NBA

Nowitzki-Einbruch - und Terry-Flirt mit Heat

Von Haruka Gruber
In Miami kam es zur Neuauflage der Finals von 2011 - mit einem anfangs starken Nowitzki
© Getty

Mavericks-Superstar Dirk Nowitzki nahm es bis zur Pause fast im Alleingang mit den Miami Heat auf - und brach plötzlich komplett ein. Die Folge: Dallas kassiert beim Finalgegner aus dem Vorjahr die nächste Klatsche gegen einen Titel-Favoriten: 85:106. Und dann kokettiert Jason Terry auch noch mit einem Wechsel nach Miami.

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Dabei zeigte Nowitzki anfangs eine MVP-reife Leistung. 9 der ersten 11 Würfe fanden das Ziel, doch daraufhin verlor er gänzlich den Touch. Die folgenden 8 Würfe gingen allesamt vorbei, so dass Nowitzki ab der 25. Minute nur noch von der Freiwurflinie punktete. Mit 25 Zählen (9/19) war er dennoch der mit Abstand beste Scorer seines Teams.

Miami verteilte die Scoring-Last auf mehrere: Angeführt von LeBron James und Chris Bosh (je 19 Punkte) sowie Dwyane Wade und Udonis Haslem (je 16) punkteten beim 15. Heimsieg in Folge gleich sieben Spieler zweistellig.

Dabei wurde vor dem Spiel noch über die Leistungsfähigkeit von James spekuliert, da bekannt wurde, dass er wegen eines auskugelten Fingers gehandicapt ist. In den vergangenen 5 Partien traf er nur 40,7 Prozent für 18,4 Punkte.

Die 19 Zähler (8/16) gegen Dallas sind für seine Verhältnnisse ebenfalls unspektakulär, aber in den wichtigsten Phasen zeigte er anders als Nowitzki Präsenz und zeichnete sich außerdem für 9 Rebounds sowie 5 Assists verantwortlich.

Auf Seiten der Mavs spielte vor allem Sixth Man Jason Terry, sonst die zweite Offensiv-Option, miserabel und war keine Hilfe für Nowitzki (3 Punkte, 1/10 Würfe). Seinen großen Auftritt hatte der nach dieser Saison vertragslose Terry erst mit dem Abpfiff. Im Locker Room wurde er darauf angesprochen, ob im Sommer ein Wechsel zum Erzrivalen Miami denkbar sei - und Terry bot sich feil.

"Ich würde am liebsten als Maverick meine Karriere beenden und hätte gerne in der Offseason schon verlängert. Vielleicht ist es an der Zeit, weiterzuziehen. Miami ist definitiv ein Titel-Favorit und Pat Riley ist ein großartiger Präsident", sagt Jet.

"Es steht außer Frage, dass die Heat einen erfahrenen Shooter brauchen, auf den Verlass ist und der neben LeBron und Dwyane punkten kann. Ich bin seit 13 Jahren in der NBA und liefere 15 Punkte im Schnitt, egal ob von der Bank kommend oder als Starter. Daher glaube ich, dass ich für Miami interessant bin."

Reaktionen:

Dirk Nowitzki (Dallas Mavericks): "Wir müssen die Leistung der Heat anerkennen. Sie haben den Druck offensiv und defensiv auf uns erhöht. In der ersten Halbzeit klappte alles ein bisschen zu einfach für uns. Irgendwie ging alles von alleine. Dann erhöhte Miami den Druck - und wir hatten keine offenen Würfe mehr."

Dwyane Wade (Miami Heat): "Mein Gefühl war, dass wir alles unter Kontrolle hatten. Die Mavs hatten ihre Art zu spielen. Uns ging es darum, das Tempo herauszunehmen und die Offensiv-Systeme zu laufen."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Tipoff: Die Mavs erstmals seit Mitte Februar mit der Bestbesetzung - zumindest theoretisch.

Heißt: Delonte West (Finger) ist nach sechs Wochen erstmals zurück, auch Brendan Haywood (Knie, Knöchel) könnte eingesetzt werden. Haywood aber wird aus Vorsicht noch einmal geschont.

Miami sorgt sich um den ausgekugelten Finger von James, er selbst lehnt jedoch eine Pause ab. Sein Backup Mike Miller fehlt das 9. Spiel in Folge (Knöchel).

2.: Dallas mit einem Blitzstart: 3/3 Würfe, darunter ein butterweicher Nowitzki-Jumper. 7:2 Dallas.

4.: James (6 Punkte) und Bosh (5) bringen die Heat erstmals in Führung. 11:10 Miami.

12.: Die Mavs lassen Dreier nach Dreier fliegen - und haben damit Erfolg. 11:3-Run zum Ende des ersten Viertels. 29:24 Dallas.

15.: Perfekte Rückkehr für West: Erster Dreier, erster Treffer! 35:31 Dallas.

18.: Giganten-Duell: Dirk postet gegen LeBron auf, schnelle Drehung, Bank-Shot, drin! Für Miami liefert Norris Cole Energie von der Bank (3/3). 40:39 Miami.

24.: Der tut den Mavs weh! Während sich bei Dallas alles auf den formidablen Nowitzki (10 Punkte im zweiten Viertel) konzentriert, überzeugen bei Miami in der Phase vor allem die Rollenspieler. Mario Chalmers trifft den offenen Dreier und sorgt zur Halbzeit für die größte Führung überhaupt. 60:53 Miami.

33.: Erstmals setzen sich die Heat ab: 11:2-Run mit 4 verschiedenen Scorern. 73:61 Miami.

36.: Was ist denn hier los? Aus dem Nichts explodiert Mavs-Sorgenkind Lamar Odom, der Dallas im Spiel hält. Erst ein klasse Assist auf Marion, dann erzielt er 9 Punkte kurz nacheinander. 80:72 Miami.

38.: Bei den Mavs geht gerade nichts: 6 Fehlwürfe hintereinander in 76 Sekunden, unter anderem wird Nowitzki von Ronny Turiaf geblockt. Die Heat ziehen davon: 86:73.

44.: Mit 5 Freiwürfen in Serie bringt Nowitzki die Mavs wieder heran: nur noch 7 Punkte Rückstand. 90:83 Miami.

46.: Unfassbar! Die Heat beenden jede Hoffnung der Mavs innerhalb von 2:05 Minuten. Fast schon beiläufig legen sie einen 11:0-Lauf hin, wobei sich die Punkte auf 5 verschiedene Spieler aufteilen. Das war's! 101:83 Miami.

48.: Der starke Chalmers darf noch einmal von Downtown abdrücken - swish! Miami gewinnt 106:85!

Der Star des Spiels: Mario Chalmers. Perfektes Timing: Am Tag, als Suns-Spielmacher Steve Nash sich den Heat quasi feilbot, wenn er im Sommer Free Agent wird ("Ich würde definitiv zuhören, wenn LeBron James anruft"), zeigte der in Miami umstrittene Chalmers die Vorzüge. Ein Point Guard von All-Star-Format wird er alleine schon wegen des wackeligen Wurfs (2/9 Dreier) nie sein, vielmehr kommt ihm die Rolle des Ergänzungsspielers zu - und die erfüllte er gegen Dallas perfekt. Seine Statsline: 12 Punkte, 5 Rebounds, 4 Assists, 4 Steals, nur 1 Turnover. Sein Highlight: Als die Mavs den Rückstand Mitte des vierten Viertels plötzlich auf 7 Punkte vekürzt hatten (83:90), initiierte Chalmers den folgenden 11:0-Lauf der Heat, in dem er erst einen extrem schweren Mitteldistanzwurf traf und gleich danach Jason Terry den Ball klaute.

Der Flop des Spiels: Jason Terry. Man wunderte sich über Nowitzki, der anfangs unter Feuer stand und 9/11 Würfe traf, aber nach der Pause in eine regelrechte Froststarre verfiel und die letzten 8 Versuche allesamt vorbeisetzte. Zumal ihm ähnliches bereits eine Woche zuvor passiert war, als er die Pleite in San Antonio sogar mit 0/12 beendet hatte. Immerhin: In Miami brillierte er bis zur Pause (8/10 für 16 Punkte). Im Gegensatz zu Terry, der die gesamte Partie über katastrophal auftrat und damit stellvertretend für die fehlende Unterstützung für Nowitzki stand, als dieser ins Straucheln geriet. Die Bilanz von Terry, der gegen Houston noch der Matchwinner war: eine Quote von 1/10 für 3 mickrige Punkte, 3 Turnover sowie der schlechteste Plus/Minus-Wert aller Spieler von -15. Das hielt ihn allerdings nicht davon, sich nach dem Schlusspfiff bei den Heat ins Gespräch zu bringen.

Die Analyse: Rund vier Wochen vor Playoff-Start wissen die Mavs vermutlich selbst nicht recht, wie gut oder wie schlecht sie wirklich sind, zu seltsam ist der Verlauf der Regular Season. Die Blamage in Miami dient nur als weiterer Beleg dessen: Anfangs warfen die Mavs wie wild von Downtown und überraschten den Kontrahenten mit der Taktik. Bereits zu Beginn des zweiten Viertels hatte Dallas fast genauso viele Dreier versenkt (7) wie sonst in einem gesamten Spiel (7,5 im Schnitt). Aber: In den letzten 33 Minuten kamen nur noch zwei weitere Dreier hinzu.

Ähnlich kurios auch eine weitere Statistik: Bis zur Pause suchte man zu selten den Abschluss direkt am Korb, so dass ihnen kein einziger Freiwurf zugesprochen wurde. Das kam zuletzt im März 2009 vor. Miami bekam hingegen 10 Freiwürfe. Ein Grund dafür, warum Dallas trotz der anfänglichen Treffsicherheit nach der ersten Halbzeit zurücklag (53:60).

Entsprechend chancenlos zeigten sich die Mavs, als später die Würfe nicht mehr fielen und sie sonst keine Mittel fanden gegen die athletischeren Heat. Besonders die Defizite im Rebounding (29:44) wurden offensichtlich und geben Anlass zur Sorge. Das Rebounding-Verhältnis in den letzten fünf Partien beträgt alamierende 173:235.

Immerhin: Das Comeback von Starting-Center Haywood steht bevor, der diese Sorgen lindern dürfte. Der ebenfalls ausgefallene West fügte sich ordentlich ein (7 Punkte, 3/3). "Wenn alle Spieler zurückkehren und in Form sind, werden wir ins Rollen kommen. Wir werden in den Playoffs angsteinflößend sein", sagte Brendan Wright (11 Punkte, 5/8), einer der wenigen Lichtblicke gegen Miami, vor der Partie. Den Beweis muss Dallas jedoch erst erbringen.

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