NBA

Mavs verlieren Double-Overtime-Thriller

Von Florian Regelmann
Die Dallas Mavericks kassierten in Boston ihre 11. Saisonniederlage
© Getty

Die Dallas Mavericks (11-11) kassieren nach zuletzt drei Siegen in Folge eine dramatische 115:117-Niederlage nach Double Overtime bei den Boston Celtics (12-9). Das große Problem heißt: Turnover. Dirk Nowitzki peilt ein Comeback für Weihnachten an.

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Wenn Nowitzki keine weiteren Rückschläge erlebt, könnte er in der nächsten Woche wieder ins Training einsteigen, wie er am Rande des Spiels in einem "ESPN"-Interview erklärte. Ein Comeback wäre dann um Weihnachten herum denkbar, auch wenn Coach Rick Carlisle weiter betont, dass es keinen Zeitplan gibt.

Ohne ihren Superstar verpassten es die Mavs, ihre Siegesserie in Boston auf vier Spiele auszubauen. O.J. Mayo war mit 24 Punkten (10/19 FG) einmal mehr Topscorer bei Dallas, vergab aber in der zweiten Overtime mehrere offene Würfe. Darren Collison steuerte 20 Zähler (8/11 FG) und 6 Assists bei, Shawn Marion kehrte in die Lineup zurück und sammelte 16 Punkte (6/14 FG), 11 Rebounds und 7 Assists.

Überragender Scorer bei den Celtics war Paul Pierce mit 34 Punkten (11/25 FG, 9/11 FT), dazu lieferte er 6 Rebounds, 4 Steals und 3 Assists. Rajon Rondo schrammte mit 16 Punkten (8/14 FG), 15 Assists und 9 Rebounds nur knapp am nächsten Triple-Double vorbei, Kevin Garnett erzielte ebenfalls 16 Punkte (7/15 FG). Jeff Green kam auf 15 Zähler (5/16 FG), ein vielleicht übermotivierter Jason Terry erlebte im ersten Spiel gegen sein altes Team einen durchwachsenen Abend (10 Punkte, 3/10 FG).

Reaktionen:

Paul Pierce (Boston Celtics) über Rajon Rondo: "Wir fordern eine Menge von ihm. Wir fordern von ihm, dass er das Spiel schnell macht, scort und reboundet. Aber wir fordern so viel von ihm, weil er es kann."

O.J. Mayo (Dallas Mavericks): "Ich war überhaupt nicht müde. Du kannst dir einfach nicht so viele Turnover leisten. Schau dir doch nur die Stats an, 9 von 28 Ballverlusten habe ich produziert. Wir hatten mehr als genug Möglichkeiten, um das Spiel an uns zu reißen und zu gewinnen. Wir dürfen die Bälle einfach nicht so wegschmeißen."

SPOX-Spielfilm:

Vor dem Tipoff: Marion kehrt bei den Mavs nach zwei Spielen Verletzungspause (Leistenzerrung) zurück und startet auf der Power-Forward-Position. Dazu beginnen Fisher, Mayo, Dahntay Jones und Kaman. Rookie Crowder (Krankheit) steht nicht zur Verfügung. Bei den Celtics alles wie gewohnt. Nur Bradley (Schulter) fehlt. Die Starting Five besteht aus Rondo, Terry, Pierce, Bass und Garnett. Der Jet trifft nach 8 Jahren Dallas zum ersten Mal auf sein Ex-Team.

7.: Beide Teams finden offensiv sofort ihren Rhythmus (zusammen 14/21 FG), fast jeder Jumper sitzt. Die einzigen Starter, die noch nicht gepunktet haben, sind ausgerechnet die beiden Shooting Guards - Mavs-Topscorer Mayo und Ex-Maverick Terry. Interessant: Mayo wird von Rondo verteidigt, hat noch nicht mal auf den Korb geworfen, dafür aber schon 3 Turnover auf dem Konto. 17:15 Celtics.

12.: Kaum ist Rondo mal aus dem Spiel, hat Mayo mehr Platz zu attackieren - Driving Dunk! Die Celtics sind nach ihrem starken Start merklich abgekühlt, führen nach dem 1. Viertel aber trotzdem knapp. 27:25 Boston. Beide Teams bewegen den Ball gut, das Problem bei Dallas heißt: Turnover (6).

15.: Beaubois verpasst den Dreier und Garnett holt sich seinen ersten Rebound des Spiels! Erster Rebound nach 62:41 Minuten. Denn: Beim Sieg gegen Philly war KG zum ersten Mal seit Januar 1997 und 1159 Regular-Season-Spielen (!) ohne einzigen Rebound geblieben. Green und Lee schlagen derweil von Downtown zu, kleiner Run der Celtics. 33:25 Boston. Timeout Carlisle.

18.: Die Mavs brauchen fast fünf Minuten, um im 2. Viertel endlich zu punkten. Und dann macht es Carter von draußen mit Brett! Was ein schräges Ding. Dann noch Fisher mit dem Layup, Bostons Quote ist jetzt auch in den Keller gegangen. 35:30 Celtics.

24.: Pierce (16 Punkte) ist ganz klar der beste Mann auf dem Feld. Jetzt zieht er mit dem Fake das Foul gegen Collison und trifft den Off-Balance-Jumper. Allerdings stand er mit dem Fuß auf der Linie, aus einem möglichen Vierpunktspiel wird also nichts. Dallas beendet die Halbzeit mit einem 8:3-Lauf und ist voll im Spiel. Kaman steht bei 10 Zählern für die Mavs, Terry noch ohne Field Goal (0/4) bei den Celtics. 48:43 Boston.

29.: Es läuft jetzt für die Celtics. Terry hat seinen ersten Wurf getroffen, for three! Garnett netzt den Jumper - und jetzt schnappt sich Bass einen Offensiv-Rebound und legt den Ball rein. 63:52 Boston. Höchste Führung des Spiels. Bezeichnend, dass Dallas im 3. Viertel einzig von Defensivspezialist Dahntay Jones (6) getragen wird.

36.: Rondo trifft heute den Jumper. Mit dem Buzzer-Beater sorgt der Point Guard für eine 76:70-Führung der Celtics. Aber: Boston war schon auf 14 weg, ehe Dallas vor allem dank eines starken Collison (9 Punkte im 3. Viertel) wieder herangekommen ist.

41.: Garnett kreiert mit seiner Deflection in der Defense den Steal und ab geht die wilde Fahrt. Rondo mit dem Lob-Pass auf Green - Slam Dunk! Die Mavs bleiben aber dran. Carter jetzt mit einigen guten Drives zum Korb. Nur noch 86:83 Celtics.

48.: Irres Finish in den letzten zwei Minuten! Fishers Dreier bringt die Mavs zum ersten Mal im ganzen Spiel in Führung, aber Pierce hat die Antwort. Mayo in der Folge nur 1/2 von der Linie. Nach einem Pierce-Fehlwurf haben die Mavs die Chance für den Game-Winner, aber Rondo mit dem Steal von hinten gegen Mayo. Dann die Celtics mit der Chance zum Sieg, aber Rondo bekommt keinen guten Wurf los, er wird von Fisher geblockt. 96:96. Overtime.

53.: Eine Schauspieleinlage von Rondo sorgt 67 Sekunden vor Ende der OT für das Loose Ball Foul gegen Fisher, es ist sein sechstes. Danach treffen beide Teams Big Shots. Erst Pierce, dann Marion, und jetzt Garnett. 105:103 Boston. Noch 26 Sekunden.

53.: Mayos Driving Layup bringt 11 Sekunden vor Schluss den Ausgleich. Die Celtics haben wieder den letzten Angriff. Der Ball kommt zu Pierce, aber Dahntay Jones hängt ihm im Gesicht und blockt seinen Wurf. Hätte man auch Foul geben können, die Refs lassen es aber weiterlaufen. Double Overtime. Was ein Krimi!

58.: Beide Teams sind jetzt müde. Offensiv geht nicht mehr viel. Den entscheidenden Stich setzt Rondo, der gegen Mayo energisch zum Korb zieht und den Layup macht. Collison trifft auf der Gegenseite nicht. Pierce baut die Führung von der Linie auf 111:107 aus. Aber es ist immer noch nicht vorbei, weil Carter 9 Sekunden vor Ende den langen Dreier reinhaut. Reicht aber nicht mehr, weil Pierce (4/4) und später auch Lee von der Linie eiskalt bleiben. Ein Mayo-Dreier ist nur noch Kosmetik. Boston gewinnt 117:115.

Der Star des Spiels: Rajon Rondo. Pierce stellte eine neue Saisonbestleistung auf und traf wichtige Würfe (vor allem der Dreier in der 2. OT). Garnetts Präsenz ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Aber der Mann des Spiels hieß Rondo. Der Celtics-Point-Guard, der 53 Minuten auf dem Feld stand, war vor allem in der entscheidenden Phase der entscheidende Faktor - und das sowohl defensiv (mit seinen Steals gegen Mayo) als auch offensiv. In 41 der letzten 42 Spiele hat Rondo mindestens 10 Assists aufgelegt. Und ohne seine Ejection gegen Brooklyn hätte er den Magic-Johnson-Rekord (46) wohl tatsächlich gebrochen.

Der Flop des Spiels: Die Mavs-Turnover. Beim Stand von 112:115 war wenige Sekunden vor Ende der 2. Overtime noch nichts verloren, die Mavs hatte noch eine Chance. Aber was macht Collison? Er schmeißt beim Einwurf den Ball ins Aus. Es war bezeichnend - und es war Turnover Nummer 28 für Dallas! Collison war mit seiner famosen Performance der Hauptgrund, warum Dallas nach einem 14-Punkte-Rückstand ein Comeback startete, aber er leistete sich eben auch 7 Turnover. Bei Mayo waren es sogar 9 - Karrierehöchstwert. Wie man mit 28 Ballverlusten fast ein Spiel gewonnen hat, grenzt an ein kleines Wunder.

Analyse: Ein verrücktes Basketball-Spiel. Dallas führte in den 58 Minuten von Boston genau 17 Sekunden lang - nach Fishers Dreier in der Crunchtime der regulären Spielzeit. Die Celtics lagen von Anfang an die gesamte Zeit vorne und kontrollierten das Spiel. Und trotz der 28 Turnover der Mavericks und der zwischenzeitlich eklatanten Diskrepanz an Freiwürfen (25/30 bei Boston zu 13/17 bei Dallas) mussten die Celtics bis zum Schluss zittern. Wie konnte das sein?

Ganz einfach: Dallas machte, wenn man die Turnover mal weglässt, offensiv ein richtig gutes und effizientes Spiel. Eine Field-Goal-Quote von 51 Prozent (Boston: 43 Prozent) spricht eine klare Sprache. Besonders die Small-Ball-Variante mit drei Guards (Fisher, Collison, Mayo), Carter auf der Vier und Marion als Center funktionierte in der zweiten Halbzeit sehr gut. Die Mavs verstanden es auch, die Schwächen der Celtics auszunutzen.

Dallas kam gegen die teilweise katastrophale Transition Defense der Celtics, nicht erst seit kurzem ein Problem in Boston, zu vielen leichten Punkten. Zudem dominierten die Mavs gegen das schlechteste Rebounding-Team der Liga die Boards und erzielten 60 Punkte in der Zone (Boston: 40). Wieder einmal auffallend: Wenn Garnett nicht im Spiel ist, kommt der Celtics-Frontcourt defensiv relativ bescheiden daher.

Aufgrund der Turnover ist es eine bittere Niederlage, aber Dallas verkaufte sich trotzdem gut. Derek Fisher und Dahntay Jones geben dem Team die Toughness, die man in dieser Saison lange nicht hatte. Collison scheint an der Seite von Fisher auch langsam aufzublühen.

Allerdings wird eines auch immer deutlicher, was nicht wirklich überraschend ist. Ohne Nowitzki können die Mavs sich zwar einigermaßen über Wasser halten, aber gegen gute Gegner reicht es nicht. Die Dallas-Bilanz gegen Mannschaften mit positivem Record steht jetzt bei 1-8.

Und der Spielplan hat es bis Ende Dezember in sich. Am Freitag steht ein sehr gewinnbares Spiel in Toronto auf dem Programm, aber danach heißen die nächsten acht Gegner: Minnesota, Philadelphia, Miami, Memphis, San Antonio, Oklahoma City, Denver, San Antonio. Wie wichtig es doch wäre, wenn Nowitzki um Weihnachten herum sein Comeback feiern könnte...

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