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Running Backs, Analytics, Twitter-Streits: Was Ihr vor Saisonstart wissen müsst

Wie steht es um Analytics, das Run Game und den generellen Wissensstand vor der neuen NFL-Saison?
© getty
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4. Erkenntnis: Running Backs don't matter?

Was sagen uns all diese Erkenntnisse jetzt am Ende für die Position des Running Backs? Immer häufiger liest man in Analytics-Kreisen auf Social Media den Ausdruck "Running Backs don't matter", also die These, dass Running Backs komplett austauschbar sind. Und insbesondere die vergangene Saison war für Running-Back-Fans auch nicht einfach.

Todd Gurley dominierte bei den Rams, wurde als MVP-Kandidat ins Rennen geworfen und als Mittelpunkt der Rams-Offense bezeichnet. Dann verletzte er sich - und mit Backup C.J. Anderson lief das Run Game genauso gut wie vorher, wenn nicht sogar besser.

In Pittsburgh hatten die Steelers mit James Conner statt dem streikenden Le'Veon Bell mehr Yards pro Run und eine höhere Rushing Success Rate, während die Chiefs eine höhere Rushing Success Rate hatten, nachdem Kareem Hunt notgedrungen entlassen werden musste.

Bei den Giants derweil hatte Saquon Barkley eine fantastische Rookie-Saison mit über 90 durchbrochenen Tackling-Versuchen, 30 mehr als der Zweitplatzierte. Er machte seine Line im Run Game tatsächlich besser. Die Giants gewannen fünf Spiele. Natürlich schadet es nicht, Barkley zu haben. Die investierten Ressourcen stehen nur in keinem Verhältnis zum sportlichen Ertrag, den ein Running Back überhaupt leisten kann.

Das macht es schwer für Elliott und Gordon, wirklich Druck auf ihre Teams auszuüben. Die Cowboys haben jüngst Alfred Morris zurückgeholt, der Elliott bereits vorletztes Jahr während dessen Suspendierung vertreten hat; und sollten die Aussagen von Jerry Jones ernst gemeint sein, sind sie sich der Tatsache bewusst, dass sie eine sehr ähnliche Production zum Bruchteil des Preises erhalten können.

Die Offensive Line und die Anzahl der Verteidiger in der Box - also im Bereich direkt gegenüber der Offensive Line - sind die maßgeblich entscheidenden Faktoren dafür, ob ein Run Game funktioniert oder nicht. Ein letztes Mal kann ich dabei auf eine Arbeit von Hermsmeyer hinweisen, der Plays von 2009 bis 2018 ausgewertet hat, und herausfand, dass die Anzahl der Verteidiger in der Box sowie die Position auf dem Feld maßgeblich über Run-Erfolg entscheiden.

Running Backs matter - im Passspiel

Also sind Running Backs tatsächlich komplett austauschbar? Rein auf das Run Game betrachtet sind wir zumindest nahe dran. Barkleys absurde Anzahl an durchbrochenen Tackling-Versuchen gibt ihm einen gewissen Wert, genau wie wenn etwa Kareem Hunt im Schnitt über drei Yards nach erstem Gegnerkontakt erläuft. Doch sind die Auswirkungen daraus schlicht überschaubar.

Der Wert eines Running Backs definiert sich, wie der Wert von so vielem in der heutigen NFL, über das Passspiel. Scott Barrett von Pro Football Focus hat herausgearbeitet, dass in der vergangenen Saison unter allen Tight Ends und Running Backs mit über 60 Targets beide Positionen exakt gleich viele Yards pro gelaufener Route (1,61) geliefert haben.

Kombiniert man beide Positionen und erstellt ein EPA-Ranking, sind in der Top-8 genauso viele Tight Ends (Kelce/Platz 1, Kittle/2, Andrews/4 und Ebron/7) wie Running Backs (Kamara/3, Gurley/5, McCaffrey/6, Hunt/8). Running Backs mit einer ausgeprägten Rolle im Passspiel können genauso gefährliche Matchup-Waffen sein wie Tight Ends. Entscheidend ist, dass sie auch dementsprechend eingesetzt werden, und hier haben die allermeisten Teams noch Nachholbedarf.

Zu häufig werden Running Backs lediglich bei Screens und anderen kurzen Dumpoff-Pässen eingesetzt. Dabei gibt es genügend Beispiele - letztes Jahr etwa Tarik Cohen, Duke Johnson und James White -, die zeigen, wie wertvoll Running Backs im Passspiel auch darüber hinaus sein können.

Ausblick: Wie geht es weiter?

Wie sehen die nächsten Schritte aus? Die 2019er Saison wird unter anderem mit Blick auf die Frage, ob Coverage wichtiger als der Pass-Rush ist, spannend. Pro Football Focus arbeitet seit einer Weile an dieser These und die Indizien legen diesen Schluss durchaus nahe.

Die New England Patriots agieren defensiv bereits seit Jahren nach diesem Motto, die Baltimore Ravens fallen inzwischen ebenfalls in diese Kategorie. Flexible Fronts basierend auf einer dominanten Secondary - entwickelt sich defensiver Football dahin? Ist das die Antwort auf die Passing-Dominanz?

Weitere Aspekte betreffen etwa die Effizienz im Passing Game mit der übergeordneten Frage, wo man Defenses am besten angreifen kann. Pro-Football-Focus-Analyst Timo Riske hat hierfür gerade einen spannenden Grundstein gelegt.

Effizienter Football ist auf dem Vormarsch. Das merkt man mehr und mehr in der Art und Weise, wie über Football berichtet wird, aber vor allem auch daran, dass viele Teams immer mehr in Analytics-Bereiche investieren. Und es liegt auf der Hand, dass die Teams, die sich davor verschließen, sehr bald schon massive Nachteile haben werden.