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Top 5: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 10 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 10 in der NFL.
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2. Altbekannte Seahawks-Probleme gnadenlos aufgedeckt

Natürlich liegt eine Schlussfolgerung scheinbar auf der Hand: Russell Wilson war für mehrere Wochen mit einer Fingerverletzung raus, Aaron Rodgers verbrachte zehn Tage in Isolation infolge eines positiven Corona-Tests.

Aber die "beide Quarterbacks waren eingerostet"-Theorie hält in meinen Augen nur bedingt stand; denn das hätte sich im Laufe des Spiels eher bessern müssen. Gefühlt wurde es aber eher schlimmer.

Wilsons Interception in offensichtliche Coverage Richtung Endzone nach Seattles bis dato bestem Drive wurde von Rodgers direkt im Gegenzug zum Abschluss des bis dahin zweitlängsten Packers-Drives mit einem Verzweiflungswurf im Zurückfallen Richtung Endzone gekontert. Jamal Adams sagte Danke. Rodgers hätte zudem gleich beim ersten Drive einen Pick Six haben können.

Auffällig war, dass Seattle nichts von seinen Standard-Plays umsetzen konnte. Das Zone Run Game klappte nicht, es fehlten die Ideen im Kurzpassspiel, Wilson verfehlte einige Würfe und Seattle fand - einmal mehr - keinen Rhythmus.

Die Seahawks-Offense ohne Rhythmus

Das war bereits ein Thema vor Wilsons Verletzung, dass Seattles Offense zu sehr Boom-or-Bust war. Dieses Spiel bestätigte den fehlenden strukturellen Floor, und wenn dann die Big Plays im Passspiel nicht kommen, hat die Offense kaum etwas, woran sie sich hochziehen kann.

Wilson warf den Ball im Schnitt 11,0 Yards tief - bei seinen Completions betrug die durchschnittliche Target-Tiefe gerade einmal 2,2 Yards. Die Packers spielten mit einer leichten Box und zogen ihre Coverage nach hinten, sie blitzten wenig.

Aber weil Wilson seine Pass-Optionen gegen die dichte Coverage nicht fand und weil die Line nicht gut spielte, hatte Green Bay mit vier oder weniger Pass-Rushern eine Pressure-Quote von über 37 Prozent, eine enorme Zahl. Wilson warf sieben tiefe Pässe (mindestens 20 Yards), kein einziger davon kam an. Wilson hatte noch nie sieben tiefe Pässe ohne eine Completion dabei, seitdem Next Gen Stats diese Daten sammelt.

Teilweise wirkte es schon so, als käme der Ball noch nicht mit dem gleichen Zip wie sonst raus, zumindest nicht konstant. Man konnte einige Male sehen, wie der Ball wackelte und das wiederum kann natürlich damit zusammenhängen, dass der lädierte Mittelfinger seiner Wurfhand ihm nicht die gewohnte Kontrolle über den Ball gibt. Aber es waren nur einzelne Würfe, und es war hier nicht der zentrale Takeaway.

Klar ist: Ohne die Big Plays hat diese Seahawks-Offense keine Identität, das wurde gegen die Packers überdeutlich; und dass Defenses dahin trenden, Offenses die Shot Plays bevorzugt wegzunehmen, ist keine neue Erkenntnis dieser Saison.

Seattles Probleme bleiben - was ist mit den Packers?

Dass Wilson dann bei seiner zweiten Interception einen Shot in Double Coverage erzwingen wollte, war vielleicht mehr Resultat des Spielverlaufs und der angesammelten Frustration als irgendetwas sonst. Stattdessen stand am Ende der erste Shutout der Russell-Wilson-Ära.

Vielleicht hätte Wilson noch ein, zwei Wochen länger warten sollen, vielleicht sieht das nächste Woche schon deutlich besser aus; Arizonas aggressive Defense sollte Seattle mehr Gelegenheiten auf Shot Plays geben. Die Offensive Line war auch keine sonderlich große Hilfe am Sonntag.

Die strukturellen Probleme dieser Offense aber sind und bleiben ein Problem, und selbst mit Wilson in Topform ist Seattle damit ein massiv inkonstantes Team. Green Bay konnte in seinen 2-High-Strukturen bleiben, Seattle die Shot-Plays wegnehmen und wenn Wilson dann nichts kreieren kann, hat Seattle ernsthafte Probleme.

Aufseiten der Packers bleibt für mich - neben einem guten Auftritt der Defense - einmal mehr die Erkenntnis, dass Matt LaFleur ein unheimlich guter Play-Caller ist. Es war fraglos lange zäh, und wer weiß, wie das heute im Rückblick aussehen würde, wenn die Packers-Defense irgendwann eingebrochen wäre und ein, zwei schnelle Touchdowns zugelassen hätte.

Aber LaFleur gibt der Packers-Offense genau das, was Seattle fehlt und in diesem Spiel war das deutlich: einen schematischen Floor. RPOs, Rollouts, Screens, Runs, Play Action, Play Action Screens - bei den Packers ist all das miteinander verknüpft und das ermöglicht es - zum wiederholten Male dieses Jahr - offensiv den Ball zu bewegen, selbst wenn Rodgers nur die Rolle eines Game Managers übernimmt.