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NFL - Nach vier Siegen aus fünf Spielen: Wie gut sind die New England Patriots wirklich?

Von Jan Dafeld
Bill Belichick (r.) trifft mit den New England Patriots auf die Los Angeles Rams.
© getty

Die New England Patriots haben vier ihrer letzten fünf Spiele gewonnen und dabei gleich mehrere Ausrufezeichen gesetzt. Sogar die Playoffs scheinen mittlerweile wieder im Bereich des Möglichen zu liegen. Das Match gegen die Los Angeles Rams (Fr. ab 2.20 Uhr live auf DAZN) wird für das Team von Bill Belichick nun zum ersten Endspiel der Saison.

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Würde man nach dem dominantesten Sieg der laufenden NFL-Saison suchen, der Erfolg der Patriots über die Chargers wäre sicher ganz oben auf der Liste der potenziellen Kandidaten zu finden. Mit 45:0 fegte New England die Gastgeber aus dem SoFI Stadium, bereits zur Pause schien das Match entschieden zu sein.

Natürlich halfen die Chargers, insbesondere deren Special Teams, bei der deftigen Klatsche gehörig mit, doch der Sieg war nur das neueste von mehreren Ausrufezeichen, die die Patriots über die vergangenen Wochen setzten. In der Woche zuvor schlug New England die zwischenzeitlich zum Titelanwärter aufgestiegenen Cardinals, Mitte November blieb das Team zudem gegen die Ravens, damals ebenfalls noch im Kreis der Super-Bowl-Aspiranten, siegreich.

Die Patriots scheinen nach dem Abgang von Tom Brady endlich zu ihrer neuen Identität gefunden zu haben. Und, wie von vielen Experten bereits zum Saisonstart vermutet, liegt diese im offensiven Laufspiel.

Bei den vier Siegen über die Jets, Ravens, Cardinals und Chargers holten die Patriots in jedem Spiel weit über 100 Rushing Yards, im Schnitt erreichte New England sogar über 150 Rushing Yards. In jeder der vier Begegnungen schaffte das Team zudem mehr First Downs durch Rushes als durch Pässe.

NFL: New England Patriots müssen vier von vier Spielen gewinnen

Der stärkere Fokus auf die individuellen Qualitäten von Cam Newton hat aus den Patriots ein besseres Offensiv-Team gemacht. Die Frage ist nur: Kommt die Erstarkung womöglich zu spät? Ein Blick auf das Playoff-Rennen in der AFC legt diesen Schluss nahe.

Mit sechs Siegen und sechs Niederlagen belegt New England aktuell gerade mal den zehnten Platz in der AFC. Trotz des in dieser Saison neu eingeführten siebten Playoff-Platzes in jeder Conference ist die Postseason für die Patriots also noch keineswegs zum Greifen nah.

Die Patriots werden jedes ihrer verbleibenden vier Spiele gewinnen müssen, andernfalls scheint die erste Saison ohne Playoff-Teilnahme seit mehr als zehn Jahren unvermeidbar. Das erste dieser vier Endspiele steht in der Nacht auf Freitag gegen die Rams an.

NFL: Erinnerungen an Super Bowl LIII werden wach

Patriots gegen Rams, natürlich werden bei diesem Spiel Erinnerungen an Super Bowl LIII vor knapp zwei Jahren wach. Los Angeles ging damals als vielleicht beste Offense der Liga in das Spiel - und ging auf der großen Bühne gnadenlos unter. Los Angeles erzielte gerade mal drei Punkte, Jared Goff brachte nur die Hälfte seiner Pässe an und warf keinen Touchdown-Pass, dafür aber eine Interception.

Bill Belichick hatte das mit Spannung erwartete Coaching-Duell gegen Sean McVay gewonnen. Seine 6-1-Front mit sechs Spielern direkt an der Line of Scrimmage bereitete der um das Zone-Run-Game aufgebauten Offense der Rams das gesamte Spiel über Probleme. In der Folgesaison kopierten zahlreiche Defenses diesen Ansatz, es war einer der Gründe dafür, wieso Los Angeles 2019 größtenteils enttäuschte.

McVay hat seine Offense seitdem allerdings weiter entwickelt, seine Play-Designs und auch seine Personalgruppen variabler gemacht. In dieser Spielzeit stellen die Rams wieder eine Top-10-Offense - vielleicht sogar noch mehr.

NFL: Können die New England Patriots Jared Goff unter Druck setzen?

Die Probleme von Quarterback Jared Goff sind seit der brutalen Super-Bowl-Niederlage im Februar 2019 allerdings ähnlich geblieben. Goff kann McVays Offense unter guten Bedingungen hervorragend umsetzen, er wirft meist mit gutem Timing und Antizipation sowie hervorragender Genauigkeit. Greifen die Play-Designs allerdings nicht perfekt, wackelt er merklich.

Goff macht unter Druck Fehler, insbesondere unter Druck durch die Mitte, wenn er in der Pocket nicht nach vorne ausweichen kann. Zu häufig versucht er unter diesen Umständen Plays zu forcieren, die schlicht nicht da sind - und das führt wiederum zu Ballverlusten. Im November unterliefen Goff in nur vier Spielen sechs Interceptions, insbesondere die Dolphins und die 49ers setzten ihm - mit verschiedenen defensiven Ansätzen wohlgemerkt - extrem zu.

McVay steht öffentlich voll und ganz hinter seinem Quarterback und lobte Goff nach dem jüngsten Spiel gegen die Cardinals ausdrücklich. Im Schnitt warf Goff den Ball gegen Arizona allerdings gerade mal 3,5 Yards über die Line of Scrimmage, 253 seiner 351 Passing Yards kamen nach dem Catch zustande. McVay ließ Goff also eine maximal simple Offense spielen, mehr noch als es zuvor ohnehin schon der Fall war.

Wird das junge Offensiv-Genie gegen die Patriots erneut auf diese extreme Kurzpass-Offense setzen wollen? Und wenn ja, welche Antworten wird Belichick diesmal präsentieren? Bislang zeigte sich die Defense der Patriots längst nicht auf dem herausragenden Niveau der vergangenen Saison, über die letzten Spiele waren allerdings auch defensiv klare Verbesserungen zu erkennen.

NFL: Wie gut können die New England Patriots werden?

Fest steht: Mit einem Sieg über die Rams könnten die Patriots tatsächlich noch einmal in das Playoff-Rennen in der AFC eingreifen. Im Anschluss an das Spiel trifft New England mit den Dolphins und den Bills auf zwei direkte Playoff-Konkurrenten, im letzten Saisonspiel warten dann die Jets, das bislang schlechteste Team der Liga.

Gewinnen die Patriots ihre verbleibenden Partien allesamt, wäre sogar der Sieg in der eigenen Division noch möglich: Schlagen die Dolphins in ihrem direkten Duell die Bills, könnten alle drei Teams die Saison letztlich mit 10 Siegen beenden. In diesem Fall hätten die Patriots den entscheidenden Tie-Breaker - die direkte Bilanz der drei Teams untereinander - auf ihrer Seite.

All diese Gedankenspiele wären allerdings sofort hinfällig, sofern Belichicks Team gegen die Rams nicht gewinnt. Das zweite Aufeinandertreffen mit McVay mag also kein Super Bowl sein, es wird jedoch darüber entscheiden, wie gut dieses Patriots-Team ohne Tom Brady tatsächlich noch werden kann.

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