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NBA-Legendenserie - Isiah Thomas: Der Antichrist des Basketballs

Von Philipp Dornhegge
Isiah Thomas war über Jahre das Gesicht der Detroit Pistons.
© getty
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Offene Rivalität mit Michael Jordan

Mit seiner nicht ganz einfachen Art und seiner aggressiven Spielweise machte sich Thomas allerdings nicht nur Freunde. Mit Michael Jordan verbindet ihn bis heute eine offene Feindschaft, die bis zum All-Star Game 1985 zurückdatiert, als sich Thomas angeblich aus Neid mit seinen Teamkollegen gegen Jordan verbündete, weil der als Rookie zu viel öffentliche Aufmerksamkeit bekam.

Thomas bestreitet diese Vorwürfe bis heute, aber Fakt ist, dass Jordan bei seinem ersten All-Star Game so gut wie nie den Ball bekam. Sieben Jahre später war der Mann von den Chicago Bulls längst zum besten Spielern auf dem Planeten aufgestiegen und revanchierte sich bei Thomas, indem er verhinderte, dass sein Erzfeind ins Dream Team berufen wurde, das bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona einen riesigen Basketball-Boom auslöste und 2010 in die Hall of Fame aufgenommen wurde.

Nach Einschätzung des renommierten US-Journalisten Jack McCallum (Autor des Buches "Dream Team") war der Hauptgrund, warum er nicht ins Dream Team berufen wurde, allerdings eine Episode aus den Conference Finals 1987, als Larry Bird bei einem Thomas-Einwurf mit einem legendären Steal und Assist auf Dennis Johnson den Sieg in Spiel 5 sicherte. Anschließend bezeichnete Dennis Rodman Bird als "überschätzt", und Thomas erklärte: "Dem muss ich zustimmen." Ouch.

Für Thomas brach allerdings eine Welt zusammen, als er 2009 erfuhr, dass auch Lakers-Legende Magic Johnson an dem Dream-Team-Komplott gegen ihn beteiligt war: "Ich wünschte, er hätte damals den Mut gehabt, mir ins Gesicht zu sagen, dass er mich nicht im Team haben wollte, anstatt immer nur Jordan die Schuld zu geben."

Buch zerstört die Freundschaft mit Magic Johnson

Bis dahin war Johnson einer seiner besten Freunde. Aber mit dem Buch "When The Game Was Ours", das Johnson gemeinsam mit Larry Bird schrieb, wurde diese Freundschaft jäh beendet.

Denn darin beschuldigt Johnson Thomas außerdem, Gerüchte über seine angebliche Homosexualität gestreut zu haben, nachdem Johnson seine HIV-Erkrankung 1991 öffentlich gemacht hatte.

"Wir waren so eng befreundet, dass ich mit solchen Gerüchten nicht nur seine, sondern auch meine eigene sexuelle Orientierung angezweifelt hätte", war Thomas nach der Erscheinung des Buches entsetzt. "Die Leute wissen offenbar nicht, dass mein Bruder einige Jahre zuvor schon an Aids gestorben war. Es kann also keiner behaupten, dass ich nichts über diese Krankheit wüsste."

Erfolglos in Toronto und Indiana

So holprig Thomas' erste Karriere 1994 endete, so holprig verlief auch sein Start in die zweite: Er wurde Teilhaber der Toronto Raptors, beendete vier Jahre später aber sein Engagement in Kanada, weil er sich mit dem Management zerstritt.

Von 2000 bis 2003 coachte er mit mäßigem Erfolg die Indiana Pacers, bei denen er von seinem erbitterten Feind Bird entlassen wurde. Und dann folgte eben die katastrophale Zeit in New York.

Als Thomas im Oktober 2008 mit einer Überdosis an Schlaftabletten ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, schien er nicht nur beruflich, sondern auch psychisch am Ende. Bis heute ist nicht abschließend geklärt, ob sich Thomas tatsächlich das Leben nehmen wollte.

Fakt ist jedoch, dass ihm einige Monate später ein Anruf neue Hoffnung machte. Die Florida International University meldete sich und bot ihm den Trainerjob bei den Golden Panthers an.

Thomas' Traum bleibt eine Rückkehr zu den Knicks

Die einzige Fähigkeit, die Thomas während seiner Zeit als Manager oder Trainer unter Beweis gestellt hatte, war nämlich sein Auge für Talent. In Toronto wurden dank ihm Damon Stoudamire, Marcus Camby und Tracy McGrady gedraftet, in New York schnappte er sich mit niedrigen Picks Leute wie Wilson Chandler oder David Lee.

In Miami blieb Thomas trotzdem ohne Erfolg, sein Team gewann nie mehr als elf Spiele, nach zwei Jahren war dann für Thomas auch wieder Schluss. Es sollte Thomas' letzte Station als Coach oder GM gewesen sein. Stattdessen hat der Hall of Famer seinen Frieden als Experte gefunden, bei NBA.tv ist Thomas seit Jahren ein gern gesehener Gast.

Es blieb aber stets der Traum von einer Rückkehr zu den Knicks, trotz der Freundschaft mit Besitzer James Dolan wurde dieser aber nie verwirklicht. Thomas hat an in seinem Leben im Basketball viel verbrannte Erde hinterlassen, das kann auch sein charismatisches Lächeln nicht überdecken. Durch die Doku The Last Dance wurde dies erneut deutlich und hat seinem zweifelhaften Image nicht geholfen. Seine Qualitäten auf dem Feld bleiben unbestritten, vieles daneben vernebelt allerdings sein Vermächtnis.

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