zu schlagen, ist vermutlich noch schwieriger als in den Runden zuvor, denn er fühlt sich dort so wohl und kann sich richtig gut reinsteigern. Dominic hat sich super geschlagen, es werden noch viele weitere Finals folgen. Seine Zeit wird noch kommen.

tennisnet: Mit Kiki Mladenovic hat Thiem eine Lebenspartnerin, die ebenfalls als Profi tätig ist. Sie waren zum Ende Ihrer Karriere selbst mit ihrem damaligen Trainer und heutigen Ehemann liiert. Wie schwierig ist es, eine Beziehung als Tennisprofi zu führen?

Schett-Eagle: Es ist eigentlich unmöglich, eine normale Beziehung mit einem Partner außerhalb des Leistungssport einzugehen. Ich kann das verstehen, dass die Liebe zwischen den beiden entflammt ist. Sie befinden sich auf dem gleichen Level, beide waren oder sind in den Top-10. Kiki kann ihm sogar tennisspezifische Tipps geben und umgekehrt. Deshalb funktioniert es zwischen den beiden ganz gut.

tennisnet: Solche Beziehungen findet man im Profizirkus aber gar nicht so oft.

Schett-Eagle: Viele gibt es nicht. Ich kann es nur von mir sagen: Wir haben ein blindes Verständnis und eine große Toleranz. Mein Mann ist als Trainer wie ich selbst bis zu 25 Wochen im Jahr unterwegs. Die gemeinsame Liebe zu dem Sport ist etwas Großes. Ich könnte meinen Job nicht auf diese Art und Weise ausüben, wenn ich mit einer Person außerhalb des Leistungssports zusammen wäre.

Barbara Schett-Eagle: "Kinder gehen zum Tennis, um bespaßt zu werden"

tennisnet: Die Chancen auf eine österreichische Vertreterin in Wimbledon war gegeben, Barbara Haas ist im Qualifikationsfinale aber gescheitert.

Schett-Eagle: Es wird eine Österreicherin geben!

tennisnet: Tatsächlich?

Schett-Eagle: In der zweiten Woche bin ich beim Legenden-Doppel im Einsatz! (lacht) Es ist natürlich sehr traurig, seit geraumer Zeit kommt in Österreich nicht allzu viel nach.

tennisnet: Warum stottert das Damen-Tennis?

Schett-Eagle: Es ist ein schwieriger Weg, es ganz an die Spitze zu schaffen. Viele wollen diese Last auf sich nehmen, das viele Training, die Verpflichtungen. Ab meinem zehnten Lebensjahr habe ich gewusst, ich will die beste Spielerin in Österreich werden und international zur Spitze gehören. Dafür habe ich alles gegeben und diesem Ziel viel untergeordnet. Heute kommt es mir so vor, als ob die Kinder beim Tennistrainer abgegeben werden, um sie zu bespaßen. Der Drive kommt von selbst nicht.

Barbara Schett-Eagle: WTA-Turniersiege im Doppel

JahrTurnierBelagPartnerin
1996PalermoSandJanette Husarova (SVK)
1997PalermoSandSilvia Farina Elia (ITA)
1998HamburgSandPatty Schnyder (SUI)
1999AucklandHartplatzSilvia Farina Elia (ITA)
2001SydneyHartplatzAnna Kurnikova (RUS)
2002HamburgSandMartina Hingis (SUI)
2003ParisTeppichPatty Schnyder (SUI)
2004ParisTeppichPatty Schnyder (SUI)
2004BudapestSandPetra Mandula (HUN)
2004StockholmHartplatzAlicia Molik (AUS)

tennisnet: Wie kann man die Einstellung der Jugendlichen ändern?

Schett-Eagle: Zum Teil hat das sicherlich mit den Trainern zu tun. Es gibt wenige, die mit Leidenschaft dabei sind und vielleicht einmal eine halbe Stunde länger mit einem talentierten Kind verbringen. Mir persönlich hat der Konkurrenzkampf sehr geholfen. Ich habe mich gerne im Wettkampf gemessen und bin dadurch besser geworden. Federer und Nadal haben sich auch gegenseitig nach oben gepusht, und mussten immer weiter an sich arbeiten.

tennisnet: Sie haben im vergangenen Winter in der Steiermark selbst versucht, diese Leidenschaft bei einer Trainingsgruppe junger Mädchen zu entfachen. Werden Sie dies in Zukunft forcieren?

Schett-Eagle: Ich bin Schirmherrin eines Projekts beim steirischen Tennisverband und bringe regelmäßig meine Expertise ein. Die Mädels im Alter von zehn bis zwölf Jahren sind zudem ganz motiviert, da sind ein paar gute Talente dabei. Es ist schön, dass sich jemand interessiert, mein Wissen in Anspruch zu nehmen.

tennisnet: Das war ja nicht immer so.

Schett-Eagle: Seitens des österreichischen Tennisverbandes gab es nie Interesse, mittlerweile will ich mich aber auch gar nicht mehr einbringen. In der Steiermark bin ich seit zwei Jahren tätig, auch auch Dominic Thiem und Oliver Marach sind involviert. Ich stehe tagtäglich mit Tennistrainern und Ex-Grand-Slam-Siegern in Kontakt, diese kann man ganz gut nutzen.

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