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NBA Finals - Boston Celtics vor dem Duell mit den Warriors: Selbst Pop weinte diesem Coach nach

Von Thomas Lehmitz-Artmann
Ime Udoka hat direkt in seiner ersten Saison als Head Coach der Boston Celtics die NBA Finals erreicht.
© getty

Die Boston Celtics sind zum ersten Mal seit 2010 zurück in den NBA Finals und kämpfen um Championship Nummer 18. Großen Anteil am Erfolg hat auch Ime Udoka. Dabei war der Start in seine erste Saison als Head Coach alles andere als einfach - wie eigentlich sein ganzes Leben.

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Alles begann mit einem Beben, das nicht nur die Celtics-Welt überraschte. Anfang Juni 2021 trat Danny Ainge, langjähriger Head of Basketball Operations, bei den Kelten zurück und übergab den Staffelstab an den damaligen Head Coach Brad Stevens weiter. Trotz der enttäuschenden Seuchensaison 2020/21 hatten viele diesen Schritt nicht kommen sehen, Stevens war als Trainer eigentlich äußerst beliebt und gilt als Taktikfuchs.

Nach acht Jahren an der Seitenlinie in Boston hat Stevens immense Fußstapfen hinterlassen, die es von Ime Udoka zu füllen galt. Keine leichte Aufgabe, die nach wenigen Wochen in der neuen Spielzeit schon zu scheitern drohte. Die Mannschaft wirkte zu Saisonbeginn wie ein einziger Zankhaufen: Führungsspieler Marcus Smart warf den beiden Starspielern Jayson Tatum und Jaylen Brown Egoismus vor, Tatum reagierte eher dünnhäutig. Schwere Aufgaben für einen Rookie-Coach.

Doch Udoka ist es gewohnt, dass das Leben nicht immer leicht ist. Im Boston Globe erzählte seine Schwester, dass Udoka und die gesamte Familie früh mit Rassismus und Diskriminierung konfrontiert wurden. Sein Vater Vitalis Udoka kam aus Nigeria nach Oregon und verlor mehrere Jobs allein aufgrund seiner Hautfarbe.

Seine Mutter Agnes hoffte schon immer auf den Erfolg des Sohnes als Lösung für den finanziellen Notstand der Familie. Wenn nur eines der talentierten Kinder die NBA erreichen würde, wären alle Probleme gelöst, soll sie ihren Freundinnen erzählt haben. Probleme, für die der junge Ime Sunday Udoka nur Basketball als Ausweg sah.

Udoka: Basketball? "Für mich gibt es nichts Anderes"

Der 44-Jährige legte damals wie heute seinen kompletten Fokus auf das orangefarbene Leder. Als er im vergangenen Sommer nach seinen Hobbies außerhalb vom Basketball gefragt wurde, antwortete Udoka: "Für mich gibt es nichts Anderes." Es mag wie eine Phrase klingen, ist jedoch die ehrliche, harte Wahrheit des ersten amerikanisch-nigerianischen Head Coaches in der NBA. Basketball war schon immer seine Antwort.

"Wir waren arm. Es gab keinen Familienurlaub. Es gab nur Basketball", erinnerte sich Udoka an seine Kindheit. Seine Profi-Karriere begann holprig in der damaligen Development League (heute G-League) und mit nur vier Kurzeinsätzen bei seinem ersten NBA-Stopp bei den Lakers. Knieverletzungen machten ihm einen Strich durch die Rechnung, später arbeitete er Nachtschichten als Paketlieferant, um sich durchzuschlagen.

Nach mehreren Zehntagesverträgen gelang dem Forward 2006/07 in Portland endlich der Durchbruch. Seiner Breakout-Season wurde allerdings von einem schweren Schicksalsschlag überschattet. Sein Vater starb kurz vor dem zweiten Saisonspiel an einem Herzinfarkt. 2011 starb auch seine Mutter an Krebs.

Trost fand der Trauernde im Basketball. "Ich ging schon am nächsten Tag wieder ins Training und alle sahen mich an: Was tust du hier?" Aber für Udoka ist Basketball das einzige Mittel, den Kopf auszuschalten und Dinge auszublenden. Das sei schon immer so gewesen, sagte er. Für die Trail Blazers startete er in jedem seiner 75 Spiele.

Celtics-Coach Udoka: Selbst Lehrmeister Pop weint ihm nach

Es reichte jedoch nicht für eine langlebige Profi-Karriere. Während seiner letzten Station in San Antonio lernte er unter Coach Gregg Popovich seine Liebe für den Trainerberuf kennen. Dorthin kehrte er 2012 als Assistent zurück, nachdem er seine aktive Laufbahn beendet hatte.

Bei Pop, genau wie bei seinen nächsten Stationen als Assistant in Philadelphia und Brooklyn, hinterließ er bleibenden Eindruck. Bei Udokas Wechsel zu Boston musste Popovich nach eigener Aussage weinen. Vor Freude, wohlgemerkt. Insgesamt neun Jahre war Udoka als Assistant tätig, in den Vorjahren entschieden sich unter anderem die Pistons, Pacers und Cavs gegen ihn, wie er bei Yahoo Sports verriet. "Ime hatte es auf viele Weisen schwer. Ich bin überglücklich für ihn", sagte der Spurs-Coach über seinen Schützling. "Er kann mit den Menschen reden."

Die Kommunikation ist die große Stärke Udokas. In der schwierigen ersten Saisonphase als Hauptverantwortlicher in Boston war es neben Smart auch immer der Head Coach, der seine Mannschaft wieder in die auf Spur bringen wollte. Auch gerne mal mit kritischen Aussagen und harten Ansagen. Die Spieler wollten genau diese Art von Coach, wie ESPN-Insider Adrian Wojnarowski später berichtete.

Der Erfolg gibt ihm recht. Anfang Januar stand Boston bei einer Bilanz von 18-21 und außerhalb der Playoff-Platzierungen. Nach dem Jahreswechsel stellten die Celtics aber das laut Net-Rating mit Abstand beste Team der Liga (+12,7). Boston katapultierte sich in Richtung Tabellenspitze, am Ende reichte es für Platz zwei mit 51 Siegen und 31 Niederlagen. Erwartungen übertroffen.

Ime Udoka hat direkt in seiner ersten Saison als Head Coach der Boston Celtics die NBA Finals erreicht.
© getty
Ime Udoka hat direkt in seiner ersten Saison als Head Coach der Boston Celtics die NBA Finals erreicht.

Celtics-Coach Udoka: "Es kann auch mal rauer zugehen"

Was Udokas Stil unter anderem besonders macht: Einen Superstar-Bonus erhält niemand. Daniel Theis erzählte bei SPOX: "Er zieht jeden zur Rechenschaft und spricht Fehler an, egal ob ich die mache, Grant Williams oder Jayson Tatum." Dabei kann es auch durchaus rauer zugehen. "Coach Udoka ist direkter in seiner Kommunikation (als Stevens, Anm. d. Red.). Bei ihm hörst du schon mal ein: 'Was zum Teufel machst du da?' oder 'Der Scheiß geht so nicht'", plauderte Theis aus dem Nähkästchen.

Das gute Verhältnis zu Tatum, Brown und Smart ist eine enorme Hilfe bei der Kommunikation. So gelang es Udoka, eine hervorragende Verteidigung zu etablieren, das haben die Nets, Bucks und Heat in diesen Playoffs zu spüren bekommen. Der Head Coach hat sein Defensivsystem nach dem schwachen Saisonstart umgestellt, nutzt Center Robert Williams als eine Art Free Safety und lässt seine Mannen viel switchen mit viel körperlichem Einsatz.

Das betrifft auch die beiden Jays. Ausruhen in der Verteidigung steht für die Starspieler Tatum und Brown nicht auf der Agenda. Im Gegenteil: Tatum zeigte gegen Nets-Superstar Kevin Durant seine Two-Way-Fähigkeiten. Brown ist ohnehin ein überdurchschnittlich guter Verteidiger.

Das Personal kommt Udoka in diesem Fall sehr gelegen. In seiner Rotation befinden sich ausschließlich überdurchschnittliche Verteidiger. Fast jeder Spieler kann mehrere Positionen verteidigen. Paradebeispiel dafür ist der Defensive Player of the Year Smart.

Celtics-Coach Udoka: Die Fußstapfen sind nicht zu groß

Er ist das Herz, der Motor und Anführer der besten Verteidigung der Liga. 106,2 zugelassene Punkte pro 100 Possessions in der Regular Season bedeuten Platz 1 im Defensiv-Rating. In den Playoffs rangieren die Kelten mit 105,1 zugelassenen Punkten auf Platz zwei hinter den Bucks.

Schwachstellen findet man eher auf der anderen Seite des Feldes. Bei Niederlagen fallen die häufigen Isolation-Plays der Stars ins Auge. Dies muss allerdings nicht zwangsläufig die Schuld des Coaches sein. Schließlich sind es die Spieler auf dem Platz, die den Großteil der Entscheidungen treffen müssen und ein Superstar mit den Fähigkeiten von Tatum kann Spiele auch so entscheiden.

Ohnehin verkam dies in den vergangenen Monaten nur zu einem Randaspekt. Die Rookie-Saison von Udoka muss jetzt schon als voller Erfolg gewertet werden. Sixers-Coach Doc Rivers sah sogar Award-Potenzial: "Ime hat dieses Jahr Coach-of-the-Year-Zeug geleistet." Zwar reichte es am Ende nicht für Edelmetall - Monty Williams gewann den Titel -, doch Udoka wird es egal sein. Die Suns sind ausgeschieden und er kämpft mit den Celtics um die Larry O'Brien Trophy.

So weit schaffte es Stevens nie, trotz drei Teilnahmen an den Conference Finals. Der aktuelle Boss im Front Office hat am Erfolg der Celtics sicherlich auch seinen Anteil, siehe Al-Horford- und Derrick-White-Trade. Auch die Verpflichtung von Udoka war ein Volltreffer. Er ist drauf und dran, die großen Fußstapfen seines Vorgängers noch weiter auszubauen.

NBA Finals: Warriors vs. Celtics - Die Termine im Überblick

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsÜbertragung
13. Juni3 UhrGolden State WarriorsBoston CelticsDAZN
26. Juni2 UhrGolden State WarriorsBoston CelticsDAZN
39. Juni3 UhrBoston CelticsGolden State WarriorsDAZN
411. Juni3 UhrBoston CelticsGolden State WarriorsDAZN
5*14. Juni3 UhrGolden State WarriorsBoston CelticsDAZN
6*17. Juni3 UhrBoston CelticsGolden State WarriorsDAZN
7*20. Juni2 UhrGolden State WarriorsBoston CelticsDAZN

*falls nötig

 

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