Becker: "Mischas Sieg die größte Sensation"

SID
Boris Becker spricht über den Sieg von Mischa Zverev
© getty

Der dreimalige Wimbledonsieger und frühere Weltranglistenerste Boris Becker ist bei den Australian Open in Melbourne als Experte für Eurosport im Einsatz. Mit dem SID sprach er über den Sieg von Mischa Zverev gegen Andy Murray, über die Zverev-Familie und über die Aussichten des jüngeren Bruders Alexander.

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SID: "Würden Sie den Achtelfinalsieg von Mischa Zverev gegen Andy Murray als Sensation bezeichnen?"

Boris Becker: "Es ist sogar die größte Sensation der bisherigen Australian Open, größer noch als die Zweitrunden-Niederlage von Novak Djokovic gegen Denis Istomin. Murray ist die Nummer eins der Welt, er spielt seit Monaten ein berauschendes Tennis. Mischa ist dagegen nie über die dritte Runde eines Grand-Slam-Turniers hinausgekommen, hier in Melbourne sogar nie über die zweite Runde. Für Murray ist es besonders bitter, er stand hier fünfmal im Finale, hat die Australian Open aber noch nie gewonnen. Alle haben ihn natürlich gerade nach dem Ausscheiden von Djokovic als den großen Favoriten hier gesehen."

SID: "War es ein Comeback des offensiven Spiels, des Serve and Volley?"

Becker: "Ich habe Mischas Sieg tatsächlich mit mehr als nur einem lachenden Auge gesehen. Es hat mich ein bisschen an meine eigene Zeit erinnert, ich habe ja genauso offensiv gespielt. Es ist vielleicht eine Art Ruf an die jungen Spieler, nicht immer an der Grundlinie zu kleben, sondern sich daran zu erinnern, dass man auch mit einem starken Aufschlag und einem guten Volley erfolgreich sein und gutes Tennis spielen kann."

SID: "Mischa Zverev galt vor mehr als zehn Jahren als einer der weltbesten Nachwuchsspieler, dann war plötzlich nichts mehr von ihm zu hören. Was ist in der Zwischenzeit passiert?"

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Becker: "Mischa war ja lange Zeit verletzt, er hatte eine Operation am Handgelenk und hat zwischenzeitlich schon ans Aufhören gedacht. Sein jüngerer Bruder Alexander hat ihn motiviert und ihn regelrecht aufgefordert, sich nochmal richtig reinzuhängen. Diese Bruderliebe zwischen den Zverevs ist so ein bisschen das Erfolgsgeheimnis der beiden. Es ist auch schön, die Zverev-Familie im Training zu erleben. Der Papa Alexander war ja russischer Davis-Cup-Spieler, er ist immer dabei, die Mama auch, sie ist eine unglaublich nette, warmherzige Frau. Das ist schon eine tolle Einheit."

SID: "Zverev ist ja nach dem Matchball im Vergleich zu vielen anderen Spielern eher ruhig geblieben. Ungewöhnlich nach einem so großen Sieg?"

Becker: "Ich fand es sehr schön, wie cool er am Ende geblieben ist, er ist nicht wild rumgehüpft oder hat sich auf den Boden geworfen und den Platz geküsst. Es war super, beispielhaft, wie er sich verhalten hat, mit großem Respekt vor dem Gegner. Das ist eine tolle Einstellung."

SID: "Was ist jetzt und in Zukunft noch möglich, für Mischa und auch für Alexander?"

Becker: "Mischa sollte in dieser Situation wirklich immer nur an das nächste Match denken, aber wer Murray geschlagen hat, kann natürlich gegen jeden anderen Spieler auch gewinnen. Er darf trotzdem nicht so weit nach vorne denken, das macht einen nur unruhig."

SID: "Und Alexander?"

Becker: "Er hat auch ein grandioses Match gespielt gegen einen Rafael Nadal, der an der Grundlinie immer noch einer der weltbesten Spieler ist. Nadal hat dann anschließend ganz richtig gesagt, dem jungen Zverev gehört die Zukunft und ein bisschen auch schon die Gegenwart. Er muss weiterhin konzentriert bleiben, seine Hausaufgaben im Training machen und cool bleiben, dann ist alles möglich für ihn."

SID: "Für welchen Spieler steht die Tür nach dem Aus von Murray und Djokovic am weitesten offen?"

Becker: "Für jeden. Jetzt ist hier alles möglich, das wissen auch alle, das spürt man sehr deutlich."

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