NFL

Chubb, Drake und ein Rookie: Welche Running Backs haben 2020 die beste Situation?

SPOX blickt auf die Running Backs mit der besten Ausgangslage vor der kommenden Saison.
© imago images/Steve Nurenberg/Kevin Abele
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Austin Ekeler, Los Angeles Chargers

Ähnlich wie man bei Nick Chubb argumentieren kann, dass er der beste Runner der Liga aktuell ist, kann man bei Ekeler die These aufstellen, dass er der beste Receiving-Back in der NFL ist.

Über die ersten vier Saisonspiele stand Ekeler letztes Jahr ein Mal für 47 sowie drei Mal für 48 Snaps auf dem Feld. Diese Marke knackte er im weiteren Saisonverlauf nie wieder. Dann nämlich verlor er Snaps an Melvin Gordon, der seinen Holdout erfolglos beendet hatte und schließlich doch zurückkehrte. Jetzt ist Gordon weg, einen klaren Ersatz haben die Chargers nicht verpflichtet und Ekeler scheint zurück in der Pole Position im Backfield in L.A.

Dabei wird er weiter kein Back sein, der pro Woche 20, 25 Mal den Ball läuft - das war er selbst vor Gordons Rückkehr in der vergangenen Saison nicht. Doch bei einer Aufgabenteilung mit Justin Jackson und Viertrunden-Pick Joshua Kelley dürfte die Verteilung der Snaps anders aussehen und sowohl Tyrod Taylor, als auch Justin Herbert könnten die "sichere" Option im Passspiel häufig suchen.

Ansonsten ist die Quarterback-Situation nach Philip Rivers zunächst einmal ein Downgrade und auch die Offensive Line gibt nur bedingt Grund für Optimismus. Doch Ekeler ist de facto der Nummer-3-Receiver in dieser Offense, die nach Keenan Allen und Mike Williams große Fragezeichen im Wide Receiver Corps hat - und die Quarterback-Umstellung könnte auch positive Nebeneffekte haben: Eine Offense, die mehr auf Option-Plays setzt und den Quarterback ins Run Game einbezieht, hat eher eine Chance, dem Running Back zusätzliche Räume zu öffnen.

Clyde Edwards-Helaire, Kansas City Chiefs

Der einzige Rookie in dieser Liste; doch einen besseren Platz für einen Rookie-Running-Back als die Kansas City Chiefs gibt es kaum.

Die Chiefs haben eine gute Offensive Line, sie haben den besten Quarterback der Liga, die gefährlichste Passing-Offense der Liga, ein exzellentes Waffenarsenal - das einzige Element, das noch merklich ausbaufähig ist, ist eine Receiving-Matchup-Waffe aus dem Backfield. Genau das ist Edwards-Helaire, genau diese Rolle hatte er auch in der LSU-Offense letztes Jahr.

Damien Williams lief letztes Jahr 8,1 Prozent seiner Runs gegen acht oder mehr Verteidiger in der Box, LeSean McCoy bei 10,8 Prozent seiner Runs - beides ligaweite Top-10-Werte. Die Chiefs ziehen Defenses in die Breite und jede Defense wird gegen Kansas City das Passspiel priorisieren. Edwards-Helaire sollte also einerseits als Runner viele offene Räume vorfinden, während er gleichzeitig als Receiver eine Matchup-Problematik für gegnerische Linebacker bedeutet - weil Defenses die Wide Receiver und Tight Ends beachten müssen.

Das einzige Fragezeichen für Edwards-Helaire lautet Damien Williams. Der spielte eine gute Vorsaison und glänzte insbesondere in den Playoffs. Womöglich wird es einige Spiele dauern, ehe die Aufteilung mehr in die Richtung des Rookies kippt, doch hier müssen die Ressourcen bedacht werden: Kansas City hat gerade einen Erstrunden-Pick in Edwards-Helaire investiert und Running Backs sind nicht die Spielertypen, die man über mehrere Jahre heranführt. Hier gilt es, den Rookie-Vertrag über die volle Zeit auszunutzen.

Miles Sanders, Philadelphia Eagles

Es dauerte im Vorjahr bis ins letzte Saison-Drittel, ehe Sanders regelmäßig über 13 Runs pro Spiel erhielt, da das geteilte Backfield mit Jordan Howard - verletzungsbedingt - endete. Howard ist jetzt in Miami und während andere Teams mit Running-Back-Picks im Draft überrascht und so, wie etwa die Colts, Bills, Ravens oder Packers ein internes Backfield-Duell kreiert haben, taten die Eagles nichts dergleichen.

Vorjahres-Late-Season-Held Boston Scott ist die einzige echte Alternative hinter Sanders und Scott ist mehr eine Ergänzung als ein Spieler, der ein Backfield anführt. Sanders derweil zeigte als Rookie nicht nur seine Athletik als Runner, er war auch eine Waffe als Receiver, wo er keineswegs nur kurze Dump-Offs oder Screens fing, sondern sich auch im Slot und Outside aufstellte und mit einer durchschnittlichen Target-Tiefe von zwei Yards McCaffrey (0,7), Ekeler (1,3), Kamara (0,4) oder auch Dalvin Cook (-1,5) teilweise deutlich hinter sich ließ.

Die Offensive Line ohne den verletzten Brandon Brooks und ohne Jason Peters könnte einen Schritt zurück machen, die Qualität insgesamt ist aber noch immer sehr gut. Vor allem jedoch sollte die Offense wieder deutlich gefährlicher sein, mit einem fitteren Receiving Corps und insbesondere mehr Speed Outside, um Defenses vertikal attackieren zu können. Das passt nicht nur besser zu den Stärken von Quarterback Carson Wentz, es sollte auch Räume Underneath und Räume für das Run Game öffnen, sowie in der Summe eine exzellente Situation für einen explosiven, vielseitigen Back mit klarer Starting-Rolle kreieren.

Die Fragezeichen: Was wird aus Barkley, Henry, Bell und Zeke?

Zurück zur Eingangsthese. Wie abhängig Running Backs letztlich von den Umständen um sich herum sind, haben die vergangenen Jahre deutlich gezeigt. Gerade auch in der vermeintlichen Top-Riege der Position. Ein Todd Gurley - bevor die Knieprobleme ein zunehmend großes Thema wurden - wäre ein Beispiel: Kopflos und ineffizient unter Jeff Fisher, ein Superstar unter Sean McVay. David Johnson wurde in Arizona vom gefeierten Star zum Trade-Kandidaten und schließlich nach Houston verschifft.

Selbst eine Erfolgsstory aus der vergangenen Saison geht in diese Richtung. Das starke Jahr der Tennessee Titans kam nicht durch Derrick Henry, der das Team auch nicht trug. Henry ist ein exzellenter Contact-Runner und der aktuell physischste Back der Liga - einen echten Impact aber hatte er erst, nachdem Ryan Tannehill für Marcus Mariota übernahm, die Offense öffnete, eine spektakuläre Saison gerade im vertikalen Passspiel hinlegte und Henry plötzlich hinter einer dann auch verbesserten Offensive Line ganz andere Möglichkeiten bekam. Ereilt Tannehill eine zu erwartende Regression und bedenkt man den Abgang von Jack Conklin, könnte Henrys Lage sich in der kommenden Saison wieder deutlich schwieriger gestalten.

In die Argumentation passt auch Le'Veon Bell. Bell war in Pittsburgh ein Megastar, wo er hinter einer herausragenden Offensive Line mit seinem geduldigen Stil punkten konnte. Dann ging er zu den Jets, die ihn teuer bezahlten - und hinter einer schwachen Line mit einer inkonstanten Passing-Offense funktionierte sein Stil nicht. Bell wollte kreieren und im Backfield tänzeln - seine 4,48 gelaufenen Yards pro Yard Raumgewinn waren gemäß Next Gen Stats der ligaweit zweithöchste Wert.

Doch wo sich bei den Steelers einst dann irgendwann Räume öffneten, kamen bei den Jets eher mehr Verteidiger ins Backfield. Er passte nicht zu den Umständen, er passte nicht zu den Play-Designs von Coach Adam Gase, er profitierte nicht von einem gefährlichen Passspiel um ihn herum und hatte so eine maßlos enttäuschende Saison.

Bei Bell, genau wie bei Giants-Star Saquon Barkley, sollte sich die jeweilige Offensive Line in dieser Offseason zumindest im Run-Blocking verbessert haben. Fragezeichen bleiben aber in puncto Play-Calling, Qualität der Quarterbacks und Qualität des Passspiels insgesamt, genau wie Zweifel hinsichtlich der Frage, ob beide Backs gerade im Passspiel wirklich ideal gemäß ihrer Stärken eingesetzt werden.

Ein anderer Punkt, der beide Backs eint: Sie könnten zu häufig die Aufgabe aufgeladen bekommen, die Offense maßgeblich zu tragen. Sofern das nicht in Kombination mit einem zumindest gefährlichen Passing Game sowie einer guten Defense passiert, sind die Erfolgsaussichten gering.

Für Ezekiel Elliott, seines Zeichens Inhaber des teuersten Running-Back-Vertrags aller Zeiten, ist die Lage etwas anders. Er hat eine gute Offensive Line vor sich, auch ohne Travis Frederick. Er spielt neben einem guten Quarterback und in einer gefährlichen Passing-Offense. In der vergangenen Regular Season lief dennoch nur Derrick Henry (303 Runs) häufiger als Elliott (301) und man muss die Frage stellen: Wäre Dallas nicht deutlich besser dran, trotz des großen Vertrags, den man Elliott gegeben hat, wenn Elliott mehr in die Komplementär-Rolle rutschen und das Passspiel endgültig das Ruder übernehmen würde?

Die Cowboys scheinen dafür personell zunehmend besser gerüstet, und Elliott könnte dann in einer kleineren Rolle auch wieder deutlich effektiver agieren. Gleichzeitig natürlich wäre das wiederum auch nicht gerade das beste Argument für den nächsten Running Back auf der Suche nach einem guten Vertrag.

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