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Mit dem Mute der Verzweiflung

Jeremy Mincey und die Cowboys-Defense werden auch gegen die Eagles liefern müssen
© getty

Die Dallas Cowboys stehen mit dem Rücken zur Wand: Nach der fünften Pleite in Folge könnte selbst in der wackligen NFC East der Zug bald abgefahren sein, die Boys müssen die Philadelphia Eagles in Week 9 schlagen - umgekehrt steht aber auch Philly unter Druck. Zwar ist es das bereits zweite Duell beider Teams in dieser Saison, dennoch gelten viele Erkenntnisse nicht mehr. Schaffen die Cowboys jetzt die Wende? SPOX zeigt die Partie in der Nacht zum Montag (2.30 Uhr) im LIVESTREAM FOR FREE!

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"Sie haben neue Jungs in der Defense und ihnen fehlt Tony Romo. Das dürfte ein leicht anderes Team werden, auf das wir am Sonntagabend treffen." Zumindest ein ausführliches inneres Schmunzeln konnte Eagles-Coach Chip Kelly wohl kaum vermeiden, als er das anstehende Duell mit Dallas mit dem ersten Aufeinandertreffen in dieser Saison am zweiten Spieltag verglich.

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"Leicht anders" ist immerhin... milde ausgedrückt. Neben Romo, der sich während jenes 20:10-Sieges über die Eagles im zweiten Saisonspiel das Schlüsselbein gebrochen hatte, stand Top-Receiver Dez Bryant nicht auf dem Platz, Guard La'el Collins war noch nicht in der Startformation und defensiv fehlten Greg Hardy, Rolando McClain und Randy Gregory. Trotzdem aber hielt Dallas Philadelphia bereits damals auf 226 Total Yards.

Dementsprechend gab es trotz der Verletzungen von Romo und Bryant ein gewisses Maß an Optimismus. Die Defense sollte mittelfristig stark genug sein, um das Team kompetitiv zu halten und die Offense würde, wie im Vorjahr, über das Running Game Spiele, Gegner und die Zeit kontrollieren. Soweit die Blaupause - doch fünf Wochen später sind davon nur Einzelteile zu erkennen.

Cassel? Gemischte Gefühle...

Die harte Realität ist: Dallas hatte zwar tatsächlich, abgesehen vom Patriots-Spiel, in jeder Partie seit jenem Duell in Philly eine Chance auf den Sieg, verlor letztlich aber alle fünf Spiele bislang ohne Romo. Ohne seinen Quarterback ist die Offense schlicht nicht gefährlich und vor allem nicht vielseitig genug, unabhängig davon, ob Brandon Weeden oder Matt Cassel das Ei wirft.

Es ist eine Wahrheit, die schon in der Vorsaison, als Romo kurzzeitig ausfiel, schreiend offensichtlich wurde. Teameigentümer Jerry Jones erklärte jüngst auf die Frage, ob Cassel weiterhin der Starter sei, so treffend: "Für die absehbare Zukunft, ja. Sie haben mich gefragt, ob ich zuversichtlich bin, dass Cassel uns einige der kommenden Spiele gewinnen kann. Das weiß ich nicht." Doch Romo wird noch wenigstens zwei Spiele verpassen - und Dallas läuft die Zeit davon.

Bryant: "Es ist noch nicht vorbei"

"Wir stehen bei zwei Siegen und fünf Niederlagen, damit müssen wir klarkommen", brachte es Bryant, der gegen Seattle in der Vorwoche sichtlich noch nicht komplett fit zurückkehrte, auf den Punkt und fügte hinzu: "Aber ich werde weiterhin nicht aufhören zu sagen: Es ist noch nicht vorbei."

Zumindest ein paar Funken Hoffnung gibt es tatsächlich für America's Team, das nach dem bitteren Playoff-Aus in Green Bay im Vorjahr so ambitioniert in die neue Saison gestartet war. Die Offensive Line findet zunehmend zur Dominanz der vergangenen Saison zurück. Joseph Randle spielt zwar keine Rolle mehr, Darren McFaddens Auftritte in den vergangenen Wochen waren aber vielversprechend. Der 28-Jährige steht bei vier Yards pro Run-Versuch und bleibt auch im Passing Game ein Waffe.

Eine wichtige Rolle im verbesserten Running Game spielt zweifellos Collins, der seit der Bye Week in die Starformation gerückt ist und regelmäßig Gegner meterweit aus dem Weg blockt. Seine Präsenz ist schnell wichtig geworden und hat der starken Line zusätzlichen Auftrieb gegeben.

Defensiv hat Rookie Byron Jones den Safety-Posten übernommen, was der Secondary merklich hilft, er könnte es mit Eagles-Tight-End Zach Ertz zu tun bekommen. Die Rückkehr von Hardy hat den Boys derweil den erhofften individuellen Elite-Pass-Rusher gegeben und wer diese Defense auf dem Platz sieht wundert sich kaum darüber, dass die Cowboys die viertwenigsten Passing-Big-Plays (Passspielzüge von über 25 Yards) zulassen.

Ein Hauch von Verzweiflung

Und doch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass die Partie gegen die Eagles ein erstes Endspiel ist. Eine Niederlage würde die Cowboys mindestens zwei Siege hinter den Division-Leader zurückwerfen und auch dem Letzten war klar, dass die Luft brennt, als Jones jüngst zugab: "Diese Herausforderung ist beängstigend." Wie ernst Jones das meint, war nach der Pleite gegen die Giants vor zwei Wochen dann auch der breiten Öffentlichkeit klar geworden.

Hardy geriet, nachdem die Defense das Team im Spiel gehalten und die Giants dann per Kickoff-Return-Touchdown in Führung gegangen waren, heftig mit Special-Teams-Coordinator Rich Bisaccia aneinander. Er schlug Busaccias Klemmbrett weg und tobte an der Seitenline, wie man es selbst in der harten und emotionalen Welt der NFL nur selten sieht. Viele Spieler wären für eine derartige Aktion intern gemaßregelt worden, vielleicht gar entlassen worden. Doch nicht so in Big D und nicht so in Hardys Fall.

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"Er ist einer der wahren Anführer dieses Teams und das hat er sich verdient. So etwas inspiriert ein Football-Team", war sich Jones im Anschluss sicher und fügte gar hinzu, dass er derartiges Verhalten "ermutigen" würde, während Coach Jason Garrett den Vorfall schlicht runter spielte: "So etwas passiert. Es war nicht gerade der perfekte Zeitpunkt, weil wir gerade wieder aufs Feld wollten. Aber wir haben das kommuniziert und haben das alle hinter uns gelassen."

Zwischen den Zeilen war aber zumindest ein Hauch von Verzweiflung zu lesen: Unisono klammerten sich die Cowboys-Bosse an ihren besten derzeit verfügbaren Strohhalm - Greg Hardy. Keine Spur von Kritik, keine Spur von rationaler Reflektion dessen, was gerade passiert war. Stattdessen Treuebekenntnisse, Lob und einige Tage später Jones' Ankündigung, mit dem Pass-Rusher verlängern zu wollen.

Johnson stichelt in Richtung Hardy

Wenig überraschend ist es da, dass die Reaktion aus Philly grundsätzlich anders ausfiel. "Er kann von Glück reden, dass er noch spielen darf", stellte Eagles-O-Liner Lane Johnson mit Blick auf Hardys langwierige Prozesse wegen vermeintlicher häuslicher Gewalt klar und fügte hinzu: "Was das Talent angeht, hat er alles, was es braucht, um in der NFL zu spielen - Greg Hardy ist einer der besten Defensive Ends der Liga. Sein Talent hat ihn gerettet."

Klartext: Die wirklich guten Spieler kommen in der NFL mit so einigen Dingen davon und hierbei von einem offenen Geheimnis zu sprechen wäre wohl noch untertrieben. Doch gleiches gilt, um den Scheinwerfer in die andere Ecke zu richten, wenn man der Eagles-Offense einige Sandkörner im Getriebe attestieren würde. 6,4 Yards pro Passversuch? Kein Team ist schlechter. Zehn Interceptions? Nur Denver (11), Indianapolis (12) und Detroit (12) haben mehr auf dem Konto. Der Tausch für Sam Bradford sieht bislang wie ein Flop aus.

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18 Drops seiner Receiver haben darüber hinaus ihren Anteil daran, dass Philly offensiv eines der schlechtesten Teams bei Third Downs ist. "Wir wollen einfach gewinnen", stellte Cornerback Byron Maxwell am Dienstag klar: "Es ist an der Zeit, ins Rollen zu kommen und in die richtige Spur zu finden. Wir brauchen jetzt eine Siegessträhne und Dallas ist uns im Weg. Deshalb müssen sie dran glauben. So ist es eben."

Wenigstens ein bisschen Revanche!

Coach Chip Kelly kann indes jetzt zeigen, dass er über die Bye Week offensiv schematisch einige Dinge verändert hat, um die wacklige O-Line zu unterstützen - bei aller Kritik an Bradford und Running Back DeMarco Murray gilt es nicht zu vergessen, dass die Eagles bislang eines der schlechtesten Teams im Run Blocking sind. Der mögliche Turnaround könnte für Philadelphia jedenfalls zu keinem besseren Zeitpunkt kommen: Dallas im Playoff-Rennen weit zurück werfen, sich selbst zurückmelden, und Revanche für die Pleite im ersten Saisonduell nehmen.

"Ich bin nie auf Rache aus. Ich freue mich einfach auf eine weitere Chance, da raus zu gehen und zu spielen", betonte Eagles-Nose-Tackle Bennie Logan, fügte dann aber doch noch hinzu: "Es ist ein Rivalry-Game. Wir wissen, was auf dem Spiel steht und wir wissen, wie intensiv das werden wird. Jeder kennt seinen Plan und wir werden es wie einen Faustkampf angehen."

Und Kelly? Der weiß jedenfalls schon einmal um eine der gravierendsten Änderungen im Vergleich zur Pleite gegen Dallas vor einigen Wochen: "Ohne Dez hat sich unser Game Plan stark auf Tight End Jason Witten fokussiert. Jetzt gibt es zwei echte Waffen." Gentlemen, das erste (Mini-)Finale in der NFC East ist angerichtet!

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