So begann das Tennismärchen zwischen Steffi Graf und Andre Agassi

Wie Brad Gilbert und Heinz Günthardt das erste Date einfädelten und wieso Graf ihren künftigen Gatten zunächst abblitzen ließ – hier lest ihr's!

von tennisnet.com
zuletzt bearbeitet: 19.10.2016, 16:14 Uhr

Sie hätten alles auch schon neun Jahre vorher haben können, beim gemeinsamen Sieg 1992 in Wimbledon. Denn die Tradition an der Church Road: der gemeinsame Tanz der Gewinner beim Champions Dinner. FürAndre Agassiein Moment, auf den er schon ein Leben lang gewartet hat. „Ich bin in Steffi verknallt, seit ich mal im französischen Fernsehen ein Interview mit ihr gesehen habe. Ich war wie vom Donner gerührt, absolut hingerissen von ihrer bescheidenen Anmut, ihrer natürlichen Schönheit“, erinnert sich der US-Amerikaner in seiner Autobiografie „Open“.

Doch der Tanz entfällt in diesem Jahr – Agassi kommt lediglich dazu, Graf zu erklären, dass er ihr bei den French Open im Vorjahr versucht habe, eine Nachricht zukommen zu lassen und sagt ihr, dass er sich gerne mal mit ihr unterhalten würde.

Brad Gilbert spielt den Kuppler

Aus der Unterhaltung wird zunächst nichts. Graf kommt 1992 mit Rennfahrer Michael Bartels zusammen, Agassi heiratet 1997 die Schauspielerin Brooke Shields. Was zu Beginn wie ein Hollywood-Märchen anmutet, endet im Frühjahr 1999 mit unüberbrückbaren Differenzen und der Bitte von Agassi an seinen Manager Perry Rogers, die schnellste Scheidung der Geschichte anzustreben.

Agassi wiegelt ab und erinnert an die Wimbledon-Geschichte.

Aber Gilbert lässt nicht locker. In Key Biscayne bittet er Kollege Heinz Günthardt, Grafs Coach, um ein Training der beiden. Günthardt lehnt ab – Graf sei zu schüchtern, habe vor Turnieren ihre festen Gewohnheiten. Dennoch findet Gilbert eine romantische Ader beim Schweizer: Er und Agassi bekommen den Platz im Anschluss an Grafs Training. Günthardt regt schließlich an, dass die beiden zumindest ein paar Bälle miteinander schlagen.

Ein legendäres Trainingsspielchen

Agassi geht direkt in die Offensive und reißt sich beim Gang auf den Platz das Hemd vom Leib. „Es ist ziemlich schamlos, aber ich bin verzweifelt“, weiß er, will jedoch bemerken, dass Graf ihm einen Blick zuwirft, „dann noch einen kaum merklichen zweiten“. Agassi dankt gedanklich seinem Fitnesscoach Gil Reyes und bedenkt Graf rückblickend mit ehrfurchtsvollen Worten. „Wenn sie stillsteht, ist sie eine Göttin; in Bewegung ein Gedicht. Ich bin ein Verehrer, aber auch ein Fan. Ich habe mich schon lange gefragt, wie sich Steffi Grafs Vorhand anfühlt.“

Nach dem Training, das laut Agassi für Außenstehende ausgesehen haben muss „als gäbe Steffi einem hemdlosen, grinsenden Taubstummen eine Einführung“, schickt Agassi seiner Hittingpartnerin haufenweise Blumen („Im Grunde läuft es darauf hinaus, einen kompletten Rosengarten in Steffis Zimmer zu verlagern“), bedankt sich mit einer Karte für das Training und lädt sie zum Abendessen ein. Aber Graf reagiert nicht. Als Agassi ein paar Tage später anruft, teilt sie ihm mit, dass sie einen Freund hat.

Geschichte reloaded

Agassi konzentriert sich auf seine Karriere – auf die French Open, die ihm noch in der Grand-Slam-Sammlung fehlen, und die er gegen alle Wahrscheinlichkeiten nach 0:2-Satzrückstand im Finale gegen Andrej Medvedev gewinnt.Am Tag zuvor hatte Graf in einem legendären Spiel gegen Martina Hingis gesiegt.

Im Flugzeug zurück nach New York bastelt Agassi ein Glückwunschschreiben aus der Speisekarte im Erste-Klasse-Flieger. Coach Brad Gilbert prophezeit: „Ihr heiratet 2001, und euer erstes Kind kommt 2002.“ Agassi erklärt Gilbert für verrückt, philosophiert jedoch darüber, sich Graf würdiger zu fühlen, nachdem er Roland Garros gewonnen hat.

Ein Date in San Diego

Die Geburtstagskarte überreicht er Graf in Wimbledon. Bei einer Begegnung am nächsten Tag fragt Graf: „Wie kann ich dich erreichen?“ Als die beiden am Samstag vor Turnierstart telefonieren und das Gespräch wieder hin zu Grafs Freund führt, mit dem sie zu diesem Zeitpunkt seit sechs Jahren liiert ist, sagt Agassi den bedeutungsschweren Satz: „Wenn man sich nicht vorwärtsbewegt, bewegt man sich rückwärts.“

Graf stimmt einem Treffen zu. Agassi notiert Grafs Nummer auf einer Papierserviette, drückt einen Kuss darauf und verstaut sie in der Tennistasche. Kurze Zeit später treffen sich beide in San Diego zum ersten Date, gehen essen und machen am Tag darauf einen langen Spaziergang am Strand...

Hochzeit in Las Vegas am 22. Oktober 2001

Nur wenige Wochen später, kurz vor den US Open 1999, beendet Graf ihre Karriere; kurz nach den US Open feiern Graf und Agassi ihr Coming-out bei einem Boxkampf in Las Vegas. „Am nächsten Tag erscheint ein Foto von uns beiden in den Zeitungen, auf dem wir händchenhaltend am Ring sitzen und uns küssen“, erinnert sich Agassi.

Am 22.Oktober 2001 heiraten die beiden im engsten Kreis in Las Vegas, nur die beiden Mütter sind eingeladen und ein Friedensrichter aus Nevada. Die Eheringe bestehen aus gebundenem Bast – demselben Material, mit dem Agassi die Geburtstagskarte für Graf gebastelt hatte. Brad Gilberts Prophezeiung stimmt im Nachhinein dennoch nur halb: Schon vier Tage nach der Hochzeit, am 26. Oktober, wird der gemeinsame Sohn Jaden Gil geboren. Am 3. November 2003 erblickt Töchterchen Jaz Elle das Licht der Welt.

Wie viel Andre Agassi seine Liebe zu Steffi Graf bedeutet, erklärte er in berührenden Worten 2004, als Graf in die International Tennis Hall of Fame aufgenommen wurde. Seine Rede könnt ihr euch hier anschauen!

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