NFL

West Coast, Air Raid und Co.: Die Offense-Schemes aller 32 Teams im Überblick

SPOX blickt auf die offensive Grundstruktur für alle 32 NFL-Teams vor der kommenden Saison.
© getty
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Los Angeles Rams

Stat to Know 2020: Die Rams hatten eine der höchsten Play-Action-Quoten in der NFL (34 Prozent) - doch kein Quarterback warf den Ball bei Play Action im Schnitt so kurz wie Jared Goff (6,6 Yards durchschnittliche Target-Tiefe). Zum Vergleich: Zehn Quarterbacks - inklusive Neu-Ram Matt Stafford - warfen den Ball bei Play Action durchschnittlich mindestens zehn Yards tief.

Offense Grundlage 2021: West Coast mit Heavy Bootleg Play Action

Bei den Rams war über die letzten Jahre deutlich der Prozess zu beobachten, wie Sean McVay die Offense modifizierte, dabei gleichzeitig aber Goffs Limitierungen einberechnen musste. Defenses hatten sich schon während der Super-Bowl-Saison auf das vertikale Play Action Passspiel eingestellt, McVay machte seine Personnel-Groupings in der Folge flexibler und baute mehr auf 2-Tight-End-Sets, die Play Action Designs wurden ebenfalls flexibler. Letztes Jahr dann war die Offense extrem auf Screens, auf Jet Sweeps und Jet Motion und auf sehr kurze, sichere Pässe via Play Action ausgelegt. Und einiges davon wird auch bleiben, das Grundscheme funktioniert und ist gut. Doch mit Stafford sollten sich wieder mehr Möglichkeiten im vertikalen Dropback Passspiel öffnen. Ich vermute, dass die Offense in der Folge auch mehr Spread-Elemente erhält: Nachdem Los Angeles letztes Jahr mehr als 30 Prozent seiner Snaps mit zwei oder drei Tight Ends bestritt, ist jetzt Gerald Everett weg, dafür verstärken DeSean Jackson und Tutu Atwell die Receiver-Gruppe. Mehr 3- und vielleicht auch 4-Receiver-Sets als Erweiterung der Offense würde ich nicht ausschließen.

Miami Dolphins

Stat to Know 2020: Sowohl Ryan Fitzpatrick, als auch Tua Tagovailoa warfen letztes Jahr mehr als 20 Prozent ihrer Pässe in enge Fenster. Unter Quarterbacks mit mindestens 250 Pässen standen sonst nur Joe Burrow sowie das Bears-Duo Foles/Trubisky über dieser Marke.

Offense Grundlage 2021: West Coast mit hohem RPO-Anteil

Ganz leicht ist es nicht, ein Gefühl für das zu bekommen, was die Dolphins offensiv machen wollen. Nach Chad O'Shea und Chan Gailey gibt es im dritten Jahr unter Brian Flores den dritten Offensive Coordinator - und das im Verbund: Running Backs Coach Eric Studesville und Tight Ends Coach George Godsey übernehmen die Offense gemeinsam. Am besten fährt man vermutlich mit der Annahme, dass in jedem Fall eine Offense installiert werden soll, die maßgeschneidert für Tua Tagovailoa ist. Ich erwarte dementsprechend eine Offense, in der Tuas Timing und seine Qualitäten im Kurzpassspiel stark zum Tragen kommen, mutmaßlich mit einem ausgeprägten RPO-Anteil, wie er es bei Alabama auch gespielt hat. Das vertikale Passspiel muss mehr über Antizipation funktionieren als über Pässe in enge Fenster. Dafür haben sich die Dolphins den ganzen Speed ins Team geholt und das sollte es ihnen auch erlauben, mit Tagovailoa das tiefe Passspiel zu öffnen.

Minnesota Vikings

Stat to Know 2020: 11-Personnel (ein RB, ein TE) ist ligaweit die klare Standard-Formation in der NFL; die Vikings sind da der krasseste Ausreißer. Nur 29 Prozent ihrer Offense-Plays letztes Jahr fanden aus 11-Personnel statt, 21-Personnel mit zwei Backs (26 Prozent) war in Minnesota genauso Standard wie 11-Personnel. In diesem extremen Verhältnis können nicht einmal die Patriots und 49ers mithalten.

Offense Grundlage 2021: West Coast mit Heavy Bootleg Play Action

Klint Kubiak übernimmt zwar die Offense von seinem Vater; eine tiefgreifende Veränderung erwarte ich deshalb aber nicht. Die Vikings sind komplett darauf ausgerichtet, den Ball mit Dalvin Cook und über ihr Outside Zone Blocking Scheme zu laufen, und dann Kirk Cousins via Play Action vertikal attackieren zu lassen. Mit einer verbesserten Offensive Line könnte das insgesamt betrachtet 2021 sogar noch besser funktionieren. Eine Veränderung könnte es in der Personnel-Grouping-Aufteilung geben, mit dem Abgang von Tight End Kyle Rudolph werden womöglich einige 2-Tight-End-Sets geopfert, um etwas häufiger drei Wide Receiver aufbieten zu können. Rookie Ihmir Smith-Marsette könnte eine interessante Ergänzung zu Jefferson und Thielen darstellen, gerade im Downfield Passing Game. Was das grundsätzliche Scheme angeht, erwarte ich aber wenig Neues in Minnesota.

New England Patriots

Stat to Know 2020: Die Patriots spielten 2020 ganze 2 Prozent ihrer Offense-Plays aus 12-Personnel, also mit einem Running Back und zwei Tight Ends (Liga-Schnitt: 20 Prozent). Dafür führten sie die Liga in der Nutzung von 21-Personnel, also mit zwei Backs und einem Tight End an (37 Prozent).

Offense Grundlage 2021: Erhardt-Perkins-Offense, aufgebaut über 2-TE-Sets und ein Option Power Run Game

31 Targets, 18 Catches, 254 Yards: Das ist sie, die kombinierte Gesamt-Stat-Line aller Patriots-Tight-Ends in der vergangenen Saison. New England war letztes Jahr verzweifelt auf der Suche nach einer offensiven Identität, welche weder die jungen Tight Ends, noch ein schwaches Wide Receiver Corps kreieren konnten. Das haben auch die Patriots gemerkt, und in der Folge die aggressivste Offseason der letzten Jahre hingelegt. Und die lässt eine klare Umstellung vermuten: Die Pats haben nicht Hunter Henry und Jonnu Smith teuer bezahlt, um dann einen der beiden regelmäßig raus zu nehmen. Letztes Jahr führten die Eagles und Titans die Liga in puncto 12-Personnel-Nutzung an (35 Prozent). Die vergangene Offseason legt nahe, dass die Patriots diese Marke 2021 noch übertreffen könnten. Das dürfte abermals mit einem Option Run Game kombiniert werden, zumindest solange Cam Newton spielt: Newton führte alle Nicht-Running-Backs in Runs (117) und Rushing-Touchdowns (12) an.

New Orleans Saints

Stat to Know 2020: Unter allen Quarterbacks mit mindestens 400 Dropbacks warf Drew Brees mit Abstand die wenigsten Pässe mindestens 20 Yards Downfield (6,7 Prozent seiner Pässe). Brees hatte auch insgesamt die geringste durchschnittliche Target-Tiefe ligaweit (6,6 Yards)

Offense Grundlage 2021: Extrem vielseitige West Coast Offense

Eine der Kernkompetenzen der Saints-Offense in den letzten Jahren war es, Matchups zu kreieren und Defenses zu testen, indem man ihr eine Vielzahl an Personnel Groupings und Formationen entgegenwirft. Brees gewann so nicht selten schon vor dem Snap. Einige der Säulen der Offense - wie etwa auch, dass es im Kern Sean Paytons Interpretation der West Coast Offense sein wird - werden bleiben; doch darüber hinaus gibt es eine klare Weggabelung: Wollen die Saints mit Jameis Winston oder mit Taysom Hill in die Saison gehen? Letztes Jahr wurde Winston als Backup eingeplant, falls Brees während eines Spiels raus muss, und Hill als Alternative, sollte es einen anderen Starter brauchen, also wenn spezifisch ein Game Plan um seine Stärken entwickelt werden kann. Mit Hill wäre die Offense deutlich mehr um das Option Run Game herum aufgebaut, mit Winston könnte man deutlich eher eine Variante der Payton-Passing-Offense umsetzen. Auch wenn dann im Vergleich zu den letzten Brees-Jahren deutlich mehr Shot Plays und deutlich weniger konstante Präzision im Kurzpassspiel Treiber der Offense wären.

New York Giants

Stat to Know 2020: Den Giants fehlte 2020 eine verlässliche Outside-Receiver-Präsenz: Sieben Spieler erhielten je mindestens 20 Targets, einzig Darius Slayton wurde dabei im Schnitt tiefer als 9,5 Yards angespielt. Selbst die chronische Kurzpass-Offense von Division-Rivale Washington hatte zwei solcher Spieler.

Offense Grundlage 2021: Eine Variante der Air Coryell Offense

Keine Frage, die Offense von Jason Garrett ließ einiges zu wünschen übrig. Es war zu häufig eine statische, eindimensionale Offense, und Garrett muss erst einmal zeigen, dass er eine Waffe wie Kadarius Toney - oder auch Saquon Barkley spezifisch im Passspiel - richtig einsetzen kann. Gleichzeitig aber muss man ihm zugute halten, dass ein wichtiger Bestandteil für die Art Offense, die er spielen lassen will, fehlte: Der Nummer-1-Outside-Receiver. Mit Kenny Golladay ist der jetzt da, und das sollte sich auch insbesondere in einem vertikaleren Dropback Passing Game bemerkbar machen, was wiederum besser zu den Stärken von Daniel Jones passen würde. Die unweigerliche Anschlussfrage lautet jedoch: Haben die Giants überhaupt die Offensive Line, um Garretts Offense umzusetzen - und um Jones den nächsten Schritt zu ermöglichen?

New York Jets

Stat to Know 2020: Sam Darnold war 2020 der einzige Quarterback mit mindestens 300 Dropbacks, der keinen einzigen Touchdown-Pass via Play Action warf.

Offense Grundlage 2021: West Coast mit Heavy Bootleg Play Action

Es ist eine neue Zeitrechnung in New York - mal wieder. Robert Saleh soll den Umbruch einleiten, und er bringt auch die Offensiv-Idee aus San Francisco mit. Für Mike LaFleur ist es der erste Offensive-Coordinator-Posten in der NFL, insofern ist er zumindest ein Stück weit eine Unbekannte; die Vermutung liegt aber mehr als nahe, dass er nach Jahren unter Kyle Shanahan (in Cleveland, in Atlanta und seit 2017 in San Francisco) sich auch eng an dessen Offense orientieren wird. Die Zeiten, in denen ein Jets-Quarterback bei Play Action keinen Touchdown-Pass wirft und gerade einmal 57,7 Prozent seiner Pässe anbringt, sollten also der Vergangenheit angehören: Ein intensives Bootleg Play Action Passspiel, harmonierend mit einem Outside Zone Run Game, wird den neuen Kern der Offense darstellen.