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Top 10: Die wichtigsten Erkenntnisse aus Woche 12 in der NFL

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt zurück auf Woche 12 in der NFL.
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6. Die Bears und die Frage: Von was reden wir hier?

Das Sunday Night Game zwischen Green Bay und Chicago ist schnell zusammengefasst. Ich hätte selbst ohne Foles' Verletzung Mitch Trubisky wieder gebracht - mit Foles war die Offense komplett leblos, Trubisky gibt Chicago zumindest ein wenig Upside als Runner und kann die wacklige Offensive Line ein Stück weit entlasten. Der Unterschied im Line-Play, je nachdem ob Foles oder Trubisky spielt, war bislang überdeutlich.

Die Idee, dass die Offense mit Foles zwar massive Höhen und Tiefen haben wird, aber wenn die Hochphasen mit der starken Defense zusammenkommen, man wirklich Alarm machen kann, stand naturgemäß von Anfang an auf sehr wackligen Beinen. Aber diese Achterbahnfahrt blieb ja weitestgehend komplett aus, stattdessen spielte Foles durchgehend auf einem niedrigen Level.

Lange Rede, kurzer Sinn: Trubisky gibt den Bears eine bessere Chance als Foles und er ist mit seiner Mobilität zumindest ein wenig ein X-Faktor - aber von was reden wir hier? Ich könnte an dieser Stelle nochmal auf meine Bears-Gesamtbetrachtung von vor vier Wochen verweisen, aber im Kern ist es so: Chicago ist im perspektivischen Niemandsland und muss eigentlich einen tiefgreifenden Umbruch durchführen.

Man hat enorme Ressourcen in die Defense investiert, in der Hoffnung, dass wenn man dann eine auch nur solide Offense bekommt, das Titelfenster mit Trubisky aufgeht. Das war eine Fehleinschätzung, und jetzt muss man die Scherben aufräumen.

Nur müssten sich die Verantwortlichen in Chicago derart gravierend eigene Fehler eingestehen und nach einer enttäuschenden Saison 2019 und einer enttäuschenden Saison 2020 eine rein sportlich noch deutlich enttäuschendere Saison 2021 in Kauf nehmen, dass sie diesen Schritt vermutlich nicht im Amt überstehen würden. Chicago müsste eigentlich mit neuem GM und neuem Head Coach den Neustart angehen.

Und die Packers? Auch hier muss man nicht allzu viel sagen. Aaron Rodgers spielte eine unfassbar effiziente Partie, die Play Designs von LaFleur greifen weiter, und wenn Green Bay dann noch den Ball laufen kann, ist es schwer, diese Offense zu stoppen. Dass Akiem Hicks aufseiten der Bears fehlte, half dabei fraglos. Trotzdem war das - und hier kann man den Bogen zu den Chiefs-Bucs-Takeaways schlagen - eine gute Erinnerung daran, dass eine Top-Defense gegen eine Top-Offense ziemlich chancenlos aussehen kann, wenn das Matchup unvorteilhaft ist. Green Bay ist zweifellos einer der zwei, drei Top-Contender in der NFC.

7. Wer sind die Raiders wirklich?

Gerade, als man dachte, dass man die Raiders halbwegs greifen kann, kam dieser Auftritt gegen Atlanta. Eine 6:43-Pleite, und in allererster Linie die Erkenntnis, dass die Raiders nach einem weiteren Shootout gegen Kansas City gegen die Falcons-Secondary den Ball überhaupt nicht durch die Luft bewegen konnten.

Es war durch die Bank weg ein wahnsinnig unaufmerksamer Auftritt. Vielleicht mit dem Chiefs-Spiel noch im Hinterkopf, die Reise einmal quer über das Land, die frühe Kick-Off-Zeit und den grausamen Auftritt der Falcons gerade offensiv gegen die Saints in der Vorwoche noch vor Augen.

Doch besonders bitter aus Raiders-Sicht war, dass Atlantas Offense, angetreten ohne Julio Jones und Todd Gurley, nicht ansatzweise so gut war, wie 43 Punkte suggerieren würden. Vielmehr war Matt Ryan auch in diesem Spiel nicht sonderlich überzeugend, doch die Raiders gaben Atlanta gleich zum Start zwei Mal den Ball per Turnvover in der eigenen Hälfte, Falcons-Linebacker Deion Jones trug einen üblen Fehlwurf von Derek Carr über die Mitte in den Rücken seines Receivers zum Touchdown zurück und zwei weitere Fumbles in der zweiten Hälfte führten direkt zu zehn weiteren Falcons-Punkten. Selbstverschuldete Fehler waren die Geschichte am Sonntag.

Überbewerten sollte man diese Partie nicht. Vielleicht war es in der Gesamtbetrachtung wirklich eine Art Trap Game für die Raiders, und gut genug, um so ein Spiel "im Vorbeigehen" zu gewinnen, sind sie definitiv nicht. Las Vegas sollte weiterhin auf Playoff-Kurs bleiben und kann da auch ein überaus unangenehmer Gegner werden. Carr und Co. können schon in der kommenden Woche bei den Jets die Wahrnehmung wieder geraderücken - ein weiterer Ausrutscher ist jetzt aber verboten, und nach diesem Auftritt in Atlanta sollte es so etwas wie ein Trap Game für die Raiders auch nicht mehr geben.

8. Die Vikings und der bittersüße Ausblick

Minnesota gegen Carolina war das erwartet unterhaltsame Spiel, am Ende steht wieder diese positive Erkenntnis zu den Vikings: Diese Offense entwickelt sich. Minnesota war nach zwei direkt aufeinanderfolgenden (!) Fumble-Return-Touchdowns gegen sich zu Beginn der zweiten Halbzeit in einem 21:10-Loch. Beide Returns kamen von Jeremy Chinn, dieses Kunststück innerhalb eines Spiels hatte seit Fred Evans (Bears) 1948 kein Verteidiger mehr geschafft.

Ohne die Möglichkeit, über das Run Game ins Spiel zu kommen, war es am Ende ein weiterer starker Auftritt von Kirk Cousins, der selbst ohne Adam Thielen diese zweite Hälfte dominierte. Was kann für diese Offense noch möglich sein? Wie gefährlich könnte Minnesota schon mit Blick auf die kommende Saison sein?

Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Der Punt bei Vierter-und-Eins kurz vor der 50-Yard-Line unmittelbar nach dem zweiten Fumble-Return war komplett absurd, und generell werden Vikings-Fans sich fragen, wie intensiv Zimmer und Kubiak Woche für Woche am Run Game festhalten, wenn es nicht klappt. Aber die Entwicklung gerade bei Cousins, generell aber bei der Passing-Offense, fällt aktuell Woche für Woche auf.

9. Lions entlassen Matt Patricia

Nicht direkt eine Storyline vom Sonntag, eher ein Nachbeben noch von Thanksgiving: Die Texans schlugen Detroit an Thanksgiving nicht nur, sie führten sie phasenweise vor. In Detroit. An Thanksgiving, der Tag, der Football-technisch fest mit den Lions verbunden ist. Nicht selten ist es die einzige Möglichkeit innerhalb einer Saison für diese Franchise, sich auf nationaler Bühne zu präsentieren.

Auf dieser Bühne von einem Texans-Team, das selbst weit davon entfernt ist, komplett oder gar ein Schwergewicht zu sein, auseinandergenommen zu werden, war dann letztlich der Katalysator - und das ist bewusst so formuliert: Dass Patricias Amtszeit spätestens Anfang Januar endet, dürfte kaum noch ernsthaft zur Diskussion gestanden haben. Patricia hatte stets betont, dass er ein Team mit vielen Baustellen übernommen hatte - dieses Baustellen-Team hat unter Jim Caldwell allerdings stets signifikant besser funktioniert, und all das, was Patricia installieren und umbauen wollte, trägt auch kurz vor Ende des dritten Jahres viel zu wenige Früchte. Und dann läuft die Zeit schlicht ab.

Wie geht es jetzt weiter in Detroit? In gewisser Weise sind die Lions eine Art "Falcons Light", was den Umbruch angeht. Detroit könnte ebenfalls den radikalen Cut angehen, inklusive Stafford, und müsste weniger Dead Cap schlucken als die Falcons in einem vergleichbaren Szenario. Wie gravierend der Umbruch wird, hängt maßgeblich davon ab, wie Detroit seine Führungsriege jetzt neu besetzt und in wie weit diese mit dem für Patricia zusammengestellten Gerüst auch rein schematisch weitermachen will.

Zumindest sollten alle Szenarien jetzt auf dem Tisch sein, um die Lions endlich in neue Fahrwasser zu bringen.

10. Der Rest aus dem Notizblock

  • Die Cleveland Browns stehen 8-3 und sind fest auf Playoff-Kurs. Gegen Jacksonville und Mike Glennon entging man aber nur haarscharf einer möglichen Blamage, Baker Mayfield warf einen Katastrophen-Pass Richtung Endzone (er wurde dann im Laufe des Spiels deutlich besser, einer seiner besseren Auftritte insgesamt) und die Defense ohne Garrett und Ward war konstant anfällig. Der Takeaway: Cleveland könnte durchaus ein Playoff-Team sein. Aber Mayfield zu vertrauen ist nach wie vor schwer, und die Defense steht auf wackligen Füßen. Wo geht es langfristig für die Browns hin? Die Mayfield-Frage wird langsam kritisch.
  • Die Jets-Offense sieht mit Joe Flacco besser aus als mit Sam Darnold, und wie viel mehr muss man hier noch sagen? Darnold hatte bei seinem Comeback gegen Miami eine furchtbare Interception früh im dritten Viertel, spät im Down in die Coverage. Das Play-Calling - angeblich wieder in der Kontrolle von Adam Gase, auch wenn der das nach dem Spiel mit merkwürdigen Ausflüchten bestritt - war abstrus intensiv über Frank Gore aufgebaut. All das stimmt, aber Darnold hatte sein Receiver-Trio zusammen, Miami rannte keineswegs schnell mit einer deutlichen Führung davon, und ja, die Dolphins-Defense kann unangenehm sein. Aber um auch nur in Erwägung zu ziehen, mit dem mutmaßlichen Nummer-1-Pick im kommenden Draft keinen Quarterback zu draften, müsste Darnold Flacco signifikant in den Schatten stellen und noch mehrere Stufen darüber gehen. Für den Moment muss er zeigen, ob er Ersteres überhaupt schafft.
  • Es ist und bleibt eine wöchentliche Frage: Was fängt man nur mit der NFC East an? Nachdem Washington die Cowboys an Thanksgiving böse vermöbelte, zogen die Giants gegen Cincinnati zwar nach - überzeugend war dieser Sieg allerdings nicht. Nach dem ersten Drive ging offensiv überhaupt nichts mehr, Daniel Jones musste zwischenzeitlich angeschlagen raus, Engram hatte einen Fumble und Jones selbst neben einiger sehenswerter Pässe auch zumindest einmal ziemliches Interception-Glück. Immerhin die Defense machte ihre Sache ordentlich gegen die dezimierte Bengals-Offense. Aber reicht eine halbwegs solide Base-Line am Ende für die Division? Oder schiebt sich Washington gerade in die Favoritenrolle?
  • Es wird immer schwieriger, für Anthony Lynn als Head Coach der Chargers zu argumentieren. L.A. könnte mit Justin Herbert in den kommenden zwei, drei Jahren auf den ganz großen Wurf gehen - ist Lynn dafür der richtige Coach? Das In-Game-Coaching bleibt Woche für Woche ein Abenteuer, nett formuliert. Die Sequenz vor der Halbzeitpause war dieses Mal der größte Moment zum Kopfschütteln. Neben dem Punt kurz vor Schluss. Neben den Runs ohne Timeouts am Ende. Doch auch das offensive Play-Calling hat jede Menge Defizite, und defensiv leben die Chargers dieses Jahr von individueller Klasse. Die Chargers müssten besser als 3-8 stehen, und natürlich war da auch einiges an Pech dabei. Aber nicht jedes Spiel, das eng verloren wird, ist einfach nur Pech, und die Fehleranalyse wird bei Lynn anfangen müssen.
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