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Unter erschwerten Bedingungen

Auf die Los Angeles Rams um Rookie-Quarterback Jared Goff wartet in Seattle eine schwere Probe
© getty

Wenn die Seattle Seahawks (8-4-1) zum Auftakt in Week 15 die Los Angeles Rams (4-9) empfangen, steht das Spiel selbst zumindest bis zum Kick-Off nur im Hintergrund: Die Entlassung von Jeff Fisher bestimmt die Schlagzeilen. Allerdings sind für die Hawks weitere Ausrutscher gegen den Angstgegner verboten, der seinerseits als Wundertüte unter erschwerten Bedingungen anreist. Zu sehen gibt es das Spiel in der Nacht zum Freitag (2.25 Uhr) live auf DAZN!

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Keine Frage - im Vorfeld des Duells Seattle gegen Los Angeles muss der reine Sport mit der zweiten Geige Vorlieb nehmen. Zu dominant ist die Entlassung von Jeff Fisher, und das umso mehr, weil der bloße Zeitpunkt so absurd war.

Dafür musste man nur dem Mann zuhören, der das Team plötzlich auf die Seahawks vorbereiten muss. "Ich bin voll im Tunnel und arbeite Tag und Nacht am Special Team. Das ist alles, was ich mache", verriet John Fassel, Special-Teams-Coordinator und seit Montagabend zusätzlich Interims-Head-Coach der Rams. "Das werden jetzt zwei interessante Tage."

Gerade rund eineinhalb Wochen war es her, dass die in der Preseason unterzeichnete Vertragsverlängerung bekannt geworden war. Zwei Wochen der öffentlichen Kritik, der Memes und der Frage, wie lange Los Angeles denn an Fisher trotz der anhaltenden Mittelmäßigkeit noch festhalten will.

Die Antwort gab es am Montag: Fishers Zeit bei den Rams endet nach 31 Siegen, 45 Niederlagen, einem Remis und ohne Playoff-Teilnahme - sowie vielen großen Fragezeichen für das Team im zweitgrößten Medien-Markt der USA.

Wer ist dieses Team?

Denn die Identität dieses Rams-Teams zu bestimmen, ist nicht gerade einfach - in den allermeisten Fällen kein gutes Zeichen. Da wäre die gute Defensive Line, die vor allem in der Run-Defense starke Arbeit leistet. Doch schlechte Linebacker-Leistungen verhindern zu häufig, dass die so entstehenden Möglichkeiten auch genutzt werden.

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Da wäre Todd Gurley, der nach einer tollen Rookie-Saison im Vorjahr massiv abgebaut hat - zwar bedingt durch seine schwache Offensive Line, doch ist der 22-Jährige für seinen Schnitt von 3,3 Yards pro Run (1,5 Yards weniger als 2015) durchaus auch selbst verantwortlich. Dann wäre da ein starker Cornerback in Trumaine Johnson, doch fällt der Rest der Secondary merklich ab: Kaum eine Defense hat ein so schlechtes Passing-Touchdown-zu-Interception-Verhältnis wie L.A. (24:6).

Und dann wäre da natürlich der wichtigste Mosaikstein in alledem: Der für teures Draft-Kapital geholte Rookie-Quarterback Jared Goff. Den hatte Fisher nach einer Preseason mit deutlichen Defiziten zunächst draußen gelassen, Mitte November schließlich zog Fisher seinen letzten Trumpf. Allein - Goffs bisherige Auftritte dürften eher als Warnsignal für die Rams-Verantwortlichen fungiert haben.

"Sahen wie eine Mittelstufen-Offense aus"

Denn es war mehr als offensichtlich, dass den Rams ein klarer Plan für den Quarterback, der sich nach wie vor (und vermutlich noch für eine ganze Weile) von seiner College-Spread-Offense auf die NFL umstellt, fehlte: Kaum einmal liest Goff wirklich das ganze Feld, fast immer geht sein Ball direkt zum ersten oder allerspätestens zum zweiten Read. Darunter viele Pre-Determined-Throws, also Würfe, auf die er sich im Prinzip schon vor dem Snap festgelegt hat.

Doch greift das Scheme ihm dabei nahezu überhaupt nicht unter die Arme, Defenses haben so oftmals leichtes Spiel, wenn es darum geht, die Offense erheblich zu limitieren. Die Frage drängte sich zunehmend auf, ob dieser Trainerstab einen jungen Quarterback, der noch viel Zeit und Hilfe brauchen wird, entwickeln kann.

Das führte zum Wochenbeginn, noch vor der Fisher-Entlassung, sogar dazu, dass dem ansonsten eher ruhigen Todd Gurley für einen Moment der Kragen platzte. "Wir sahen heute wie eine Mittelstufen-Offense aus. Mehr will ich nicht sagen", stellte der Running Back nach der Heim-Blamage gegen Atlanta am Sonntag zähneknirschend klar.

Unter erschwerten Umständen

Das dürfte am Donnerstagabend nicht allzu anders aussehen: Zu stark ist die Defense der Seahawks, viel zu kurz die Zeit, um den Game Plan dramatisch zu verändern. Seattle sollte in der Lage sein, defensiv die Line of Scrimmage komplett zu kontrollieren, und gleichzeitig in der Secondary auch ohne Earl Thomas deutlich die Oberhand haben. Dazu auswärts in Seattle, zur Primetime - Goff hatte in den vergangenen Wochen fraglos schon leichtere Aufgaben.

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Und die Entlassung von Jeff Fisher, so richtig sie langfristig auch sein mag, in dieser kurzen Woche macht all das nicht gerade leichter: Viel Fokus rückt so auf die gesamte Trainer-Frage, bereits am Dienstag gab es erste wilde Spekulationen über Jim Harbaugh, Jon Gruden - und sogar über den Trainer des kommenden Gegners, Pete Carroll.

Wie Yahoo Sports aus Rams-Insider-Kreisen erfahren haben will, soll Seattles Langzeit-Coach trotz seines bis 2019 laufenden Hawks-Vertrages auf der internen Rams-Liste ganz weit oben stehen. Team-Eigentümer Stan Kroenke und Vizepräsident Kevin Demoff sollen jedenfalls von Carroll begeistert sein, in jedem Fall entspreche seine Art dem Trainer-Typ, der ab der kommenden Saison in Los Angeles das Ruder übernehmen soll.

"Das schreibt Schlagzeilen"

Angesprochen konkret darauf wurde Carroll nur kurz (und verneinte deutlich), die Entlassung selbst aber ging als das NFL-Thema der Woche natürlich auch am Seahawks-Coach nicht einfach so vorbei. "Das schreibt Schlagzeilen. Jeff war jetzt sehr lange in der NFL und hat immer gekämpft. Das sind keine schönen Nachrichten", erklärte Carroll, der selbst zwei Mal in der NFL als Head Coach gefeuert wurde, am Montag. "Ich kann mir gar nicht vorstellen, was das für die Jungs jetzt bedeutet, und wie sie das abhaken können."

Defensive End Cliff Avril, der 2008 in seiner Rookie-Saison noch in Detroit eine Trainer-Entlassung selbst erlebt hat, fügte hinzu: "Es ist furchtbar. Als junger Spieler war es mir damals vor allem wichtig, dass ich meinen Platz im Kader für die nächste Saison sichere. Manche gehen da raus und kämpfen, andere gehen es genau andersherum an und denken sich, dass die Saison ja eh gelaufen ist."

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Das macht es unheimlich schwer, abzuschätzen, welches Rams-Team am Donnerstag auf Seattle wartet. Klar ist: L.A. hat nunmehr die letzten drei Spiele gegen Seattle gewonnen, Fishers Rams-Bilanz gegen Seattle liegt bei fünf Siegen und vier Niederlagen.

"Richtige Zeit" für die Entlassung?

Für Los Angeles sind die Seahawks ein vergleichsweise "angenehmer" Gegner, und die primäre Ursache dafür liegt auf der Hand: Mit ihrer Defensive Line, nach wie vor der beste Part dieses Teams, können die Rams Spiele an sich reißen - wenn es das Matchup erlaubt. Gegen Seattle ist genau das der Fall, die Seahawks haben eine desolate Offensive Line und konnten dieses Defizit in den vergangenen Jahren gegen die Rams oftmals nicht ausgleichen.

Und ohnehin hatte die Offense gerade in Tampa Bay und in Green Bay über die letzten drei Wochen zwei desolate Auftritte. Angefangen mit der O-Line, doch auch Russell Wilson war hier längst nicht schuldlos. So ist die Bye-Week in den Playoffs in akuter Gefahr.

Vielleicht betonte Kroenke im Statement zu Fishers Entlassung auch deshalb, dass es "die richtige Zeit" sei, "um eine Veränderung herbeizuführen, da unsere Auftritte nicht die Erwartungen unserer Fans erfüllt haben. Wir sind alle darauf fokussiert, als Organisation besser zu werden und darauf, ein Team aufzubauen, das Los Angeles stolz machen kann."

Fassel jedenfalls, der wohl auch deshalb befördert wurde, damit die Coordinator der Offense und der Defense jeweils ihre Aufgaben weiter wie gewohnt ausüben können, legte in jedem Fall prompt ein angenehmes Maß an Ehrlichkeit an den Tag: "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich über die letzten fünf, sechs, acht Jahre Special-Teams-Coordinator war, um Head Coach zu werden. Ich könnte nicht sagen, dass das mein Anspruch war. Ich wollte ein großartiger Special-Teams-Coach sein, und wenn ich das für den Rest meiner Karriere machen würde, wäre ich darüber absolut glücklich."

Week 15 im kompletten Überblick

Das SPOX-NFL-Tippspiel, Week 15:

Florian RegelmannStefan PetriAdrian FrankeMarcus Blumberg
Rams @SeahawksSeahawksSeahawks

Seahawks

Seahawks

Dolphins @Jets

DolphinsDolphinsJetsDolphins

Titans @Chiefs

ChiefsChiefsChiefsChiefs
Steelers @BengalsSteelersSteelersSteelersSteelers

Lions @Giants

GiantsGiantsGiantsGiants
Colts @VikingsVikingsColtsVikingsVikings

Jaguars @Texans

TexansTexansTexansTexans

Packers @Bears

PackersPackersPackersPackers

Browns @Bills

BillsBillsBillsBills

Eagles @Ravens

RavensRavensRavensRavens

49ers @Falcons

FalconsFalconsFalconsFalcons
Saints @CardinalsCardinalsCardinalsCardinalsCardinals
Raiders @ChargersRaidersRaidersRaidersRaiders
Patriots @BroncosPatriotsPatriotsPatriotsBroncos
Buccaneers @CowboysCowboysCowboysCowboysCowboys
Panthers @RedskinsRedskins

Redskins

RedskinsRedskins
Week 1411-511-511-510-6
Insgesamt
125-83122-86

132-76

124-84

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