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Third and Long Week 4: Browns sind zurück - Detroits Defense beeindruckt

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt in seiner wöchentlichen Kolumne zurück auf Woche 4 in der NFL.
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Ravens, Falcons, Giants, Vikings - eure Fragen

nnb: Wo stehen die Ravens nach 4 Wochen?

Eine Frage, auf die man detaillierter antworten muss. Die Ravens haben noch immer ein sehr gutes Run Game, eine der besten Offensive Lines der Liga und den explosivsten Runner auf der Quarterback-Position, den wir derzeit in der NFL haben.

Das gibt Baltimore schon einmal eine gewisse Base-Line. Die Frage ist dann, wie weit geht es nach oben? Und das hängt davon ab, wie konstant Lamar Jackson als Passer spielen kann. Ich habe meine Draft-Evaluierung noch einmal angeschaut, und im Prinzip hatte ich damals die gleiche Frage gestellt: Teilweise spektakulär, teilweise komplett daneben als Passer - wie konstant kann er als Passer werden?

Dass das herausragende Spiel gegen die Dolphins direkt zum Auftakt kam, zieht diesen "Week-1-Effekt" nach sich. Heißt: Was ein Team oder ein Spieler im ersten Spiel zeigt, setzt sich viel mehr in den Köpfen von uns allen fest als, was in Woche 2 passiert. Obwohl es natürlich beides nur je ein Spiel ist und an sich gleichermaßen in die Bewertung einfließen sollte.

Jackson war in Woche 1 herausragend und in Woche 2 noch immer sehr gut, gefolgt von einem ganz schwachen Spiel - rein auf das Passspiel bezogen - in Kansas City und jetzt einem von Fehlern geprägten Spiel gegen die Browns. Wenn Jackson im Endeffekt dieser Passer ist, also inkonstant mit enormen Ausschlägen nach oben, aber auch immer wieder Durchhängern nach unten, wird es generell schwer sein, die Ravens zu prognostizieren.

Dann nämlich hängt es davon ab, wann er heiß läuft und wann er einen schlechten Tag oder eine schlechte Phase in einem Spiel hat. Für mehr Stabilität würde es dabei sorgen, wenn sich die Pass-Defense fangen und nicht mehr durch Coverage-Probleme auffallen würde. Insbesondere die Kommunikation zwischen Cornerbacks und Safeties muss wieder viel besser werden.

Unter dem Strich stehen die Ravens aktuell irgendwo im oberen Liga-Drittel - nicht mehr und nicht weniger. Um in die Top-8 oder gar den engsten Contender-Kreis zu klettern, müssen das Passspiel konstanter und die Defense weniger fehlerhaft werden. Für beides gibt es natürlich keinerlei Garantie.

Burton77767: Woran liegt es, dass Minnesota so gar nichts zusammen bekommt?

Man muss immer und immer wieder beim gleichen Thema anfangen, wenn es um die Vikings geht: Mit dieser Offensive Line, gepaart mit diesem offensiven Ansatz, ist Minnesota nicht mehr als bestenfalls ein Playoff-Kandidat.

Wir hatten das Thema bereits letztes Jahr, als Kirk Cousins am Anfang der Saison einige gute Spiele trotz permanentem Pressure ablieferte - und man warnen musste, dass das so nicht konservierbar ist. Jetzt war die Hoffnung, dass die Protection mit einigen Upgrades besser funktioniert; bisher ist das absolut nicht der Fall.

Dabei wird jetzt in dieser Saison die Problematik in ihrem ganzen Extrem deutlich: Wenn Cousins Spiele unter konstantem Druck spielen muss, sieht man das, was man im Moment sieht. Eine Offense, der die Explosivität im Passspiel weitestgehend komplett fehlt, in der Cousins hektisch den Dumpoff-Pass sucht - und dabei noch den Ball viel zu lange hält - und die eben nur funktioniert, wenn das Run Game komplett dominiert.

Das ist in keiner Hinsicht die Formel, um 2019 offensiv zu gewinnen. Der grundsätzliche offensive Ansatz in Minnesota mit dem Fokus auf das Run Game ist ohnehin schon schwierig, dazu fehlt dann, und das macht es zu einem echten Problem, ein funktionierender Plan B, auf den man notfalls zurückgreifen kann, genau wie die Offensive Line, um so auch bessere Gegner bezwingen zu können.

Und dann kommen eben individuelle Fehler dazu. Einmal sind es Drops, dann sind es Coverage-Fehler und der Game Plan scheint komplett eindimensional und klammert sich daran, früher oder später ein effizientes Run Game aufziehen zu können.

Die Defense ist sicher nicht auf dem Level von vor zwei Jahren, aber sie ist immer noch gut genug. Von der Vikings-Offense dagegen lässt sich das nicht behaupten, und ehrlicherweise ist es schwer, eine wirkliche Besserung zu prognostizieren. Die wird nur kommen, wenn die Pass-Protection besser wird, ansonsten wird es auch von Cousins keinen signifikanten und vor allem konstanten Leistungssprung geben.

In der Summe führt das - dazu in der nächsten Frage mehr - zu finsteren Saison-Aussichten für Minnesota.

SvenSchüler: Wie schätzt du die Kräfteverhältnisse in der NFC North aktuell ein? Sind die Lions tatsächlich ein Mitfavorit auf den Division-Sieg?

Bleiben wir in der NFC North und gewissermaßen auch bei den Vikings. Die Lions sind für mich eine der größten Positiv-Überraschungen aus dem ersten Saisonviertel, und inzwischen muss man das auch ernst nehmen. Stafford spielt gut, die Offense ist explosiv und die Defense ist extrem unangenehm.

Die Bears haben noch immer eine herausragende Defense und stehen hier für mich nach New England ligaweit auf dem zweiten Rang, da ist die Offense natürlich ein erhebliches Fragezeichen. Unabhängig davon, wie lange Trubisky jetzt ausfällt. Die Packers-Defense hat das Potenzial für die Top-10, die Offense zeigt zumindest positive Tendenzen - und hat den einzigen Quarterback in der Division, der ein Spiel wirklich komplett an sich reißen und dominieren kann.

Was bedeutet das alles? Im Moment sehe ich die Vikings auf dem letzten Platz in der NFC North. Dann die Bears, die eben mit ihrer Defense immer noch Spiele gewinnen können, aber mehr von ihrer Offense brauchen, und die Lions grob auf Augenhöhe, mit den Packers vielleicht einen Schritt davor. Die Bears, Lions und Packers letztlich aber im gleichen Dunstkreis.

Einen Favoriten gibt es da für mich nicht. Oder anders gesagt: Zumindest die Lions, Bears und Packers würde ich aktuell alle als Mitfavoriten bezeichnen. Die Vikings sehe ich einen halben Schritt dahinter.

Jörg Walhorn, CharlesMundi: Sind die Giants Playoff-ready mit Daniel Jones, oder bin ich gerade nur zu gehyped? Wohin geht es für die Giants mit steigender Formkurve?

Von den Playoffs ist New York schon noch ein gutes Stück entfernt. Daniel Jones hatte einen vielversprechenden Auftakt in Tampa Bay, keine Frage - für die genauere Analyse verweise ich da auf die Kolumne letzte Woche.

Aber seine Spielweise ist und bleibt riskant, daran wird sich auch nichts ändern, das ist sein Stil. Er hält den Ball lange in der Pocket und ist gleichzeitig nicht gut, was sein Gefühl für den Pass-Rush angeht, was für Fumbles sorgt. Read-Probleme sind zu erwarten, zusätzlich wird er auch immer wieder Pässe in enge Fenster zwingen.

Gegen Washington hätte er mehr als die beiden Picks haben können, und ein vertikales Passspiel war de facto nicht existent und führte zu Turnovern.

Die Prüfungen werden über die nächsten Wochen fraglos schwieriger mit den Vikings und den Patriots. Dann sollten wir schon mehr wissen. Der Auftakt für Jones war vielversprechend, auch wenn es gegen zwei Defenses ging, die seine Fehler nicht so bestraft und seine Schwachstellen nicht so ausgenutzt haben, wie andere Teams das machen werden. New York ist für mich dieses Jahr ein potenzielles Sechs-Siege-Team.

Florentin Bomhoff: Ist McVay vom Rest der Liga entschlüsselt? Liegt es an der Defense? Der schlechten Ausführung von Goff? Oder war das heutige Spiel ein Ausrutscher?

Fairerweise muss man sagen, dass die Frage im Laufe des Spiels schon kam - die Total Stats im Passspiel gegen Tampa Bay würden ja eher nicht nahelegen, dass die Offense ein Problem hat.

Warum habe ich die Frage trotzdem mit rein genommen? Weil ich denke, dass die Offense sehr wohl Probleme hat und uns dieses Thema weiterhin begleiten wird. Sicher, die Offensive Line erlebt den Rückschritt, den man zu einem gewissen Grad erwarten musste, und darunter leidet Goff.

Was wir aber auch sehen, ist zumindest teilweise tatsächlich eine Entschlüsselung. Teams verteidigen das Run Game der Rams immer häufiger mit einer 6-1-Front - also sechs Spieler an der Line of Scrimmage mit einem Verteidiger dahinter -, um so zu verhindern, dass L.A. in seinem Outside Zone Run Game explodieren kann.

In Coverage haben Defenses nachhaltig Erfolg mit Cover-4-Varianten, was den Rams einen Teil der Explosivität im Passspiel nimmt. Das merkt man ganz konkret auch im Play Action Game, wo Goff deutlich mehr Fehler unterlaufen als letztes Jahr. Er wird noch mehr das Mid-Range-Passspiel, also etwa in der 10-20-Yard-Range hinter der Line of Scrimmage, bedienen müssen, und da gab es auch gegen Tampa einige gute Ansätze.

Generell probiert McVay ohne Frage verschiedene Dinge aus. 2-Tight-End-Formationen, deutlich mehr Spread-Sets als letztes Jahr, mehr 4-Receiver-Sets. Doch das vertikale Passspiel ist im Moment einfach nicht da.

Jared Goff ist ein hochtalentierter Passer, physisch gesprochen, und das hat einen Wert. Auch gegen die Bucs hatte er einige tolle Pässe, die längst nicht jeder Quarterback in der NFL so anbringt. Die Rams sind gleichzeitig schematisch nicht so dominant wie letztes Jahr; das konnte man auch kaum erwarten, wir sehen aber jetzt auch, dass Goff Probleme damit hat, darüber hinaus Offense zu kreieren.

Aber wir sehen immer noch gutes Play-Calling und gute Play-Designs; die spannende Frage wird sein, ob Goff im Laufe der Saison mehr individuell betrachtet leisten kann. Das können Plays außerhalb der Struktur sein, es kann auch bedeuten, dass er in diesem neuen Rhythmus der Offense besser zurechtkommt und konstanter spielt. Zumindest Letzteres traue ich ihm definitiv zu.

Higgens64, Marcel Schmidt, KO26: Wird es in Atlanta noch in der Saison einen Head-Coach-Wechsel geben? Wie könnte man die Falcons wieder in die richtige Spur bringen? Quo vadis, Atlanta?

Ob es während der Saison passiert, ist natürlich schwer absehbar - aber dass hier ein Trainerstab am letzten Strohhalm hängt, dafür muss man kein Hellseher sein. Dan Quinn ist All-In auf sich selbst gegangen, indem er den Posten des Defensive Coordinators übernommen hat, doch auch in diesem Jahr haben die Falcons mal wieder nicht ansatzweise eine Top-10-Defense. Eigentlich sein Steckenpferd.

Offensiv hofften Quinn und die Falcons, dass man mit der Rückkehr von Dirk Koetter schnell eine bessere Offense aufs Feld führen kann, nachdem seit dem Abschied von Kyle Shanahan hier eine Art Identitätssuche stattfindet. Koetter hatte bereits vor einigen Jahren mit Ryan zusammengearbeitet, dieses Übergangsjahr, das nicht nur, aber insbesondere Ryan gerne mal mit einem neuen Coordinator hat, sollte so möglichst eingedämmt werden.

Das ist in der Theorie schön und gut, doch wenn besagte Offense schematisch nicht funktioniert, bringt das alles nichts. Und da sehen wir bisher die Effekte, von denen Buccaneers-Fans ebenfalls ein Lied singen können: viele riskante vertikale Pässe in enge Fenster, der Quarterback muss oft den Ball lange in der Pocket halten, und in der Summe, umso mehr mit einer wackligen Offensive Line, führt das zu einem drastischen Anstieg was die Turnover angeht.

Für mich sehen die Falcons Stand heute wie ein heißer Kandidat auf eine Generalüberholung im Trainerstab aus, spätestens nach der Saison. Die erfolgreichste Zeit von Quinn in Atlanta ging ganz konkret auf Kyle Shanahan zurück und obwohl immer wieder Ressourcen in die Defense gesteckt wurden und es durchaus individuelle Qualität (Trufant, Jarrett, Jones u.a.) gibt, bleibt die Entwicklung der Defense insgesamt aus. Und das ist kein gutes Zeichen für die Zukunft von Dan Quinn bei den Falcons.

Hans Wuast: Glaubst du, dass Brees nach seiner Zwangspause in möglichen Playoffs groß aufgeigt? Letzte Saison ging ihm ja hinten raus (auf hohem Niveau) die Luft aus.

Daran musste ich auch schon denken. Wenn die Saints halbwegs unbeschadet aus den Spielen ohne Brees gehen - und meine Mindest-"Forderung" von drei Siegen scheint jetzt schon zu niedrig angesetzt -, dann könnte das wirklich ein Glück im Unglück sein, und sich in Brees' Spiel in der entscheidenden Phase der Saison bemerkbar machen.

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