NFL

Das Treffen alter Bekannter

Von Stefan Petri
Die 49ers mit Colin Kaepernick peilen Super-Bowl-Titel Nummer sechs an
© getty
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Atlanta Falcons: Das Team von Quarterback Matt Ryan gab gegen die 49ers in der Conference Championship eine 17:0-Führung aus der Hand, in diesem Jahr soll es einen Schritt weiter gehen. Der Vertrag von "Matty Ice", der endlich auch einen Sieg in den Playoffs vorzuweisen hat, wurde für über 100 Millionen Dollar verlängert, mit Tony Gonzalez hängt die Tight-End-Kultfigur der NFL noch ein Jahr dran.

Dazu kommen mit Julio Jones und Roddy White das vielleicht beste Wideout-Tandem überhaupt. Im Running Game wurde Michael Turner durch Steven Jackson ersetzt, der durchaus auch als Passfänger eingesetzt werden kann. Alles in allem sollten wieder mehr als genug Punkte für die Falcons herausspringen.

In der Defense verlor das Team von Head Coach Mike Smith mit John Abraham, Chris Hope und Dunta Robinson gleich mehrere Stützen des Teams, aufgefangen werden soll das durch Osi Umenyiora von den Giants und Cornerback Asante Samuel. Im Draft legte man mit Malliciah Goodman und Stansly Maponga großen Wert darauf, die Defensive Line zu stärken.

Trotzdem bleiben in der Verteidigung einige Fragen offen, wahrscheinlich wird man den einen oder anderen Shootout zu sehen bekommen. Erstes Ziel muss es für die Falken sein, den Division Title gegen die wohl wiedererstarkten Saints zu verteidigen. Die Playoffs dürften aber auf keinen Fall in Gefahr sein, dafür ist die Offense einfach zu stark.

Green Bay Packers: Mit Aaron Rodgers haben die Packers immer noch den vielleicht besten Spieler der NFL auf der wichtigsten Position der NFL in den eigenen Reihen - eigentlich ist das schon genug, um ihnen einen Platz in den Playoffs zu sichern. Rodgers ist einfach brutal gut.

Mit James Jones, Randall Cobb und Jordy Nelson, dazu noch Tight End Jermichael Finley hat er solide Passfänger, von denen der eine oder andere durch die Abgänge von Greg Jennings und Donald Driver den Sprung zum Superstar schaffen könnte. Das Running Game war in den letzten Jahren die große Schwäche: Seit 41 Spielen warten die Cheeseheads auf einen 100-Yards-Rusher - so lange wie keine andere Franchise. Mit Eddie Lacey und Jonathan Franklin hat man im Draft reagiert und zwei Running Backs geholt, hier sollte es also aufwärts gehen.

Dummerweise hängt das nicht nur am RB, sondern auch an der Offensive Line - und die war zuletzt löchrig wie ein Schweizer Käse. 51 Mal wurde Rodgers 2012 gesackt, da kann kein Quarterback mithalten. Und nun hat sich Offensive Tackle Brian Bulaga im Training Camp auch noch das Kreuzband gerissen - es wird wieder eng werden für Rodgers.

In der Defense hat man mit Clay Matthews und B.J. Raji zwar den einen oder anderen Playmaker, aber insgesamt hat der Verbund noch Luft nach oben: In den Playoffs wurden die Packers von den 49ers nach allen Regeln der Kunst zerlegt. Mit Casey Hayward und Morgan Burnett sollte zumindest die Cornerback-Position etwas stärker werden.

Mit einem Rodgers in MVP-Form ist immer alles möglich, aber der Spielplan liest sich nicht besonders angenehm, die NFC North bietet mit den Bears, Vikings und Lions keine wirklich schwachen Teams. Die Playoffs sind keine Frage, aber dort werden die Packers wohl Außenseiter sein.

Seattle Seahawks: Mit ihrem aggressiven, körperbetonten Smashmouth-Stil kamen die Seahawks im letzten Jahr quasi aus dem Nichts in die Playoffs, und das trotz Rookie-Quarterback. Aber Russell Wilson hat alle Zweifler verstummen lassen - und jetzt soll es noch eine Stufe weitergehen.

Wilson hat auf der Receiver-Position mit Sidney Rice und Golden Tate gute Optionen auf dem Feld, aber das Herz im Angriff wird das Running Game um "Beast Mode" Marshawn Lynch bleiben, dass die Defensive Lines der Gegner im letzten Jahr förmlich dezimierte - und auch Wilson ist per Read-Option immer eine Gefahr. Für einen First-Round-Pick holten sich die Seahawks dann auch noch Big-Play-Threat Percy Harvin von den Vikings ins Haus, dann kam die bittere Pille: Harvin fällt nach einer Hüftoperation für mindestens einen Großteil der Saison aus.

Auch in der Defensive blieb das Front Office um Coach Pete Caroll keineswegs untätig: Nach dem Kreuzbandriss von Chris Clemens in den Playoffs holte man sich mit Clint Avril und Michael Bennett einen hochkarätigen Pass Rush ins Haus. Das Prunkstück in Seattle bleibt aber weiterhin die Secondary: Mit Richard Sherman und Brandon Bowner auf der Cornerback-Position sind selbst hochgewachsene Receiver bei den Seahawks abgemeldet, dazu kommt Pro-Bowl-Safety Earl Thomas - und damit es nicht langweilig wird, hat man sich auch noch Slot-Spezialist Antoine Winfield unter den Nagel gerissen.

Ein starkes Running Game und eine sensationelle Pass-Defense: Damit unterscheiden sich die Seahawks von den meisten anderen Contendern der NFL. Wenn Wilson den nächsten Sprung macht, gehören sie mit den 49ers zur Creme de la Creme in der NFC. Und da sich die Teams schon in der NFC West zweimal gegenüberstehen werden, können sich die Fans auf richtig geile Duelle freuen.

Denver Broncos: Nach einem 2-3-Start führte Peyton Manning seine Wildpferde mit 13 Siegen in Folge in die Playoffs, wo man denkbar knapp an den Ravens scheiterte. Für den mittlerweile 37-Jährigen heißt es: Jetzt oder nie. Das Front Office um John Elway hat reagiert und Wes Welker von den Patriots losgeeist. Damit verfügt der vierfache MVP mit Welker, Eric Decker und Demaryius Thomas um ein formidables Receiver-Korps - Tight End Julius Thomas und Returner/Receiver Trindon Holiday noch nicht mitgerechnet!

Das Laufspiel wurde ebenfalls neu organisiert: Altmeister Willis McGahee und Knowshon Moreno müssen Platz machen für Rookie Montee Ball und Ronnie Hillmann. Dazu wurde die Blind Side von Manning durch einen hochdotierten Vertrag für Left Tackle Ryan Clady abgesichert. Alles in Butter also?

Nicht ganz: In der Defense unterlief der Vereinsführung ein ganz bitterer Patzer: Weil eine Umstrukturierung von Rusher Elvis Dumervil aufgrund eines zu spät gesendeten Fax(!) nicht rechtzeitig über die Bühne ging, wurde der den Broncos zu teuer und wechselte zu den Ravens. Sein Pendant Von Miller, einer der besten Defensivspieler der gesamten Liga, ist die ersten sechs Partien gesperrt - der gefürchtete Pass Rush ist also bedeutend geschwächt.

Mit Shaun Phillips hat man Dumervil einigermaßen ersetzt, Dominique Rodgers-Cromartie wird mit Champ Bailey ein starkes Duo auf der Cornerback-Position bilden. Fragen gibt es dennoch: Weil Center Dan Koppen verletzt ausfällt, holte man Manny Ramirez zurück, der seine Karriere schon beendet hatte. Ob das reicht? In einer eher schwachen AFC West sind die Playoffs trotzdem so gut wie garantiert, zumindest die Offense ist auf jeden Fall titeltauglich.

Wenn Miller in der Defense wieder zu großer Form aufläuft, könnte es den zweiten Ring für Manning geben. Aber auch schon vorher wird es spannend: In der Regular Season trifft Manning auf seinen Bruder Eli, auf seinen Colts-Nachfolger Andrew Luck und - natürlich - auf Tom Brady. Das muss man gesehen haben.

Den Cut verpasst: Der geneigte NFL-Fan wird hier wahrscheinlich vor allem die Houston Texans vermissen. Aber trotz einer Bilanz von 12-4 im letzten Jahr und Defensiv-Monster J.J. Watt sind da zu viele Fragezeichen: Running Back Arian Foster scheint nicht ganz fit, Receiver Andre Johnson ist nicht mehr der Jüngste, und auch QB Matt Schaub fehlt noch ein bisschen zur Elite. Playoffs ja, zu mehr wird es wohl nicht reichen.

Eine Wild Card sind die New Orleans Saints, die in diesem Jahr endlich wieder mit einem richtigen Coach auflaufen dürfen: Sean Payton hat seine Strafe für das Bountygate verbüßt, mit Drew Brees hat er einen der besten QBs überhaupt - da geht einiges. Aber die Defense stellte im letzten Jahr so viele Negativ-Rekorde auf, dass da noch jede Menge Arbeit vor Payton liegt, bevor man sich mit den ganz Großen messen kann.

Ein Auge muss man immer auf die New York Giants haben: Wenn sie irgendwie in die Postseason rutschen, kann das Team um Eli Manning jeden schlagen, das haben sie schon mehrfach bewiesen. Und dann gibt's ja auch noch die Washington Redskins um Superstar RGIII, der wieder komplett fit sein soll. Für genügend Spannung ist auf jeden Fall gesorgt - die Saison kann kommen!

Der NFL-Spielplan