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NBA Above the Break: Kevin Durant gegen Giannis Antetokounmpo ist kein Duell auf Augenhöhe

Kevin Durant hat den Wurf, den Giannis Antetokounmpo am dringendsten braucht.
© getty

Die Zweitrundenserie zwischen den Brooklyn Nets und den Milwaukee Bucks hält bisher nicht das, was sie versprochen hatte - was an den Bucks und insbesondere Giannis Antetokounmpo liegt. Dieser bekommt derzeit vorgeführt, was ihm in den Playoffs noch fehlt. Wird sich das ändern?

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Von den vorgezogenen Finals war die Rede, nicht nur hier. Mit den Nets und Bucks treffen die wohl besten Teams der ersten Runde schon in den Semifinals aufeinander, der Hype im Vorfeld schien nahezu grenzenlos. Dann verletzte sich James Harden in der ersten Spielminute am Oberschenkel - der große Ausfall der ersten beiden Spiele ist aber nicht Brooklyn.

Es gibt eine lange Liste an Ursachen, die dazu geführt haben, dass die Bucks in Spiel 1 (107:115) weitestgehend und in Spiel 2 (86:125) vollkommen chancenlos waren. Die brachiale Offense der Nets etwa oder das fehlende Wurfglück auf der eigenen Seite: Außer Bryn Forbes (19/42 Dreier) hat der gesamte Bucks-Kader in den Playoffs das Werfen verlernt (48/177 - das sind 27 Prozent!).

Auch die Rotationen und der Game Plan von Coach Mike Budenholzer können sicherlich in Frage gestellt werden. Giannis Antetokounmpo in Spiel 1 nur 35 Minuten spielen zu lassen, weckte böse Erinnerungen an vergangene Playoff-Schlappen. Dass Milwaukee bisher so wenig Off-Ball-Bewegung zeigte und defensiv teilweise undiszipliniert wirkte, ist sicher auch eine Frage der Vorbereitung durch den Coach.

Die größte Enttäuschung der Serie bisher ist jedoch der Spieler, der dieses Matchup dominieren sollte. Giannis hat zwar den Zahlen nach ein gutes erstes Spiel hingelegt, viele seiner 34 Punkte kamen da allerdings zu einem Zeitpunkt, als das Spiel schon fast durch war. In Spiel 2 waren auch die Zahlen schlecht.

Der Greek Freak ist nicht der Matchup-Albtraum, der er gegen Brooklyn sein sollte. Und es braucht keinen Propheten, um vorherzusagen, dass Milwaukee keine Chance haben wird, wenn es so bleibt.

Brooklyns Defense funktioniert in den Playoffs

Die Nets sind nominell kein gutes Defensiv-Team, das ist wohldokumentiert. Während der Regular Season reichte es nur für Platz 22 (113,1 gegnerische Punkte pro 100 Ballbesitzen), wobei dazu gesagt werden muss: Kein Team hat jemals so sehr "die Regular Season ist für Streber" ausgestrahlt wie diese Nets. In den Playoffs läuft es besser (Platz 7: 110,4).

Diese Zahlen werden bei bisher nur sieben Spielen von den Gegnern geprägt, und mit den Celtics hatten die Nets in Runde eins einen limitierten Kontrahenten. Die Bucks sollten eigentlich nicht (mehr) limitiert sein, haben sie doch ebenfalls eine Big 3 und einen zweimaligen MVP in ihren Reihen, der größer, schneller und stärker ist als jeder Verteidiger, den sie ihm entgegenstellen können.

Doch dessen eigene Grenzen sind immer noch da - und Brooklyn ist gut darin, diese auszunutzen. Viele Switches brachten die Bucks schon in Spiel 1 dazu, ihr Heil in Isolationen und dem Attackieren von Mismatches zu suchen. Das können einige ihrer Akteure zwar, aber es ist nicht ihr präferierter Stil, und Brooklyn ist in einem Iso-Shootout von keinem Team der Welt zu schlagen, vor allem dann, wenn Milwaukees bester Iso-Scorer Khris Middleton händeringend nach seiner Form sucht.

Khris Middleton trifft derzeit auch machbare Würfe nicht.
© nba.com/stats
Khris Middleton trifft derzeit auch machbare Würfe nicht.

Brooklyn baut eine Mauer vor Giannis Antetokounmpo

Giannis wiederum hielten die Nets vor allem in Spiel 2 fast komplett aus dessen Sahne-Areal. 39 Würfe hat Giannis in der Serie bisher genommen, 18 davon in unmittelbarer Korbnähe - und diese hat er (wie gewohnt) fast alle getroffen (17). Mehr als die Hälfte seiner Abschlüsse kamen jedoch von außerhalb, und hier hat der Greek Freak nach wie vor Probleme: 7/21 sind es bisher, wenn er nicht am Ring abschließt.

Brooklyn baut eine Mauer auf, die zumeist aus einem absinkenden Blake Griffin sowie den stets wachsamen Zonenverteidigern Kevin Durant und Bruce Brown besteht. Griffin schafft es gut, Giannis den Spin-Move zu nehmen, aber dieser lässt ihn oft auch zu leicht vom Haken. Er müsste Griffin viel öfter überpowern oder wenigstens Double-Teams forcieren, stattdessen gibt er sich regelmäßig mit dem Jumper zufrieden oder passt den Ball raus.

Das ist nahezu immer ein Gewinn für Brooklyn, nicht zuletzt deshalb, weil der Jumpshooter Giannis seine Länge auch nicht für Offensiv-Rebounds einsetzen kann.

Giannis lässt gibt nach kurzem Kontakt mit Durant auf.
© nba.com/stats
Giannis lässt gibt nach kurzem Kontakt mit Durant auf.

Was erschreckend dabei ist: Es ist genau die Defense, mit der zu rechnen war, weil den Nets mit ihrem Personal überhaupt nichts anderes übrig bleibt. Und trotzdem wirken die Bucks nicht darauf vorbereitet. Ähnlich wie gegen Miami im Vorjahr wird die Offense statisch und planlos, die Bucks schaffen es nicht, Giannis den Ball in Bewegung zu geben, sodass er seine einzigartigen physischen Vorteile ausnutzen kann.

Giannis Antetokounmpo: Wo ist der Konter?

Und Giannis selbst hat bisher auch keinen Konter parat. Sein Wurf ist noch immer eine Baustelle: In der Regular Season trifft er zwar mittlerweile recht ordentlich, respektiert wird der Jumper aber erst dann, wenn er eine ähnlich wertvolle Ausbeute wie die Korb-Attacken ermöglicht - und das ist noch längst nicht passiert. Das Vertrauen scheint zwar noch da zu sein, anders sind solche Dreier nicht zu erklären, die Brooklyn mit Kusshand nimmt.

Mit solchen Würfen spielt Giannis den Nets in die Karten.
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Mit solchen Würfen spielt Giannis den Nets in die Karten.

An der Freiwurflinie sieht das schon anders aus, hier schien das Händchen bei bisher jedem seiner zehn Versuche (zwei Treffer ...) zu zittern. Unabhängig von der Quote: Auch hier muss zwingend mehr kommen! Für einen physisch so starken Spieler und +30-Punkte-Scorer sind bloß zehn Freiwürfe nach zwei Spielen ein Armutszeugnis.

Es mag harsch klingen, aber für einen Spieler, der der beste der Welt sein will, darf es kein so simples Gegenmittel geben. Die besten Spieler zeichnen sich dadurch aus, dass sie auch dann noch effektiv sein können, wenn man ihnen die erste, die zweite und vielleicht sogar die dritte Option nimmt. Oder dadurch, dass es keine Rolle spielt, welche Abschlüsse man ihnen gibt, weil sie alles treffen können.

Wobei: So ist es eigentlich ja nur bei Kevin Durant.

Kevin Durant braucht keinen Plan

Brooklyn wurde über die ersten beiden Spiele nicht nur von seinen Superstars getragen, auch der Supporting Cast hat abgeliefert, insbesondere in Spiel 2. Und doch waren beide Spiele sowie schon die Serie gegen die Celtics wieder gute Anschauungsbeispiele für den Sonderstatus, den KD besitzt, auch nach einem Achillessehnenriss.

Giannis braucht einen (neuen) Plan, Durant braucht keinen. Er braucht nur den Ball, und dann macht er vermutlich 2 Punkte. Er ist der große Unvermeidbare, immer noch. Durant ist ein Spieler, bei dem man sich manchmal fragt, warum er überhaupt jemals nicht 30 Punkte in einem Spiel erzielt hat, so leicht sieht es bei ihm aus. Und dabei trifft er die schwierigsten Würfe.

Durant ist von überall auf dem Court gefährlich, sein Lieblingswurf jedoch ist der, mit dem sich die allermeisten NBA-Spieler schwertun. Über 61 Prozent seiner Würfe nimmt Durant laut Cleaning the Glass in den Playoffs aus der Mitteldistanz, das sind sogar nochmal fast 10 Prozent mehr als während der Regular Season. Warum auch nicht, er trifft 55 Prozent davon (Playoff Career-High!). Es gibt bei seiner Länge und Beweglichkeit nichts, was die Defense dagegen nachhaltig tun kann.

Die langen Arme des DPOY spielen für Durant keine Rolle.
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Die langen Arme des DPOY spielen für Durant keine Rolle.

KD kommt nicht ganz so oft oder leicht zum Ring wie teilweise zu früheren Zeiten, aber dieser Wurf - der Wurf, den auch Giannis dringender braucht als einen Dreier - sorgt dafür, dass er Stand jetzt kein bisschen von seiner früheren Effizienz eingebüßt hat.

Kevin Durant spielt wieder um den Best Player Alive-Status

Durant sah schon in der Regular Season bärenstark aus, hat sich aber etwas zurückgenommen, gerade defensiv. KD hat nicht einmal die Hälfte der Spiele absolviert, dazu spielte er die wenigsten Minuten seiner Karriere (33,1). Weil die Nets sich das leisten konnten, aber natürlich auch, weil man nach einer so schweren Verletzung nichts überstürzen wollte.

In den Playoffs scheint sich dieser Kurs bisher auszuzahlen. KD hat seine Minutenlast deutlich hochgefahren, steht jetzt bei 37 Minuten pro Spiel, wobei dieser Wert nach dem Blowout in Spiel 2 (32:50 Minuten) etwas nach unten gewandert ist. Er dominiert offensiv wie zu besten Zeiten und ist auch defensiv einer der Schlüssel dafür, warum Brooklyn bisher so gut zurechtkommt.

Durant ist auf einer Mission, sich das zu holen, was ihm schon vor zwei Jahren zustand: Während den 2019er Playoffs begann sich gerade die Ansicht durchzusetzen, dass der Slim Reaper sich endgültig den "Best Player Alive"-Gurt gesichert hatte, dann kam die Verletzung, Kawhi Leonard sprang dazwischen und 2020 holte sich LeBron James den Titel zurück. Dass Durant nach der schwersten Basketball-Verletzung noch einmal darum würde mitreden können, wurde bezweifelt.

Nun ist der Titel vakant und KD ist wieder mittendrin, wenn er diese Form halten kann. Ziemlich sicher ist er außerdem bald eine Runde weiter, wenn Giannis nicht schnell einen Weg findet, seinen eigenen Hut in den Ring zu werfen.

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