NFL

Kampf der Philosophien in Foxboro

Von SPOX
Tom Brady und Terrell Suggs (l.) werden sich einen harten Kampf um das Ticket nach Indiana liefern
© Getty

Die NFL erreicht die heiße Phase. Am Championship Sunday klären wir, wer in den Super Bowl XLVI einzieht. Zuerst treten die New England Patriots mit ihrer explosiven Offense gegen die knallharte Defense der Baltimore Ravens an. Und dann kämpfen mit den San Francisco 49ers und den New York Giants zwei vermeintliche Underdogs um die Krönung ihrer bisherigen Leistungen.

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AFC Championship Game

No.1 New England Patriots (13-3) - No.2 Baltimore Ravens (12-4), So. 21 Uhr

Story des Spiels: Im Gillette Stadium von Foxborough, Massachusetts treffen zwei Philosophien aufeinander. Hier die New England Patriots, deren Offensive eine der explosivsten in der NFL ist. Dort die Baltimore Ravens, die schon seit einem Jahrzehnt auf aggressive und dominante Verteidigung setzen.

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Schaut man auf die Statistik, so gehören beide genannten Einheiten zur Creme de la Creme ihrer Zunft. Baltimores Defense ist Dritter bei den erlaubten Punkten (16,6 pro Spiel), bei den Yards pro Spiel (288,9) sowie mit 48 Sacks. Ihre Laufverteidigung belegte Platz zwei der NFL mit 92,6 Yards pro Partie und sie ließen im Schnitt nur 196,3 Yards durch die Luft zu.

Die Patriots erzielten wiederum mit 32,1 die drittmeisten Punkte pro Spiel und belegten jeweils Platz zwei in den Kategorien Yards pro Spiel (428), Pass-Yards pro Spiel (317,8) und First Downs pro Spiel (24,9). Zudem verwerteten sie 45,9 Prozent ihrer Chancen beim dritten Versuch (Platz vier in der Liga).

Eine weitere interessante Storyline wurde dafür im Vorfeld schon gekillt. Die Privatfehde zwischen Terrell Suggs und Tom Brady scheint beendet. Suggs gab sich unter der Woche für seine Verhältnisse sehr zurückhaltend: "Es gibt keinen Streit. Ich glaube, der Ursprung des Ganzen war der Vorfall 2009, als ich ihn fast tief erwischt hätte. Darüber bin ich hinweg. Da hat das alles begonnen, aber man wird älter und reifer."

Stattdessen lobte er seinen Gegenspieler sogar in den höchsten Tönen: "Ich respektiere ihn." Um dann anzufügen: "Wenn alles vorbei ist, werden alle nur noch über drei Quarterbacks spechen: Johnny Unitas, Peyton Manning und ihn (Tom Brady). Es gibt da wirklich keinen Streit." Überhaupt gab es vor dem Spiel keinerlei Verbalattacken aus beiden Lagern, was ungewöhnlich ist für die Ravens.

Die Situation der Patriots: Bill Belichicks Team war gegen die Denver Broncos auf den Punkt in Topform. Nachdem man in den letzten Wochen der Regular Season noch regelmäßig den Spielstart verschlief und dadurch massive Aufholjagden zum Sieg benötigte, war man gegen Denver sofort voll da. Bereits der erste Drive führte zum Touchdown und dauerte nicht einmal zwei Minuten.

Die eigentliche Story war jedoch die Vorstellung der Defensive, welche in der Saison noch historische Tiefstwerte aufstellte. Die zugelassenen 4703 Pass-Yards und 6577 Yards insgesamt werden in der Geschichte der NFL nur von den diesjährigen Green Bay Packers getoppt (4796/6585).

Gegen Denver wirkte man jedoch zumeist stabil und ließ nur 252 Netto-Yards zu. Zudem schaffte New England fünf Sacks. Das könnte natürlich auch am schwachen Gegner gelegen haben. Aber andererseits schaffte es dieser Gegner, die Pittsburgh Steelers zu schlagen.

Personell gibt es bei den Patriots ein paar Fragezeichen. Nicht dazu gehört Tom Brady, der trotz einer Verletzung an der linken Schulter spielen wird. Ob aber Offensive Tackle Sebastian Vollmer auflaufen kann, steht in den Sternen. Er trainierte nach Rücken- und Fußverletzungen mit, tat dies aber schon letzte Woche und gehörte dann nicht einmal zum Kader.

Die Situation der Ravens: Baltimore setzte sich wenig überzeugend und eher glücklich gegen die Houston Texans in der Divisional Round durch. Was sie jedoch schafften, war ihren ersten Heimsieg überhaupt in der Postseason unter Coach John Harbaugh einzufahren - es war auch ihr erstes Heimspiel überhaupt in seiner Amtszeit.

Das Team schaffte es untypischer Weise nicht, Druck auf den Quarterback (T.J. Yates) auszuüben. Man sammelte keinen einzigen Sack und kam auch nur zweimal zum Passgeber durch. Dass dies kein Zufall ist, zeigen gerade Suggs' letzte vier Spiele: Ihm gelang in diesen nur ein Sack insgesamt. In der ganzen Saison waren es noch deren 14.

Weitergekommen sind sie eigentlich nur, weil ihre Gegner sehr viele - zu viele - Fehler machten. Das "Highlight" war sicher der Muffed-Punt ganz am Anfang von Jacoby Jones. Hinzu kamen die Interceptions, die der Rookie-QB allesamt ohne Not geworfen hatte.

Was vor dem Spiel am Sonntag für Baltimore spricht, ist der Gesundheitszustand der Mannschaft: Im Grunde ist nur Star-Safety Ed Reed angeschlagen. Er zog sich am Ende des Texans-Spiels eine Knöchelverletzung zu, wird aber gegen die Patriots spielen.

Darauf kommt es an: Es gibt zwei Faktoren, die hier ganz wichtig sein werden. Zum einen ist es für die Ravens unabdingbar, Tom Brady unter Druck zu setzen. Geben sie ihm so viel Zeit wie Yates in der letzten Woche, dann haben sie ganz einfach keine Chance.

Sie müssen Zugriff auf den Quarterback kriegen und hier ist besonders Suggs gefragt. Nur mit Coverage wird es nicht reichen, denn irgendeiner aus dem Trio Rob Gronkowski, Aaron Hernandez und Wes Welker wird schon freistehen.

Auf der anderen Seite dürfen sich die Ravens offensiv keine Fehler oder Ungenauigkeiten leisten. Die Pats-D lässt zwar viele Yards zu, versteht es aber auch, Turnovers zu kreieren.

Baltimore muss den Lauf über Ray Rice und Ricky Williams forcieren und Quarterback Joe Flacco müsste einmal in den Playoffs wirklich überzeugen.

Gar nicht gut präsentierte sich die Ravens-O-Line gegen Houston. Und der wohl beste Part der Patriots-Defense scheint ihre D-Line um Nose Tackle Vince Wilfork zu sein. Beides zusammen ist ein weiteres Element, auf das zu achten sein wird.

Letztlich werden die Patriots werden ihre Punkte machen. Die Frage ist, ob die Ravens mithalten können. Vorteil: Patriots.

NFC Championship Game

No.2 San Francisco 49ers (13-3) - No.4 New York Giants (9-7), Nacht auf Mo. 0.30 Uhr

Story des Spiels: Vor der Saison hätte kaum jemand auf die New York Giants als Teilnehmer im Championship Game getippt. Viele sahen sie nicht mal in den Playoffs. Was die San Francisco 49ers angeht, so waren diese zuletzt 2002 in der Postseason, was einen Trip in die Vorschlussrunde noch weniger wahrscheinlich erscheinen ließ.

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Beide sind nun hier und haben im Grunde nichts mehr zu verlieren. Die Erwartungen wurden mehr als nur übertroffen und demzufolge ist der Druck von Außen relativ gering. Der Erwartungsdruck in den Teams ist dagegen umso höher. Giants-Wide-Receiver Hakeem Nicks brachte es auf den Punkt. Angesprochen auf die Bedeutung des Erreichens des Championship Games für die Giants, sagte er trocken: "Wir sind 60 Minuten von unserem Traum entfernt."

Um den Traum aber zu verwirklichen, wird harte Arbeit erforderlich sein. Teamkollege Chris Canty macht keinen Hehl aus seiner Erwartungshaltung von dieser Partie im Candle Stick Park: "Es wird kein nettes Football-Spiel werden. Es wird nichts für Zartbesaitete. Es wird ein Blutbad geben!"

49ers-Head-Coach Jim Harbaugh sieht die Sache etwas entspannter und analysierte seinen Gegner eher nüchtern: "Ein Klasse-Team, das auch ein grausames Team ist. Sie geben dir nichts. Sie lassen dich nicht einfach das haben, was du willst." Insofern wird man sich selbiges also nehmen müssen.

Überhaupt scheint die eher sachliche Art des Trainers auf sein Team abzufärben. Tight End Vernon Davis - der Mann, der den Last-Second-Touchdown gegen die Saints fing - will von den Kampfansagen der Konkurrenz von der Ostküste nichts wissen: "Uns interessiert nicht, was die Giants sagen. Wir gehen einfach raus und spielen unser Spiel."

Die Situation der 49ers: Wenn nach dem unglaublichen Finish gegen New Orleans eines vorherrscht, dann ist es Euphorie. Im Team und in der Stadt sowieso. Für die Niners bietet sich eine lange nicht dagewesene Chance, in den Super Bowl zurückzukehren. Letztmals standen sie dort nach der Saison 1994 und zerstörten die Chargers.

Im Gegensatz zur Regular Season überraschten sie gegen die Saints mit der Art und Weise, wie sie sich im Spiel präsentierten. Sie begannen angriffslustig und setzten früh auf den Pass. Ein krasser Gegensatz zum sonst eher vorsichtigen Ansatz mit Betonung auf den Lauf. Dies hat die Saints merklich überrumpelt.

Charakteristisch waren dann wieder die zahlreichen Turnover, die man auch gegen Drew Brees und Co. erzwang. Sie führten die Liga an im Verhältnis von Balleroberungen zu Ballverlusten mit +28 (38-10). Insgesamt kam man auf fünf Balleroberungen (zwei Interceptions, drei Fumbles). Diese waren maßgeblich für den Erfolg, verhinderten die Niners damit doch mehrfach Punkte des Gegners.

Es besteht Hoffnung, dass Tight End Delanie Walker nach seinem Kieferbruch zurückkehrt, was Quarterback Alex Smith eine weitere gefährliche Passoption gäbe. In der Defense bangt man dagegen um Cornerback Tarell Brown und Linebacker Patrick Willis. Willis fehlte im Training mit Kniebeschwerden und Brown hat Probleme am Oberschenkel. Der Einsatz von Willis erscheint derzeit wahrscheinlicher als der von Brown.

Sie Situation der Giants: Das Team von Head Coach Tom Coughlin hat zur rechten Zeit zu seiner Form gefunden. Pünktlich zu den Playoffs sind auch die meisten Schlüsselspieler - defensiv wie offensiv - wieder körperlich auf der Höhe, so dass die eigenen Stärken ausgespielt werden können.

Der beste Part der Defensive ist seit jeher der Pass Rush. Defensive End Jason Pierre-Paul ist Sinnbild dafür mit 16 ½ Sacks in der Saison. Insgesamt kamen die G-Men auf 48 Sacks, was der drittbeste Wert der NFL war. Gegen Green Bay schaffte man deren vier und sorgte so dafür, dass Quarterback Aaron Rodgers keinen Rhythmus fand und nur 56 Prozent seiner Pässe an den Mann brachte. Zudem erzwang man vier Turnovers (eine Interception, drei Fumbles).

Offensiv präsentierte man sich ohnehin gut in der Saison, was besonders fürs Passspiel gilt. Eli Manning warf für fast 5000 Yards und hatte auch gegen Green Bay 330. Hilfreich hierbei sind natürlich die Playmaker Nicks, Victor Cruz und Mario Manningham. Der Lauf über Ahmad Bradshaw und Brandon Jacobs funktionierte ebenfalls wieder deutlich besser als über weite Strecken der Regular Season.

Darauf kommt es an: Wenn man so will, haben wir hier zwei recht ähnliche Mannschaften. Zumindest, was das Potential angeht. Umgesetzt haben es die 49ers augenscheinlich besser bis zu diesem Zeitpunkt.

Im Endeffekt wird das Team gewinnen, welches weniger Fehler macht und besser auf den Ball aufpasst. Klingt simpel, ist es aber nicht. Beide Teams zeigten in den letzten Spielen, dass sie Ballverluste erzwingen und aggressiven Pass Rush spielen können. Und da San Francisco nun auch bewiesen hat, dass man den Ball auch durch die Luft effektiv bewegen kann, wird die Partie noch um einiges spannender.

Im Zweifel geht man in solchen Spielen mit dem Quarterback. Manning hat die besseren Zahlen und die größere Playoff-Erfahrung. Aber er macht auch mehr Fehler. Er leistete sich 16 Interceptions in der Regular Season - Alex Smith dagegen nur fünf. Smith hat aber auch deutlich weniger Pässe geworfen.

Die Partie wird sehr eng. Vermutlich wird sie durch Kleinigkeiten entschieden. Beide Mannschaften trafen bereits im November aufeinander, ebenfalls an der Westküste. Die Niners gewannen. Auch, weil sie das Turnover-Duell (2-1) für sich entschieden. Nominell haben sie das bessere Team und ihre Heimbilanz in den Playoffs seit 1980 kann sich sehen lassen: 18-5. Vorteil: 49ers.

NFL: Der Spielplan der Playoffs

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