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NBA - New Orleans Pelicans unter Stan Van Gundy: Neue Philosophie, alte Probleme

Von Robert Arndt
Zion Williamson legt trotz fehlendem Spacing gute Zahlen für New Orleans auf.
© getty

Die New Orleans Pelicans haben unter dem neuen Coach Stan Van Gundy ihre Spielweise komplett verändert, treten aber etwas auf der Stelle. Brandon Ingram und Zion Williamson legen gute Zahlen auf, die Probleme bleiben im Big Easy aber die gleichen. Ein Blick auf die ersten Trends bei den neuen Pelicans.

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In den ersten Wochen einer Saison geht es meist darum, eine Identität oder etwas langfristiger, eine Kultur aufzubauen, erst recht, wenn vor der Spielzeit der Head Coach ausgetauscht wurde. In New Orleans ist dies nicht anders. Das langjährige Gesicht des Teams - Jrue Holiday - wurde getradet, mit Stan Van Gundy kam ein neuer Coach, dazu veränderten sich einige Teile der Rotation.

Unter dem glücklosen Alvin Gentry waren die Pelicans noch ein reines Offensiv-Team, welches schnellen, teils spektakulären Basketball spielte, unter Van Gundy wurde stattdessen eine Drehung um 180 Grad vollzogen. Der Start war vielversprechend, drei der ersten vier Spiele wurden gewonnen, zuletzt setzte es jedoch drei Pleiten - das in guter, alter Pelicans-Manier.

Die Spiele gegen Indiana, Oklahoma City und Charlotte waren alle knapp, am Ende schlug sich die Truppe aus dem Big Easy gewissermaßen selbst. Das Paradebeispiel war die Partie gegen die Pacers, als New Orleans einen 6-Punkte-Vorsprung bei 20 Sekunden auf der Uhr verspielte und in der Verlängerung durch einen Gamewinner von Malcolm Brogdon verlor.

New Orleans Pelicans: Crunchtime-Probleme und Ballverluste

Schon im Vorjahr zählten die Pels zu den schlechtesten Crunchtime-Teams der Liga, von 41 knappen Spielen entschieden sie gerade einmal 13 für sich. Es war einer der Faktoren dafür, warum New Orleans trotz guter Chancen die Playoffs letztlich deutlich verpasste. Ebenso wenig geändert hat sich die hohe Frequenz an Ballverlusten, hier bleiben die Pels eines der schlechtesten drei Teams der Liga.

Gerade Letzteres bringt Van Gundy, ein Perfektionist, auf die Palme. "Das muss aufhören", forderte der Coach nach der Niederlage gegen Charlotte, als sich die Pelicans erneut 20 Ballverluste leisteten. "So werden wir einfach kein gutes Team sein." Damit wird Van Gundy recht behalten, auch wenn er bereits viele richtige Hebel in Bewegung gesetzt hat.

Vor der Saison fragten sich viele, wie dieser etwas komisch zusammengestellte Kader funktionieren solle. Dabei hätten es eigentlich alle wissen müssen. Van Gundy pausierte zwar nach seiner Entlassung in Detroit zwei Jahre, durch seine Medienarbeit kristallisierte sich aber deutlich heraus, mit welcher Philosophie er bei einem neuen Team agieren würde.

New Orleans Pelicans: Eine neue Defensiv-Philosophie

Zu allererst ist SVG ein Prediger von Defense, in seinen elf Jahren als Coach landeteten seine Teams achtmal unter den ersten Zehn in dieser Kategorie. New Orleans war im Vorjahr 21. in der Defense, nun stehen sie an Position sechs. Einerseits ist das eine Sache des Personals. Mit Lonzo Ball, Eric Bledsoe und Steven Adams umfasst alleine die Starting Five drei mehr als überdurchschnittliche Verteidiger und kann so die weiter eklantanten Schwächen von Zion Williamson kaschieren.

Andererseits spielt auch besagte Philospohie mit hinein. Van Gundy outete sich im TV beständig als Fan der Verteidigungen von Milwaukee und Toronto, die im vergangenen Jahr so etwas wie den Goldstandard für Defense setzten. Das Konzept war simpel: Keine einfachen Punkte am Ring, keine Freiwürfe, dafür wurde Mitteldistanz und der Dreier mehr oder weniger abgegeben.

Zu Pistons-Zeiten ging einst ein Clip von Van Gundy viral, als er während einer Auszeit seinem Team folgende Strategie an die Hand gab: "Form a fuckin' wall"! Und genau das machen jetzt auch die Pels. New Orleans lässt in der Zone gerade einmal 40 Punkte pro Partie zu (Platz zwei hinter Miami), dazu reboundet kein Team besser als New Orleans. So sollte es auch sein, wenn es mit Adams, Williamson und Josh Hart drei der besten Jäger von Abprallern auf ihren Positionen besitzt.

New Orleans Pelicans: Zu wenig Shooting - auch wegen Zion

Das Ganze hat jedoch auch einen Preis - und zwar dass der Gegner zahlreiche offene Dreier bekommt - insgesamt satte 44 pro Spiel. 16 davon werden im Schnitt getroffen, das sind solide 36 Prozent. Es ist also gewissermaßen ein Spiel der Prozente und genauso eine Sache des Glücks, ob ein Team heißläuft oder kalt bleibt.

Ähnlich ist es auch auf der Gegenseite. Opponenten können bestens damit leben, wenn aufgrund des Personals aus New Orleans ein Dreierteam wird. Ball nimmt zwar inzwischen sieben Versuche pro Partie, trifft dabei nur knapp über 30 Prozent. Die beste Quote hat bisher Eric Bledsoe, vom Ruf her kein guter Schütze mit 37,8 Prozent - unwahrscheinlich, dass dies über 72 Spiele so bleibt.

Das ist ein Problem, denn gerade Williamson ist einer der dominantesten Paint-Spieler der Liga, durch das kaum verhandene Spacing wird der 20-Jährige in seinen Möglichkeiten massiv eingeschränkt. Umso beeindruckender ist es, dass der Top-Pick trotzdem 22 Punkte bei 54 Prozent aus dem Feld Abend für Abend erzielt. Man stelle sich Zion - nur mal als Gedankenspiel - in einem Setup wie in Milwaukee oder Houston vor ...

Dies ist aber noch Träumerei und so erhält Williamson inzwischen von den meisten Teams eine Spezialbehandlung mit zwei oder gar drei Gegenspielern, wodurch er kaum zur Entfaltung kommt. Dass neben ihm in Adams auch noch ein traditioneller Fünfer spielt, erleichtert das nicht, auch wenn New Orleans am offensiven Brett starke 30 Prozent der eigenen Abpraller einsammelt.

New Orleans Pelicans: Die Dreierquoten der wichtigsten Spieler

SpielerPunkte3PA3P%
Eric Bledsoe11,85,037,8
Josh Hart8,44,036,1
Brandon Ingram24,06,235,7
Lonzo Ball12,47,230,8
J.J. Redick7,34,929,5
Nickeil Alexander-Walker7,93,628,0
Zion Williamson21,90,20,0
Steven Adams10,30,00,0

New Orleans Pelicans: Brandon Ingram wieder auf All-Star-Niveau

Trotz dieser offensichtlichen Schwächen ist die Starting Five, statistisch gesehen, eine der Besten der Liga (+8,5 pro 100 Ballbesitze). Problematisch bleibt dagegen die Bank, von welcher J.J. Redick noch gar keinen Touch gefunden hat. Die einzige Konstante ist Hart, die Youngster Nickeil Alexander-Walker und vor allem Center Jaxson Hayes lassen dies komplett vermissen.

Und da ist eben auch noch die leidige Crunchtime-Problematik, die auch vor New Orleans' bisher bestem Spieler, Brandon Ingram, keinen Halt macht. Vergangene Saison gewann der frühere Laker noch den MIP-Award und auch bis jetzt sieht der 23-Jährige, nun mit Maximalvertrag ausgestattet, wie ein All-Star aus.

Trotz mehr Aufmerksamkeit und verstopfter Zone sind Ingrams Drives entschlossener geworden, dabei hilft auch die verbesserte Übersicht. Trotz weniger Tempo im Pelicans-Spiel sind seine Assist-Zahlen nach oben gegangen, die Turnover dagegen runter - und das bei mehr Ballbesitzanteilen.

ingram-4q-shotchart
© stats.nba.com

New Orleans Pelicans: Der Kader passt noch nicht

Wurfauswahl, Passspiel, Drives - das alles passt zumindest in den ersten 36 Minuten, womit wir auch wieder beim bisher großen Problem, der Crunchtime-Offense, sind. Ingram schultert hier bislang zu viel und kann nicht alleine die Kohlen aus dem Feuer holen, das zeigt sein Shotchart bestens. Jeder Gegner weiß, dass er Option Nummer eins ist, entsprechend wird er auch behandelt.

Die Folgen sind Ballverluste, kaum Scoring und eben das Verspielen von Führungen. Williamson kann ohne Shooting ebenfalls noch kein Go-to-Guy sein, auch seine Quoten sinken drastisch im Schlussabschnitt (46,7 Prozent). New Orleans hat Talent und auch ein System, aber weiter nicht den passenden Kader, es dürfte also noch eine Weile dauern, bevor die Pelicans mit dem Kern aus Ingram und Williamson tatsächlich die oberen Plätze im Westen angreifen können oder laut Van Gundy "ein gutes Team" werden.

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