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NBA - Houston Rockets vor dem Restart gegen die Mavs: Der transformierte Beard und ein fehlender X-Faktor

Die Small-Ball-Rockets um James Harden und Russell Westbrook sind eins der spannendsten Experimente beim NBA-Restart.
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Mit dem Duell gegen die Dallas Mavericks (heute Nacht ab 3 Uhr live auf DAZN) beginnt der NBA-Restart für die Houston Rockets direkt mit einem Kracher im harten Kampf um die beste Playoff-Platzierung im Westen. Dabei hoffen die Texaner auf den transformierten James Harden - müssen aber auch auf einen möglichen X-Faktor verzichten.

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Inmitten der Corona-bedingten Unterbrechung benötigte es in den vergangenen Monaten nicht viel, um die NBA-Twittergemeinde in Aufregung zu versetzen. Ende Mai dauerte die Abstinenz immerhin schon mehr als zwei Monate an, die Fans stürzten sich wie im Rausch auf jedes Thema, das auch nur ansatzweise mit dem orangefarbenen Leder in Zusammenhang gebracht werden konnte.

So zum Beispiel ein Foto von James Harden: weißes Adidas-Shirt, graue Sportleggins, schwarze Sneaker, der übliche dichte, schwarze Bart. Soweit nichts Besonderes. Nur seine Konstitution sorgte bei dem ein oder anderen Betrachter für hochgezogene Augenbrauen. So dünn wie auf diesem Bild hatte man den 30-Jährigen selten gesehen.

Harden hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein rigides Corona-Workout-Programm in Arizona hinter sich, inklusive Bergläufen, Yoga und sogar verschiedenen Running-Back-Drills. So soll "The Beard" etwa neun Kilogramm abgenommen haben, wie dessen Teamkollege Austin Rivers unlängst vermutete.

"Ihr könnt es nennen, wie ihr wollt, aber 'Beefy-Harden' hat im Schnitt 36 Punkte erzielt. Ich habe keine Ahnung, was 'Skinny-Harden' machen wird", sagte Rivers in einem Instagram-Live. Einen kleinen Vorgeschmack lieferten die drei Testspiele der Rockets vor dem Restart.

"Skinny" James Harden bereit für Playoff-Höchstleistungen?

Im ersten Spiel auf Wettkampf-Niveau nach über vier Monaten schenkte der Guard den Raptors 24 Punkte sowie 10 Assists in 25 Minuten Spielzeit ein. Es folgten 31 Zähler gegen die Grizzlies (5/9 Dreier, dazu 8 Rebounds und 9 Assists) und schließlich 35 Punkte in gut 29 Minuten gegen die Celtics (8/13 Dreier, dazu 8 Rebounds und 6 Assists).

"Kondition, Extra-Sprints nach dem Training und mich pushen, der beste zu sein, der ich sein kann", erklärte Harden nach dem Celtics-Spiel sein Erfolgsrezept für die starken Auftritte in den Scrimmage Games. Er sei sich sicher, dass in der Bubble, in der äußere Einflüsse wie der Heimvorteil weitestgehend ausgeklammert sind, Details über Sieg und Niederlage entscheiden werden. Details wie zum Beispiel die individuelle Fitness der Spieler.

In den vergangenen Jahren schien genau das ein Problem bei den Rockets zu sein. Harden, der schon seit Jahren der Fixpunkt von Houstons Offense ist, wirkte nicht nur einmal platt in den Playoffs, was sich in seinen Leistungen in der Postseason widerspiegelte und ihm viel Kritik einbrachte.

Auch 2019/20 riss er bisher die zweitmeisten Minuten pro Partie ab (mit 36,7 MPG liegt Harden knapp hinter Damian Lillard mit 36,9 MPG), entsprechend waren kurz vor der Unterbrechung Mitte März erste Müdigkeitserscheinungen zu erkennen. Nun hatte Harden gut vier Monate Pause, um seine Tanks aufzufüllen - und körperlich sogar nochmal eine Schippe draufzulegen.

Die Small-Ball-Rockets um James Harden und Russell Westbrook sind eins der spannendsten Experimente beim NBA-Restart.
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Die Small-Ball-Rockets um James Harden und Russell Westbrook sind eins der spannendsten Experimente beim NBA-Restart.

Rockets-Hoffnungen auf Gordon lösen sich (vorerst) in Luft auf

Nichtsdestotrotz war im Rockets-Lager kurz vor dem Auftakt gegen die Mavs in der Nacht auf Samstag nicht nur reiner Optimismus zu spüren. Nach der Verletzung von Eric Gordon im letzten Testspiel wird Houston laut Shams Charania (The Athletic) wohl für zwei Wochen auf den Guard verzichten müssen, also womöglich in allen acht Seeding Games.

Der 31-Jährige war in der bisherigen Saison ein Schatten seiner selbst. Eine Knie-OP im November zwang ihn zu einer eineinhalb-monatigen Pause, in nur 34 Spielen kratzte er seine schlechteste Punkteausbeute im Rockets-Trikot (14,5 Punkte) zusammen. Vor allem von Downtown war der Shooter weit entfernt von seinen eigenen Ansprüchen, seine Dreierquote von 31,9 Prozent ist seine persönlich schlechteste seit acht Jahren.

Rockets-Coach Mike D'Antoni hatte berechtigte Hoffnungen, dass die lange Unterbrechung Gordon gut tun würde, um vollends zu regenerieren und sich in Disney World zurück in einen Rhythmus zu ballern. Daraus wird erst einmal nichts. Im Duell mit Boston landete Gordon unglücklich auf dem Fuß von Vincent Poirier und knickte böse um. Diagnose: Verstauchung im linken Knöchel.

Houston Rockets: Ein X-Faktor fällt vorerst weg

Trotz der überschaubaren Leistungen in der bisherigen Saison galt Gordon als ein X-Faktor für den Erfolg der Rockets in der Bubble. Der Guard gibt dem Team nicht nur mit seinem Shooting eine neue Dimension (im Normalfall ist er nach Harden ihr bester Schütze), sondern liefert auch als weiterer Playmaker wichtige Akzente in der Offensive.

"Natürlich ist Eric ein wichtiger Bestandteil von dem, was wir tun", musste auch Harden zugeben. "Hoffentlich heilt sein Knöchel so schnell wie möglich. Aber wir spielen schon das ganze Jahr mit irgendwelchen Widrigkeiten."

Fast noch wichtiger als seine Produktion in der Offense ist Gordons Rolle am anderen Ende des Courts. Der Guard ist ein starker Perimeter-Verteidiger, der in den vergangen Playoffs oftmals mit der Bewachung der besten gegnerischen Guards betraut wurde.

Die Statistiken von Eric Gordon bei den Houston Rockets

SaisonSpiele / MinutenPunkteReboundsAssistsFG%3FG%
2016/1775 / 31,016,22,72,540,637,2
2017/1869 / 31,218,02,52,242,835,9
2018/1968 / 31,716,22,21,940,936,0
2019/2034 / 28,614,51,91,537,031,9

Houston Rockets: Wer ersetzt den verletzten Eric Gordon?

Gerade defensiv dürfen sich die Rockets in ihrem Small-Ball-Experiment eigentlich keinerlei Schwächen erlauben. Seit dem Trade von Clint Capela, mit dem der letzte große Spieler mit regelmäßigen Einsatzzeiten verschifft wurde, fehlt ein Anker unter dem Korb, der die Defense zusammenhält und auch mal aushelfen kann, wenn der Guard-Verteidiger geschlagen wird.

Auch vor dem Trade hatte Houston nur eine durchschnittliche Defense (109,5 zugelassene Punkte pro 100 Ballbesitze), nach dem Deal fiel das Defensiv-Rating allerdings um fast 2 Punkte (111,2). Nach den anfänglichen Erfolgen mit einem losgelösten Russell Westbrook verloren die Rockets vier der letzten fünf Spiele vor der Unterbrechung, in denen der Gegner im Schnitt 119,8 Punkte erzielte.

Die Rockets-Fans hoffen darauf, dass sich Robert Covington dank des zusätzlichen (kleinen) Training Camps vor dem Restart besser ins System integriert hat, nachdem er zuvor nur 14-mal mit seinen neuen Teamkollegen auf dem Parkett stand.

Zudem erwartet in Abwesenheit von Gordon wohl Danuel House, Ben McLemore und Austin Rivers mehr Spielzeit. "Es wird nicht nur ein Mann sein", sagte D'Antoni angesprochen auf einen möglichen Gordon-Ersatz. "Jeder wird [den Ausfall] auffangen."

Rockets im Playoff-Kampf: "Skinny Harden" soll es richten

Derzeit kann noch niemand vorhersagen, ob die Micro-Rockets funktionieren werden oder nicht, dafür ist die bisherige Stichprobe einfach zu klein (Houstons Bilanz seit dem Capela-Trade: 8-6). Ohnehin wird der richtige Test erst in den Playoffs kommen, wenn eine gegnerische Defense sich bis ins kleinste Detail auf die Rockets vorbereiten kann. Pünktlich zum Start der Postseason am 17. August könnte immerhin Gordon zurückkehren.

Bis dahin muss sich Houston in den Seeding Games eine möglichst gute Ausgangslage erspielen. In der Western Conference wartet ein heißer Kampf um die finalen Platzierungen. Die Rockets auf Rang sechs liegen nur 2,5 Spiele hinter den Denver Nuggets auf dem dritten Platz - allerdings auch nur 1,5 Spiele vor den Mavs, die Platz sieben belegen.

Entsprechend wichtig ist die Auftaktpartie nach dem Restart. Anschließend kommen auf die Rockets weitere Kracher zu (Bucks, Trail Blazers, Lakers), bevor der Spielplan gegen Ende der regulären Saison etwas vorteilhafter wird (Kings, Spurs, Pacers, Sixers).

Sollte Houston aber tatsächlich in der Tabelle noch einen Platz zurückfallen, droht ein Duell mit den Clippers. Als Nr.6-Seed könnte die Nuggets mit ihrem großen Lineup warten, beides sind keine berauschenden Vorstellungen. Im Idealfall macht Houston also vor den Playoffs noch ein paar Plätze gut.