NFL

Free Agency 2012: Wie Peyton Manning sich für die Denver Broncos entschied

Von Jan Dafeld
Peyton Manning (r.) wurde von John Elway (l.) zu den Denver Broncos geholt.
© getty
Cookie-Einstellungen


Die Broncos hatten von Beginn zu den Favoriten auf die Verpflichtung des späteren Hall of Famers gezählt. Sie waren das erste Team, mit dem sich Manning getroffen hatte.

Denver spielte in der AFC, nicht in der Conference von Eli, Mannings kleinem Bruder bei den New York Giants. Zudem war die AFC West eine schlagbare Division, ohne Tom Brady und ohne die Schwergewichte aus Baltimore und Pittsburgh. Mit Demaryius Thomas und Eric Decker warteten außerdem gleich zwei junge, hochtalentierte Receiver auf ihre Breakout-Saison und einen Passer vom Kaliber Mannings, die Defense verfügte mit Von Miller, Champ Bailey und Elvis Dumervil über die Bausteine, um eine starke Unit formen zu können.

Bei den Broncos hatte sich Manning, der stets praktisch als sein eigener Offensive Coordinator fungierte, obendrein nicht in ein bestimmtes offensives System einzuordnen. Der Fokus von Denvers Head Coach John Fox lag auf der Defense, zudem hatte das Team erst im Vorjahr, in dem der talentierte Runner aber äußerst limitierte Passer Tim Tebow als Starting Quarterback übernommen hatte, gezeigt, dass es in der Lage war, seine Offense kurzfristig radikal zu verändern.

Doch es gab auch Punkte, die gegen Denver ausgelegt werden konnten - einer Tatsache, der sich das Team selbst bewusst war und die es daher selbst offensiv anging. "Ist dir bewusst, dass die Broncos bislang 519 Heimspiele absolviert haben und die durchschnittliche Temperatur dabei 15,5 Grad betragen hat?", fragte Fox Manning laut der Sports Illustrated bei ihrem Treffen.

Der Quarterback, der seine Heimspiele 14 Jahre lang in einem geschlossenen Dome ausgetragen hatte, sollte das Gefühl bekommen, dass die äußeren Umstände in der Mile High City für ihn keine allzu große Umstellung bedeuten würden.

"In deinen 14 Jahren in Indianapolis haben die Colts durchschnittlich 26 Punkte pro Spiel erzielt", fuhr Fox fort. "In meinen 10 Jahren als Head Coach der Panthers und der Broncos hatten wir eine Bilanz von 39:3, wenn wir mindestens 26 Punkte erzielt haben." Manning sollte versichert werden: Die Defense würde nicht das Problem sein, sofern er sich für die Broncos als sein neues Team entscheiden würde.

Denver Broncos: John Elway als entscheidender Trumpf

Doch Denvers größter - und am Ende vermutlich tatsächlich entscheidender - Trumpf war ein anderer: John Elway.

Auch Elway war zu seiner aktiven Zeit der vielleicht beste Quarterback seiner Ära gewesen, genau wie Manning. Doch erst im Alter von 37 Jahren, als seine besten Tage eigentlich bereits hinter ihm lagen, hatte Denvers heutiger GM erstmals den Super Bowl gewonnen. Ein Jahr später, im letzten Jahr vor seinem Karriereende, gelang Elway dieses Kunststück zum zweiten Mal. Genau wie Manning es sich wohl ebenfalls erträumte.

Elway sollte Manning davon überzeugen, dass er in Denver die gleichen Erfolge würde feiern können, wie er etwa eine Dekade zuvor vermocht hatte. Von Quarterback zu Quarterback. Hall of Famer zu Hall of Famer. Allein: Elway leistete keine Überzeugungsarbeit.

"Du musst dich wie nach einem Schlag in die Magengrube fühlen", zeigte er sich bei seinem Treffen mit Manning mitfühlend. "Nimm dir Zeit. Überlege es dir gründlich. Triff die richtige Entscheidung, egal ob wir es sind oder jemand anders."

Elway versuchte sich vorzustellen, wie es gewesen wäre, wenn er nach 13 oder 14 Jahren von den Broncos entlassen worden wäre. "Setz ihn nicht unter Druck. Lass die Organisation für sich selbst sprechen", erklärte Elway sein Vorgehen gegenüber SI. "Ich habe ihm gesagt, so sehr ich ihn für die Broncos spielen sehen wollte, es wäre dumm, wenn wir ihn dazu drängen würden und es dann nicht passt."

Peyton Manning: Entscheidung für die Broncos

Was überzeugte Manning letztlich? War es Fox, der jahrelange Überzeungungs-Erfahrung als Head Coach am College mitbrachte? War es das talentierte und gut zusammengestellte Team? Oder war es tatsächlich Elway mit seinem Ansatz aus Mitgefühl und Verständnis? "Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe ihn nie gefragt", erklärte Elway anschließend. "Ich habe ihn nie gefragt, wer noch in Frage kam oder wie seine Reihenfolge war. Ich weiß nur, wie ich hätte behandelt werden wollen, wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre. Und genau so habe ich ihn behandelt."

Tatsächlich hatte Manning seine Optionen nach seinen Treffen mit all den Teams auf drei reduziert: Denver, Arizona und Tennessee. Der ehemalige Head Coach Tony Dungy erinnerte sich, dass Manning ihn angerufen und um Rat gebeten habe. Doch Dungy spürte, dass der 36-Jährige sich bereits für die Broncos entschieden hatte. "Er hatte ein gutes Gefühl mit Elway, mit Bowlen (dem Besitzer der Broncos, Anm. d. Red.), mit Fox und mit dem Offensive Coordinator", so Dungy zu SI. "Ich glaube er wollte nur noch Bestätigung, dass er keinen Fehler machte."

Einen Tag nachdem Manning seine Entscheidung getroffen hatte, informierte er die Teams. Bei jeder Franchise rief der Quarterback persönlich an. "Ich hätte mir vor Freude beinahe beide Oberschenkel gezerrt", schilderte Fox den Moment, in dem Elway, mit dem Telefon am Ohr, seinen rechten Daumen in die Höhe reckte.Tatsächlich war es eine Entscheidung, die Manning unabhängig von finanziellen Aspekten fällte, gewesen.

Der 36-Jährige wies seinen Agenten erst nachdem er dem Team bereits mitgeteilt hatte, dass er sich für Denver entschieden hatte, an, Vertragsverhandlungen mit den Broncos aufzunehmen. Nur wenig später unterschrieb Manning einen Fünfjahresvertrag über 95 Millionen Dollar bei den Broncos. Tebow, der bisherige Starter, wurde im Tausch für nur zwei späte Draft-Picks an die New York Jets abgegeben.

In Denver lief Manning tatsächlich nochmal zur Höchstform auf. Vier Mal in Serie zog das Team in die Playoffs ein, 2013 spielte er mit fast 5500 Passing Yards und 55 Passing Touchdowns eine Saison für die Geschichtsbücher. 2015 krönte er sich schließlich zum zweiten Mal zum Super-Bowl-Champion.

Manning schloss seine Karriere somit tatsächlich mit dem zweiten Titel ab, genau wie ein anderer Broncos-Quarterback mehr als 15 Jahre zuvor - John Elway.

Inhalt:
Artikel und Videos zum Thema