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NFL: So will Dan Campbell die Detroit Lions wieder zum Erfolg führen

Von Jan Dafeld
Dan Campbell ist der neue Head Coach der Detroit Lions.
© Twitter/@Lions

Mit einigen ungewöhnlichen Auftritten sorgte der neue Head Coach der Detroit Lions, Dan Campbell, in den vergangenen Monaten für Aufsehen. In Detroit wartet eine Mammutaufgabe auf ihn, viele sehen in den Lions das vielleicht schlechteste Team der Liga. Ob der Neuaufbau des Teams gelingt, hängt auch von Jared Goff ab. Womöglich ist der Quarterback sogar zu gut für sein neues Team.

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Exakt vier Monate ist es mittlerweile her, dass Dan Campbell im Football-Kosmos der USA zum Thema des Tages wurde. "Dieses Team wird die Identität dieser Stadt annehmen", versprach Campbell bei seiner Vorstellung als neuer Head Coach der Detroit Lions. "Wir werden Euch in die Zähne treten!" In die Zähne treten? Okay.

"Und wenn Ihr zurückschlagt, dann werden wir Euch anlächeln. Und wenn Ihr uns zu Boden schlagt, dann werden wir wieder aufstehen und auf dem Weg nach oben eine Kniescheibe abbeißen." Eine Kniescheibe abbeißen? Hatte er das wirklich gesagt?

"Wir werden aufstehen und es wird zwei weitere Schläge benötigen, um uns nochmal niederzuschlagen. Und auf dem Weg nach oben werden wir die andere Kniescheibe abbeißen!" Okay, er schien tatsächlich Kniescheiben abbeißen zu wollen.

"Wir werden wieder aufstehen und dann wird es drei weitere Schläge benötigen, um uns auf den Boden zu kriegen. Und wenn wir dort sind, dann werden wir uns noch ein Stückchen von Euch nehmen. Wir werden die sein, die zuletzt stehen. Das wird unsere Mentalität sein."

Es war eine Rede, die man erst einmal sacken lassen musste. Die meisten Zuschauer dürften ihren Ohren kaum getraut haben. Campbell wurde bei Twitter in Windeseile zur Trending Topic, noch heute sind die ersten drei Begriffe, die Google bei einer Suche nach seinem Namen vorschlägt: Lions, Press Conference und Kneecaps.

NFL: Dan Campbell als Karikatur eines aus der Zeit gefallenen Coaches?

Viele nahmen Campbells Äußerungen mit Humor auf. Er selbst zeigte sich kurz darauf bei Good Morning Football von seiner eigenen Wortwahl überrascht und bewies dabei, dass er durchaus über sich selbst lachen konnte.

Als Gast bei Pardon my Take zeichnete Campbell das von ihm entstandene Bild lachend sogar noch schärfer nach: "Ich würde gerne einen Löwen als Haustier haben. Ich würde mit ihm durch das Gebäude und zum Training laufen", sagte er. "Wahrscheinlich würde ich wegen ihm einen Arm verlieren, aber das würde es nur noch besser machen. Dann würde erst richtig klar werden, wie gefährlich das Tier ist." Ob er seinen Arm für einen Super-Bowl-Sieg opfern würde? "Ja", antwortete der Lions-Coach wie aus der Pistole geschossen.

Doch so amüsant Campbells Auftritte auch wirkten, so mancher Beobachter kam nicht umhin, seine Äußerungen auch kritisch zu hinterfragen. Die Zeiten, in denen Teams sich allein über ihre Mentalität zu definieren vermochten, sind vorbei. Das Spiel hat sich über die letzten Jahre enorm verändert. Das Passspiel ist mittlerweile der wichtigste Faktor im Football. Campbell wirkte teilweise wie die Karikatur eines aus der Zeit gefallenen Coaches.

NFL: Detroit Lions in 17 von 17 Spielen Außenseiter

Doch nicht nur Verfechter der sogenannten Analytics sehen Campbell und die Lions kritisch. Detroit ist bei den Buchmachern als einziges Team neben den Houston Texans in allen 17 Saisonspielen als Außenseiter gelistet. Die Lions gelten - auch hier neben den Texans - als Favorit auf den Nummer-eins-Pick im kommenden Draft.

Und es genügt ein Blick auf den Kader der Lions, um zu erkennen, warum. Die Wide-Receiver-Gruppe ist die wohl schwächste der Liga. Tyrell Williams, dessen einzige Saison mit mehr als 800 Receiving-Yards mehr als vier Jahre zurückliegt, geht wohl als nominelle Nummer eins in die Saison.

Auch die Defense wirkt gegenüber der enttäuschenden Vorsaison nicht klar verbessert. Insbesondere die Secondary kommt nach wie vor äußerst anfällig daher.

NFL: Detroit Lions mit einer der zehn besten Offensive Lines?

Doch es ist längst nicht alles schlecht in der Motor City: Die Offensive Line der Lions kann sich durchaus sehen lassen. Mit Taylor Decker und Frank Ragnow verfügt das Team über zwei (sehr) gute Veteranen auf Left Tackle und Center, mit Penei Sewell stößt eines der größten Tackle-Talente dieses Jahrtausends zu dieser Gruppe.

Auf den Guard-Positionen soll Jonah Jackson nach seinem Rookie-Jahr den nächsten Schritt machen, Logan Stenberg oder Tyrell Crosby werden die Line als solide Optionen ergänzen. Werden die jungen Spieler wie Jackson und Sewell den Erwartungen gerecht, könnte Detroit in der kommenden Saison durchaus eine Top-10-Line stellen.

Das würde insbesondere Jared Goff zugute kommen. Hinter dem neuen Quarterback des Teams liegen einige achterbahnartige Jahre: Während er 2018 noch als MVP-Kandidat gehandelt wurde, halten ihn manche mittlerweile nicht mal mehr für eine solide Starter-Option.

Während Goff einst relativ eindeutig überschätzt wurde, scheint er mittlerweile doch klar unterschätzt.

NFL: Jared Goff mit Problemen unter Druck

Vor allem wenn seine Offensive Line ihr Potenzial abrufen kann und in der kommenden Saison gut aufspielt, könnte Goff für die Lions einen zumindest durchschnittlichen Quarterback geben. In der vergangenen Saison spielte Goff unter Druck zwar schwach, aus einer sauberen Pocket heraus aber durchaus solide.

Gegen Pressure warf der 26-Jährige in der Vorsaison gerade mal für 4,7 Yards pro Pass, er kam auf vier Touchdowns bei sieben Interceptions. Ohne Druck verzeichnete Goff 8,1 Yards pro Pass, 18 Touchdowns und nur sechs Picks. Sein Passer Rating aus sauberer Pocket (106) war mehr als doppelt so hoch wie das gegen Pressure (50).

Natürlich wartet in Detroit so manche Herausforderung auf Goff. Zum ersten Mal seit seiner Rookie-Saison 2016 wird Goff Mastermind Sean McVay nicht mehr an seiner Seite haben. Darüber hinaus ist das Receiving Corps der Lions - wie bereits angesprochen - eine echte Schwachstelle.

Aber: Mit T.J. Hockenson wird Goff in der kommenden Saison mit einem potenziellen Top-5-Tight-End zusammen spielen, ein Luxus, den er in seiner Karriere zuvor noch nie hatte. Auch der Deutsch-Amerikaner Amon-Ra St. Brown könnte als Slot-Receiver über die Mitte des Feldes früh helfen.

NFL: Ist Jared Goff zu gut für die Detroit Lions?

Goff wird in der kommenden Saison um seine Zukunft in Detroit spielen, das steht außer Frage. Sein Schicksal hat er dabei allerdings wahrscheinlich selbst in der Hand - dank einer interessanten Dynamik.

Je schlechter Goff für die Lions spielt, desto größer würde der Wunsch nach einem neuen Quarterback in Detroit werden. Gleichzeitig gilt jedoch auch: Je besser Goff auftritt, desto mehr Spiele wird sein Team gewinnen können. Und je mehr Spiele die Lions gewinnen, desto schwieriger wird es für die Franchise werden, im Draft einen Nachfolger für Goff zu holen.

Letztendlich könnte Goff trotz seiner klaren Limitierungen also zu gut sein, um den Lions einen Pick in den Top-3 oder den Top-5 zu ermöglichen.

Eine Saison voller Niederlagen wäre für den einstigen Nummer-eins-Pick in jedem Fall eine völlig neue Erfahrung. In den letzten vier Jahren gewann Goff ganze 42 seiner 62 Spiele als Starter - damals allerdings auch noch in einem deutlich talentierteren Team.

NFL: Die Bilanz der Detroit Lions in den letzten zehn Jahren

JahrSiegeNiederlagenRemis
20205110
20193121
20186100
2017970
2016970
2015790
20141150
2013790
20124120
20111060