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NBA: Wie die knausrigen Orlando Magic Shaquille O'Neal vergraulten - und Jerry West den Weg für die nächste Lakers-Dynastie ebnete

Shaquille O'Neal spielte in seinen ersten vier Jahren in der NBA im Trikot der Orlando Magic.
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Für Shaq: Lakers ertraden sich den finanziellen Spielraum

Allerdings entspricht auch das erste Lakers-Angebot (7 Jahre/95,5 Mio. Dollar) nicht den Vorstellungen des Big Man. "Die Lakers konnten ihn logischerweise gar nicht bekommen, weil sie über dem Salary Cap lagen", erinnert sich der damalige Magic-GM Pat Williams später gegenüber nba.com. Aber: "Dann hat sich Mr. Jerry West an die Arbeit gemacht und gezaubert."

Die Devise: Cap Space muss her. Schon kurz vor der Free Agency fädelt West einen Trade ein, der Vlade Divac zu den Charlotte Hornets verschifft. Einziger Gegenwert ist der 13. Pick im Draft 1996 - Kobe Bryant.

Als klar ist, dass der Platz unter der Gehaltsobergrenze immer noch nicht für Shaq reicht, macht sich West erneut ans Werk. Am 16. Juli müssen George Lynch und Anthony Peeler ihre Koffer packen, dafür bekommen die Lakers von den Vancouver Grizzlies zwei Zweitrundenpicks - und die benötigte finanzielle Flexibilität.

"Das war der Moment, als die Angst und das Zittern begann. Was zuvor als unmöglich galt, war auf einmal sehr real. Das hat uns erschüttert", so Magic-GM Williams. Langsam aber sicher begreifen die Verantwortlichen in Orlando, dass sie ihre Karten falsch gespielt haben. Mit der plötzlich realen Gefahr, O'Neal zu verlieren, wird Orlando nervös und gibt ein deutlich verbessertes Angebot ab.

Shaquille O'Neal: Fan-Umfrage bringt das Fass zum Überlaufen

Als die Zahlen der Verhandlungen an die Öffentlichkeit durchsickern, entscheidet sich der Orlando Sentinel die Leser-Umfrage zum Thema Shaq-Salär zu starten. Schlechtes Timing, wie sich kurz darauf herausstellt. Die Ergebnisse der Umfrage finden auch ihren Weg zu Team USA, das sich mitten in den Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele 1996 befindet - ausgerechnet in Orlando, mit Shaq.

Das offensichtliche Ressentiment der Magic-Fans gegenüber den Vertragsvorstellungen des Big Man sorgt bei dessen Teamkollegen für Gelächter. Die einen lassen keine Gelegenheit verstreichen, um Shaq aufzuziehen, andere springen ihm öffentlich zur Seite.

"Sie werden es bereuen, denn sie werden wie Idioten aussehen", sagt beispielsweise Charles Barkley nach einer Trainingseinheit angesprochen auf die Umfrage. "Sie werden ihn vermissen." Tatsächlich ist das öffentliche Unverständnis der breiten Mehrheit der Magic-Fans der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Shaq ist gekränkt: Offenbar ist nicht nur das Team überzeugt, er sei das viele Geld nicht wert, sondern auch die Fans.

"50 Prozent war mein Egoismus. Ich hatte eine Menge Dinge am Laufen - Filme, Musikalben -, die ich mir nicht entgehen lassen wollte", blickt O'Neal nach seinem Karriereende 2011 im Orlando Sentinel auf die Free-Agency-Entscheidung zurück. "40 Prozent war die Umfrage und die Tatsache, dass ich, als ich jung war, sehr sensibel war. Und 10 Prozent war die Tatsache, das Bob (Vander Weide, damaliger Magic-Teampräsident, Anm. d. Red.) und die Organisation nicht schnell genug (auf das Lakers-Angebot) reagiert hat."

Die Karrierestatistiken von Shaquille O'Neal

TeamSaisonsSpiele / MinutenPunkteReboundsAssistsBlocksFG%
Magic4295 / 37,827,212,52,42,858,1
Lakers8514 / 37,627,011,83,12,557,5
Heat4205 / 31,119,69,12,11,959,6
Suns2103 / 29,716,59,01,71,460,9
Cavs153 / 23,412,06,71,51,256,6
Celtics137 / 20,39,24,80,71,166,7
Gesamt191207 / 34,723,710,92,52,358,2

Shaq in Los Angeles: Der Beginn einer neuen Dynastie

Kurz nach dem Lynch/Peeler-Trade zu den Grizzlies nutzt Lakers-Macher West den finanziellen Spielraum, um Shaq einen 120-Millionen-Dollar-Vertrag mit sieben Jahren Laufzeit (inklusive Ausstiegsklausel nach dem dritten Jahr) vorzulegen. Der Diesel stimmt zu. Ein Moment, den West damals mit der Geburt seiner Kinder vergleicht.

Pech für Orlando: In den Tarifverhandlungen 1995 wurde die Restricted Free Agency aus dem CBA gestrichen, die Magic können also nicht automatisch mit jedem Angebot für Shaq, der zuvor noch in seinem Rookie-Vertrag war, mitziehen. Nach dem Lockout 1998 wurde sie wieder eingeführt.

Bis heute gilt der Wechsel von O'Neal zu den Lakers als eine der größten, weil weitreichendsten Free-Agency-Entscheidungen der NBA-Geschichte. Der Sommer 1996 hat das vorzeitige Ende der potenziellen Shaq-und-Penny-Dynastie der Magic besiegelt. Gleichzeitig legte er den Grundstein für eine neue.

Zwar mussten die Fans in der Stadt der Engel noch ein paar Jährchen warten, bis sich der Erfolg einstellte, doch mit dem Deal mit Shaq, dem Trade für Kobe Bryant und schließlich der Verpflichtung von Head Coach Phil Jackson war der Weg für den Lakers-Threepeat 2000 bis 2002 geebnet.

Trotz der Erfolge gab Shaq Jahre später zu Protokoll, dass er seine damalige Entscheidung, die Magic zu verlassen, "manchmal" bereue. "Wir hatten ein junges, fabelhaftes Team. Es ist eine Schande, dass wir auseinandergerissen wurden." Und das letztendlich vor allem, weil die Orlando Magic zu geizig waren.

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