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NFL Mailbag Week 1: Sind die Steelers wieder ein Titelkandidat?

SPOX-Redakteur Adrian Franke beantwortet eure Fragen zu Week 1 in der NFL.
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Offensive Lines als Kernthema - wie waren die Rookie-Quarterbacks?

Webinho173 : War der offensive Gameplan der Titans so schlecht oder wie konnte es den Cardinals gelingen, ohne (vermeintlich) erwähnenswerte Cornerbacks Jones und Brown praktisch komplett auszuschalten?

Ich hatte die Titans-Offense spezifisch in meinen Week-1-Takeaways am Montag schon thematisiert, das Thema hier ist für mich: Kann Tennessee ohne Arthur Smith diese enorme Effizienz im Passspiel der vergangenen beiden Jahre aufrechterhalten? Oder muss Todd Downing einen größeren Umbruch vornehmen, damit die Offense funktioniert? Das ist die Kernfrage, auf welche Tennessee jetzt ganz schnell eine Antwort braucht.

In Woche 1 war die Line ein Debakel, und einen Plan B gab es nicht. Die jungen Cornerbacks der Cardinals, allen voran Byron Murphy, lieferten eine sehr gute Partie ab; doch gewonnen wurde das Spiel an der Line of Scrimmage.

Aber die deutliche Auftaktpleite gegen Arizona passte auch in ein übergreifendes Thema in Woche 1, und stellvertretend dafür habe ich diese Frage hier mit aufgenommen: Offensive Lines waren für mich die zentrale Storyline was den Liga-Auftakt angeht.

Allen voran die negativen Beispiele: Tennessee vorneweg, aber auch Green Bay, die hier deutlich ihr Matchup gegen die Saints verloren. Oder bereits am Donnerstag die Cowboys, die dann in der zweiten Hälfte gegen Tampa nicht mehr standhalten konnten. Die Bills, die gegen Pittsburghs 4-Men-Rush Josh Allen nicht schützen konnten, sodass Buffalos offensiver Game Plan ins Wasser fiel. Oder auch die Colts, die gegen Seattle unerwartet große Probleme hatten und dann vielleicht auch deshalb offensiv immer konservativer wurden im Laufe des Spiels.

Einige der deutlichsten Niederlagen und einige der in der Form am wenigsten erwartbaren Niederlagen in Woche 1 hingen direkt mit anfälligen Offensive Lines zusammen. Gerade Teams wie Tennessee und Green Bay, bei denen viel auch im Passspiel über Run-Looks funktioniert, wirkten teilweise wie ein Fisch auf dem Trockenen, weil man in langen Second und Third Downs war, und weil die Linebacker und Safeties angesichts der Dominanz der Defensive Line mehr Freiheiten hatten.

Wie in allen anderen Bereichen verbieten sich auch hier groß angelegte Schlüsse nach nur einem Spieltag. Aber das wird ein Aspekt sein, den ich über die nächsten Wochen weiter beobachten werde - auch mit Blick auf die Frage, ob die Defenses mit einer Elite-Secondary, oder die Defenses mit einer Elite-Front aktuell einen besseren Zugriff auf die derzeit dominierenden Offense-Schemes in der NFL bekommen.

Kevin Mc, Erwin Villavicencio: Welcher der jungen Quarterbacks sah gut aus?

Trevor Lawrence (Jacksonville Jaguars): Als ich mir das Jaguars-Texans-Spiel nochmal angeschaut habe, musste ich bei Trevor Lawrence unweigerlich an Andrew Luck denken. Auch von Lawrence verlangten die Jaguars gleich im ersten NFL-Spiel immens viel - und das nicht nur quantitativ, gemessen an den 51 Pässen die er warf.

Weil die Defense nicht gut war, entwickelte sich das Spiel gegen die Texans in eine wilde Aufholjagd. Lawrence warf fünf (!) Pässe über mindestens 20 Yards, drei davon kamen an. Seine durchschnittliche Target-Tiefe betrug fast neun Yards und es gab mehr als nur ein paar Plays, bei denen man das immense Armtalent eindrucksvoll sehen konnte.

Die Kehrseite der Medaille waren in erster Linie die Momente, wenn Lawrence zu viel wollte. Wenn er Bälle in Coverage erzwang, wenn er gegen Pressure Fehler machte, und irgendwann auch, als er in seinen Reads nachlässiger wurde.

Da half es wenig, dass die Offensive Line - gegen einen was die individuelle Qualität angeht überschaubaren Texans-Pass-Rush - bestenfalls durchschnittlich war, und auch die Offense insgesamt eher rudimentär und statisch wirkte; etwas, das sich in der Preseason bereits angedeutet hatte und das weiter ein Thema werden könnte.

Zach Wilson (New York Jets): Wilson merkte man ganz besonders deutlich an, dass Preseason und Regular Season zwei sehr verschiedene Paar Schuhe sind. Das betraf einerseits ihn selbst - die offenen Passfenster waren plötzlich nicht mehr so offen, die Entscheidungen mussten schneller getroffen werden -, aber vor allem auch die Umstände um ihn herum: Die Offensive Line ging gegen die Panthers komplett baden.

"Unsere Protection muss standhalten", hatte Jets-Coach Robert Saleh im Anschluss ganz offen kritisiert. Und diese Schlussfolgerung lag auf der Hand. Die Jets haben zwar viele Ressourcen in die Line gesteckt, und es ist gut möglich, dass diese Gruppe mit der Zeit zusammenwächst. Aber für den Moment ist es eine extreme wacklige Line in Pass-Protection, und Mekhi Becton wird jetzt vorerst fehlen.

Wilson wird lernen müssen, dass er in der NFL nicht im gleichen Ausmaß von Big Plays leben kann, wie das für ihn im College der Fall war; auch das hat das erste Spiel unterstrichen. Angesichts der extrem wackligen Protection hat er einige Male auch Plays gerettet, aber das sollte nicht die Ausgangslage für die Bewertung seiner Rookie-Saison sein. Wilson wird mehr Hilfe brauchen als das, was er am Sonntag in Carolina erhalten hat.

Tua Tagovailoa (Miami Dolphins): Über Mac Jones hatte ich ja schon im Video gesprochen, er war von den Rookie-Quarterbacks am ehesten derjenige, der in Woche 1 überzeugen konnte.

Aber ich wollte das Patriots-Dolphins-Spiel trotzdem dazu nehmen, weil mit Tua Tagovailoa auch auf der anderen Seite ein junger Quarterback mit dabei war, der zwar kein Rookie mehr ist, aber in seine erste Saison als klarer Starter geht - und der gegen New England gegen seinen einstigen Alabama-Nachfolger Mac Jones antrat.

Was mich bei Tua erneut gestört hat, waren zwei Dinge: Für meinen Geschmack klebt er noch zu häufig an seinem ersten Read. Früh im Spiel gegen die Patriots - vielleicht noch mit geskripteten Plays, in jedem Fall bevor die Pats-Defense einen echten Zugriff bekam - kam er damit eher noch durch, und mit den Run Pass Options, insbesondere über schnelle Slants zu Jaylen Waddle, gibt es auch Wege, simplere Passing-Reads in die Offense zu übernehmen.

Aber danach fiel es immer häufiger auf, dass Tagovailoa häufig an seinem primären Read hängen blieb, und dann im Zweifelsfall auch einen riskanten Wurf trotz guter Coverage wagte. Das andere Thema ist das Spiel gegen Druck. Das war einer der maßgeblichen Kritikpunkte im Vorjahr, insbesondere im Vergleich zu Ryan Fitzpatrick, und im ersten Spiel der neuen Saison setzte sich dieses Problem prompt fort.

Tua wird gegen Druck unruhig, und die Präzision sowie auch das Decision-Making im Passspiel leiden nach wie vor zu stark, wenn er gegen Druck agieren muss. Gegen New England kam hierbei auch - als Tua den Ball noch in letzter Sekunde im Fallen wegwerfen wollte - die Interception zustande, und mit den Blitzes der Pats kam er ebenfalls mehrfach nicht zurecht.

In seinem Fall ist das umso erwähnenswerter, weil 2021 für Tua Tagovailoa ein wegweisendes Jahr werden könnte - und weil man Stand heute nicht davon ausgehen kann, dass seine Protection signifikant besser werden wird. Austin Jackson zurück auf Left Tackle und Liam Eichenberg dafür auf Guard könnte nochmal helfen, aber generell muss man aus Dolphins-Sicht befürchten, dass die Line die Saison über ein Thema sein wird.

Tua muss schneller und sicherer in seinen Entscheidungen gegen Druck werden, das ist auch bereits den Gegnern aufgefallen. Patriots-Corner J.C. Jackson sagte nach dem Spiel am Sonntag: "Das ist es, was Tua macht: Wenn sein erster Read nicht da ist, wirft er den Ball irgendwohin."

Miami konnte gegen die Patriots nur etwas mehr als ein Drittel seiner Third Downs in neue First Downs umwandeln, und auch wenn Tua sich am Ende auf seine Defense verlassen konnte: Das ist keine Formel, mit der Miami in diesem Jahr die eigenen Ansprüche erfüllen wird; und keine Formel, die Tuas Job festigen wird.

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