NBA

NBA - Wie Magic Johnson bei den Los Angeles Lakers landete: Ein Münzwurf für die Geschichtsbücher

Von Lino Wilczewski
Magic Johnson eroberte Los Angeles im Sturm.
© getty

Magic Johnson steht wie kaum ein anderer Spieler für die Los Angeles Lakers. Mit Showtime revolutionierte er die NBA, seine Duelle mit Larry Bird sind bis heute legendär. Doch fast wäre er ganz woanders gelandet.

Cookie-Einstellungen

Es gibt im Leben ein paar Dinge, die einfach unzertrennlich zusammengehören: Salz und Pfeffer, Topf und Deckel, Zimt und Zucker - und Earvin "Magic" Johnson und die Los Angeles Lakers.

Dreizehn Saisons spielte Magic in Purple and Gold, holte in dieser Zeit fünf Titel, je drei Regular Season und Finals MVPs und wurde zwölfmal zum All Star gewählt. Mit seinem charmanten Lächeln und spektakulären Pässen verzauberte der 2,06 Meter große Point Guard die Fans auf und abseits des Feldes, die Rivalität seiner Showtime Lakers mit Larry Bird und den Boston Celtics rückte die NBA ins Rampenlicht.

Aus heutiger Sicht kann man sich kaum vorstellen, wie die NBA jetzt aussehen würde, wenn Magic nicht in L.A. gelandet wäre. Dabei war dieses Szenario am 19. April 1979 nur einen Münzwurf entfernt.

L.A. Lakers: Ein glücklicher Free-Agency-Abgang

In den 70er-Jahren lief der NBA Draft noch ein bisschen anders ab, als wir ihn heute kennen. Eine Lotterie gab es nicht, stattdessen wurden die Picks strikt nach der Rangliste der Vorsaison verteilt. Schlechtere Bilanz gleich besserer Pick.

Einzige Ausnahme: der erste Draft-Pick. Der wurde bis 1985 per Münzwurf zwischen den jeweils schlechtesten Teams der Western und Eastern Conference ausgemacht - zu denen die Lakers um Kareem Abdul-Jabbar in 1979 natürlich nicht gehörten.

L.A. war in besagter Saison ein solides Playoff-Team, allerdings hatte Gail Goodrich die Franchise ein paar Jahre zuvor aus Unzufriedenheit als Free Agent gen New Orleans verlassen - wofür die Lakers den damaligen Regeln entsprechend im Gegenzug eine Entschädigung bekommen hatten.

Rausgesprungen ist dabei unter anderem ein Erstrundenpick für den Draft 1979. Und weil Goodrich sich kurz nach seiner Ankunft in New Orleans die Achillessehne riss, ein Jahr später auch Pete Maravich dem Verletzungspech zum Opfer fiel und die damaligen Jazz die Saison 1978/79 mit der schlechtesten Bilanz der Liga beendeten, verwandelte sich dieser Erstrundenpick unverhofft in die Chance auf den unangefochtenen Star der Draft-Klasse: Magic Johnson.

Ein Fan-Vote für die Ewigkeit

Als NBA-Commissioner Larry O'Brien in seinem New Yorker Büro darauf wartete, die Münze zu werfen, die die Zukunft zweier Teams prägen würde, saß neben Lakers-Repräsentant Bill Sharman auch Rob Thorn, der General Manager der Chicago Bulls, das schlechteste Team aus der anderen Conference, am Ende der Leitung.

"Wer möchte entscheiden?", kam die Frage aus New York. Thorn, dessen Team zuvor eine Abstimmung unter den Bulls-AnhängerInnen abgehalten hatte, antwortete: "Bill, wenn es okay für dich ist, lass mich entscheiden. Wir haben da diesen Fan-Vote."

Die Lakers waren einverstanden, Chicago wählte "Kopf", O'Brien flippte die Münze in die Luft und ... "Zahl". Der erste Pick ging nach Tinseltown. "Immer, wenn ich in der Vergangenheit einen Münzwurf hatte, habe ich 'Zahl' gewählt", erinnerte sich Thorn später bei NBA.com: "Das war die Ironie an dem Ganzen."

Magic Johnson wäre fast von den Chicago Bulls gedraftet worden.
© getty
Magic Johnson wäre fast von den Chicago Bulls gedraftet worden.

Buss: "Es wird Magic, oder der Deal ist geplatzt"

Eine bittere Pille für Chicago, ein Segen für Los Angeles. Denn obwohl sie drei Jahre zuvor Abdul-Jabbar nach Hollywood geholt hatten, dümpelten sie im Mittelfeld der Liga rum. Ein Playoff-Team zwar, aber weit entfernt vom Meisterschaftsanwärter. Die Ticketverkäufe waren mau, Abdul-Jabbar hatte sogar ein frühzeitiges Karriereende angedeutet.

Da kam ein Spieler mit dem Spitznamen "Magic" gerade recht. "Er war einfach ein Magnet", sagte Claire Rothman, die Leiterin der ehemaligen Lakers-Arena gegenüber ESPN: "Man wollte um ihn herum sein. Man wollte sein Lachen sehen. Man wollte mit ihm essen gehen. Er hatte das gewisse Etwas."

Trotz seiner Ausstrahlung und seines beachtlichen College-Resümees - er hatte die Michigan State University gerade mit 17 Punkten und 8,4 Assists zum NCAA-Titel geführt - waren nicht alle Verantwortlichen davon überzeugt, er sei der Richtige. Der scheidende Coach Jerry West empfahl Teambesitzer Jack Kent Cooke, stattdessen Sidney Moncrief zu wählen. Ein Aufbauspieler von Magics Körpergröße könne in der schnellen NBA einfach nicht wirklich funktionieren.

Ein Glück aus Sicht aller Lakers-Fans, dass die Franchise zu diesem Zeitpunkt kurz vor dem Verkauf stand. Während Noch-Besitzer Cooke die Entscheidung allein fällen wollte, hatte Interessent Jerry Buss eigene Pläne für die Zukunft des Teams. "Auf keinen Fall", wird der Hall of Famer bei Forum Blue & Gold zitiert: "Es wird Magic oder der Deal ist geplatzt."

Magic: "Ich hätte nicht für Chicago gespielt"

Johnson und Los Angeles passten zusammen, wie die viel zitierte Faust aufs Auge. Sein sonniges Gemüt sorgte ebenso wie seine spektakuläre Spielweise dafür, dass er in vielerlei Hinsicht in die Fußstapfen zahlreicher Lakers-Größen trat. Ob das im kalten Chicago genauso möglich gewesen wäre wie in der Stadt der Stars und Sternchen, ist fraglich.

Glaubt man Magics eigenen Aussagen, stand dieses Szenario ohnehin nie zur Diskussion. "Ich wäre nach Michigan State zurückgekehrt", sagte er in seiner Autobiographie über einen potenziell anderen Ausgang des Münzwurfs. "Der einzige Grund, weshalb ich mich für den Draft angemeldet habe, waren Kareem und die Lakers."

Sein damaliger Anwalt, George Andrew, zeichnete gegenüber NBA.com ein etwas anderes Bild: Magic sei überzeugt gewesen, dass Bulls-Center Artis Gilmore mit Abdul-Jabbar vergleichbar sei. "Er dachte, mit Artis könne er gewinnen", sagte Andrews, "außerdem war es nah an seiner Heimat Michigan."

Magic Johnson eroberte Los Angeles im Sturm.
© getty
Magic Johnson eroberte Los Angeles im Sturm.

Lakers ohne Magic? Was wäre, wenn?

Man kann nur spekulieren, welche Version näher an der Wahrheit ist - klar ist aber, dass in der NBA-Geschichte einiges anders gelaufen wäre, wenn Goodrich nicht Reißaus genommen, die Münze anders gefallen oder Buss nicht so bestimmt gewesen wäre.

Hätten die Bulls in 1979 den Pick bekommen, wo wäre dann ein paar Jahre später Michael Jordan gelandet? Wie hätte sich die Bird-Magic-Rivalität entwickelt, die in den 80er-Jahren so wichtig für die Popularität der Liga war? Hätte im ganzen Jahrzehnt überhaupt ein Team aus dem Westen einen Titel geholt? Wäre Kareem heute der beste Scorer aller Zeiten oder wäre er schon früher in Rente gegangen? Hätte Magics Stern auch in Chicago so hell gestrahlt?

All diese Fragen bleiben unbeantwortet, weil im April 1979 die Münze zugunsten der Lakers fiel. Schon im ersten Jahr führte Magic seine Franchise mit einer legendären Finals-Vorstellung zum Titel, bei der er in Abwesenheit von Abdul-Jabbar als Center startete.

Magic Johnson brachte Showtime nach Los Angeles - und es kam zusammen, was zusammen gehörte.

Artikel und Videos zum Thema