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NFL - Die Philadelphia Eagles und Carson Wentz: Plötzlich doch ein Problem?

Von Pascal De Marco
Die Philadelphia Eagles warten sehnsüchtig auf Carson Wentz.
© getty

Die Philadelphia Eagles haben einen der am stärksten und breitesten besetzten Kader der gesamten Liga. Auf vielen Positionen können sie rotieren, eine steht dabei vor dem Auftakt gegen die Falcons aber besonders im Fokus - der Quarterback. Welchen Nick Foles bekommen wir zu Gesicht? Und ist das Team in der Lage, potentielle schwächere Auftritte des Carson-Wentz-Vertreters aufzufangen?

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Der Held des Super Bowls zeigte in der Preseason weitestgehend besorgniserregende Leistungen und sorgte für erste Fragezeichen rund um den Titelverteidiger. Die Quarterback-Situation, die einst so vielversprechend wie kaum eine andere wirkte, sieht plötzlich gar nicht mehr so rosig aus.

Hat der Mann, dessen Karriere von sportlichen Höhen und Tiefen geprägt ist wie kaum eine andere, Antworten auf Defenses, die seinen Erfolg in den Playoffs studiert haben? Kann er auch solide Leistungen abliefern, wenn die Matchups aufgrund von Verletzungen und Abgängen im eigenen Team schwieriger werden?

Jeder hat sich die beeindruckenden Auftritte von Foles während des Playoff-Runs ausgiebig zu Gemüte geführt. Ohne Frage gab es da spektakuläre Plays des Quarterbacks, die aber mindestens genauso herausragend von dem Coaching Staff um Doug Pederson, Frank Reich und John DeFilippo geplant und inszeniert wurden. Zwei davon sind nun nicht mehr an Bord.

Klar ist nur: Foles wird gegen die Falcons zum Auftakt der neuen Saison starten. Darüber hinaus ist noch alles offen.

Carson Wentz: Nur drei Quarterbacks hatten weniger Zeit

Nur drei Quarterbacks haben sich in der modernen Ära der NFL später in einer Saison als Wentz das Kreuzband gerissen und konnten dann trotzdem in der Folgesaison in Week 1 gestartet: Carson Palmer, Philip Rivers und Robert Griffin III. Palmer warf in der Folgesaison für über 4.000 Yards und 28 Touchdowns und Rivers führte die Liga in Touchdown-Pässen (34) an, Griffin aber war nie mehr derselbe.

Etwa neun bis zwölf Monate ist das Comeback-Fenster nach einem Kreuzbandriss. Der dreimonatige Spielraum am Ende ist mitunter kritisch, gerade was das Risiko der erneuten Verletzung angeht.

Wentz selbst will freilich so schnell wie möglich wieder auf den Rasen. Sollte er sich dann jedoch abermals am Knie verletzen, so würde plötzlich vieles rund um den Champion hinterfragt. Die gesamte Karriere des so talentierten Quarterbacks könnte bei einer weiteren schweren Knieverletzung in Gefahr geraten.

Geht jedoch der Auftakt ohne ihn in die Hose und die Eagles laufen bei einem ungemein schweren Auftaktprogramm (fünf der ersten acht Gegner waren 2017 Playoff-Teams) Gefahr, die Playoffs wegen schwachem Quarterback-Plays zu verpassen - wie lange dauert es dann, ehe Philly die Reißleine zieht?

"Ich fühle mich sehr gut auf dem Feld", sagte Wentz jüngst bereits selbstbewusst. "Ich habe ich noch keine Hits abbekommen. Aber wenn ich meine Teamkollegen sehe und all die Physis im Training, dann habe ich mental keine Probleme. Das bereitet mir überhaupt keine Sorgen."

Philadelphia Eagles: Receiving Corps ein Problem?

Doch ist es nicht nur die Quarterback-Position, die in Philadelphias Offense einige Sorgenfalten entstehen lässt. Da wäre etwa das Receiver-Corps, in dem Alshon Jeffery nach einer Schulter-OP vorerst noch fehlt.

Immerhin: Sowohl Tight End Zach Ertz, als auch Wide Receiver Nelson Agholor hatten 2017 mehr Receptions als Jeffery. Doch ist letzterer als Outside-X-Receiver auch schematisch wichtig. Indes plagte sich Running Back Jay Ajayi bis zuletzt seinerseits mit einer Fußverletzung herum.

Ohne Jeffery, den nach Carolina abgewanderten Torrey Smith und Chicagos neuen Tight End Trey Burton wird der Fokus nun umso mehr auf Neuzugang Mike Wallace liegen. Der 32-Jährige tat sich zuletzt in einer unglücklichen Offense in Baltimore schwer.

Es scheint, als ob Doug Pederson und seine neuen Assistenten noch kreativer als im Vorjahr werden müssen, um eine ähnliche Gefahr aus Phillys Passspiel generieren zu können. Zumindest mal im Duell mit Atlanta.

Die gute Nachricht: Hilfe gibt es dabei von der eigenen Defense.

D-Line der Eagles wohl noch stärker

Imposant nämlich waren die Personalwechsel auf der defensiven Seite. Nur rund einen Monat nach dem Super-Bowl-Triumph verabschiedeten die Eagles zwar Vinny Curry und Beau Allen, die beide bei den Buccaneers anheuerten. Neu mit an Board sind dafür allerdings Haloti Ngata und Michael Bennett.

Ngatas Rolle scheint dabei klar definiert. Er wird Allen ersetzen und in einer Rotation mit Fletcher Cox und Tim Jernigan zum Einsatz kommen, primär als Run-Stopper. Generell wird einmal mehr viel rotiert werden: Barnett, Cox, Bennett, Graham, Long, Rookie Josh Sweat - kein Team kommt in der Tiefe auf eine derartige D-Line-Qualität wie die Eagles.

Sidney Jones: Die lang erwartete Rückkehr

Neben den Neuzugängen in der Defensive Line hat die Defense der Eagles seit Beginn des Training Camps auch in Sidney Jones einen Quasi-Neuzugang (29 Defense-Snaps letzte Saison) willkommen geheißen. Jones zog sich am letzten Tag des Pro Days vor dem letztjährigen Draft eine schlimme Achillessehnen-Verletzung zu und will sich nun an einen der Starting-Spots auf der Cornerback-Position heranarbeiten.

Jones hat es dabei wohl auf einen von gleich zwei Starting-Spots in der Secondary abgesehen, immerhin scheinen derzeit sowohl ein Outside- als auch der Slot-Platz zur Verfügung zu stehen. Jalen Mills, Rasual Douglas und Rookie Avonte Maddox allerdings haben hier ein Wörtchen mitzureden. Jones Rückkehr ist so oder so aber eine hervorragende Nachricht und die Zeichen stehen gut, dass der Second-Round-Pick des letzten Jahres nun viel Spielzeit sehen wird.

Wird Jay Ajayi zum Problemfall?

Doch auch eine Nummer Eins in der Depth Chart muss nicht unbedingt gänzlich glücklich sein: Ajayi geht 2018 in das letzte Vertragsjahr und will sich dementsprechend noch einmal ins Schaufenster stellen. Er will deutlich mehr als die 208 Carries, die er 2017 bei den Eagles und Dolphins hatte, das hat er klar zu verstehen gegeben.

Der Plan von Pederson und den Eagles jedoch scheint es zu sein, Ajayis Workload weiter gering zu halten, Corey Clement und Darren Sproles mehr partizipieren zu lassen und Ajayi dann in vollkommen fittem Zustand für die heiße Phase der Saison zur Verfügung zu haben.

Keiner der beiden wird Ajayis Rolle im Team streitig machen können, doch gerade die Rückkehr von Sproles könnte Ajayi nochmals einige Carries kosten. Es wird an den Eagles sein, Ajayi bei Laune zu halten und ihn von den kommenden Vertragsverhandlungen abzulenken.

Philadelphia Eagles: Die Zeit der Entscheidung naht

Gerade die offensive Seite bietet beim Super-Bowl-Champion also noch einiges an Diskussionspotenzial. Keine Frage ist allerdings bewegender als die auf der Quarterback-Position. Die Eagles haben - trotz mutmaßlich lukrativer Trade-Angebote - an Foles festgehalten, um genau für diese Situation gerüstet zu sein.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, Wentz in das Rampenlicht zu stellen? Wann ist das Risiko der erneuten Verletzung nicht mehr höher als die Chance des möglichen Gewinns? Und selbst wenn die Ärzte das Go geben - wird Philly seinen größten Trumpf ohne große Anpassungsphase überhaustet ausspielen?

Philadelphia geht 2018 mit dem vielleicht komplettesten Team an den Start. Doch was in den kommenden Wochen auf der wichtigsten Position passiert könnte noch bis in den Januar Auswirkungen haben. Und der Weg dahin beginnt heute Nacht.

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