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NBA Above the Break: "Heat Culture" - Wie die Miami Heat es zurück in die NBA Finals geschafft haben

Die Miami Heat haben es wieder einmal in die NBA Finals geschafft - diesmal ohne klassischen Superstar.
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Miami Heat: Die Arbeit verdient Respekt

Das erfüllt letztendlich zwei Dinge: Zum einen kann Haslem die Kultur vermitteln, da er universell respektiert wird und auch mit nun 40 Jahren noch vollen Einsatz im Training gibt, zum anderen wird Haslem dafür entlohnt, dass er während seiner besten Jahre immer wieder auf Gehalt verzichtete, um der Franchise neue Moves zu ermöglichen.

Deswegen ist er noch kein Assistant Coach in Miami - die Heat wollen ihm die Möglichkeit geben, selbst über seinen Abgang zu entscheiden. Das sind Entscheidungen, die ligaweit durchaus Respekt einfordern, ähnlich wie die gute Arbeit des Front Office, das seit Jahren No-Names wie Duncan Robinson, Kendrick Nunn, Rodney McGruder, Chris Silva oder Derrick Jones ausgräbt und zu NBA-Spielern macht.

Das ruft wiederum auch Spieler auf den Plan. Jimmy Butler etwa wurde schon gut drei Jahre, bevor er in Miami landete, mit den Heat in Verbindung gebracht, auch Wade legte hier in der gemeinsamen Bulls-Saison offenbar ein gutes Wort ein. Nun darf man bezweifeln, dass die Heat, wenn sie ihre Kultur beispielsweise in Charlotte aufgebaut hätten, den gleichen Reiz auf Butler ausgeübt und er dann einen Trade zu den Hornets erzwungen hätte - Fakt ist, dass das Gesamtpaket bestens passte.

Jimmy Butler: Realer Wert geht über den Boxscore hinaus

Butler ist dabei die Blaupause eines Heat-Spielers. Er hat sich seinen Platz in der Liga als einstiger Nr.30-Pick hart erarbeitet, definiert sich zuallererst als Defensivspieler und "tough guy", kein Spieler in der NBA redet mehr darüber, wie viel er arbeitet und wie sehr er gewinnen will (na, wer wird beim nächtlichen Dribbeln im eigenen Hotelzimmer angeschwärzt?!).

Sein Ruf hatte in der Liga Schaden genommen, nachdem er innerhalb von zwei Jahren bei drei Teams entweder ging oder gegangen wurde, aber aus heutiger Sicht muss man ihm zugutehalten, dass er weder in Chicago, noch in Minnesota oder Philadelphia "das Problem" war, als welches er oft dargestellt wurde. Es ist ohnehin egal. Mit etwas Verspätung hat Butler das perfekte Team für sich gefunden.

Der 30-Jährige ist kein klassischer Superstar; er kann zwar mal 40 Punkte auflegen, tut das aber sehr selten. In Miami ist er mehr Spielmacher denn je, seine Defense ist punktuell noch immer bärenstark, dazu liefert er regelmäßig die allseits beliebten "Winning Plays", die so nicht im Boxscore auftauchen. Seit Jahren lieben ihn Advanced Metrics wie VORP (Value Over Replacement Player) mehr als die klassischen Counting Stats.

Bam Adebayo ist defensiv der Schlüssel

Butler ist ein Star, dessen Wirken auf dem Court weit über die eigenen Punkte hinausgeht. Als neutraler Beobachter dachte man sich zwar auch in den laufenden Playoffs des Öfteren, dass er jetzt mal mehr übernehmen müsste, aber die Resultate geben ihm Recht; immer wieder versuchte er, zuerst andere Spieler zu involvieren, und so traten sowohl beispielsweise Tyler Herro als auch Goran Dragic punktuell neben Butler als Closer in Erscheinung.

Auch Bam Adebayo fällt in diese Kategorie von Star - trotz seiner All-Star-Nominierung in dieser Saison hatten ihn viele vor den Playoffs als solchen auch deshalb noch gar nicht auf dem Zettel, weil er normalerweise keine 30 Punkte pro Spiel auflegt. Doch der Center ist Miamis vielleicht wichtigste Waffe; was Adebayo bisher in den Playoffs vor allem defensiv abliefert, ist gerade in seiner Vielseitigkeit kaum genug hervorzuheben. Zumal er nebenher offensiv, wie ein athletischerer Draymond Green, auch noch oft der Ausgangspunkt der Heat-Angriffe ist.

In dem Nr.14-Pick von 2017 und Butler hat Miami ein Star-Duo, das in Sachen Renommee und Talent nicht ansatzweise mit den beiden Nr.1-Picks LeBron und Anthony Davis bei den Lakers mithalten kann, das dafür jedoch perfekt zur Philosophie dieser Organisation passt. Dank Spoelstra spiegelt sich diese auch in der Spielweise der Heat wider, an beiden Enden des Courts.

Miami Heat: Bewegung schlägt Einzelaktionen

Vorne leben die Heat weniger von individueller Klasse, auch wenn diese vorhanden ist, als von ständiger Bewegung. Nba.com/stats zufolge liefen die Heat pro Playoff-Spiel knapp 2,1 Kilometer mehr als die Lakers, und dabei war ihre durchschnittliche Geschwindigkeit auch noch deutlich höher. Natürlich ist das auch Matchup-bedingt, aber es spiegelt den Eindruck.

Insbesondere Robinson steht während des Spiels niemals still, erinnert in seinen besten Spielen (offensiv!) ein wenig an Klay Thompson. Wann immer er um einen Block rennt und einen Ball fängt, zeigen seine Füße in Richtung des Korbes, er hat kaum verschwendete Bewegung. Zudem ist sein Zusammenspiel insbesondere mit Adebayo teilweise eine Augenweide.

Der Release des Edelschützen ist so schnell, dass jede Millisekunde zu spät tödlich sein kann. Zumal man sich üblicherweise längst nicht nur auf das Zusammenspiel zweier Spieler, sondern auf die Bewegung von fünf Akteuren konzentrieren muss. Dieses Beispiel aus dem sechsten Spiel gegen Boston zeigt das ebenfalls: Robinson wird hier nur so frei, weil Butler abseits des Balles cuttet und dadurch die Aufmerksamkeit von Marcus Smart bindet.

Es erfordert höchste Konzentration, gegen die Heat immer wieder korrekt zu rotieren, bisher war keiner ihrer Gegner dieser Aufgabe in den Playoffs konstant gewachsen. Zumal: Wenn der Impact dieser Off-Ball-Aktionen limitiert wurde, konnte bisher das individuelle Shotmaking von Butler, Herro und Dragic immer wieder ausreichend Lücken (oder auch Freiwürfe) finden.

Das ist aber nicht ihr primärer Ansatz. In den Playoffs liefen anteilig nur die Magic, Nets und Nuggets weniger Isolation Plays, dafür rangierten die Heat in den Top 5 bei den Abschlüssen nach Cuts (3), nach Handoffs (1), Off Screen (3) und bei der Pick'n'Roll-Frequenz (5). Simpel ausgedrückt: Ihre offensiven Lösungen sind fast immer Team- und keine Einzelaktionen.

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