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NBA Above the Break: Die Neuerfindung des Russell Westbrook und der Houston Rockets

Russell Westbrook ist wieder ein Superstar. Was bedeutet das für die Houston Rockets?
© getty
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Die Defense der Rockets

Gewissermaßen ist er die kleine Texas-Variante von Giannis Antetokounmpo, auch wenn man das seinem Nebenmann Harden so vermutlich nicht sagen sollte. Noch wissen Teams nicht, wie sie mit diesem neuartig aufspielenden Rockets-Team und dieser Version von Westbrook zurechtkommen sollen.

Seit dem letzten Capela-Auftritt hat Houston lediglich zwei Spiele verloren, in dem Russ Teil des Lineups war, wobei die zweite Niederlage (gegen die Knicks) ein Ausrutscher des gesamten Teams war, insbesondere beim Rebound-Duell (36:65!).

Dennoch: Unter anderem wurde gegen die Celtics (2x) und bei den Lakers gewonnen, Westbrook verzeichnete dabei 36, 41 und 41 Punkte. Gerade gegen solche Top-Teams reicht Offense allein derweil natürlich nicht aus - auch hier kommen die Rockets in ihrem neuen Gewand bisher aber gut klar.

Houston hält sich defensiv über Wasser

Klassische Post-Spieler, die es ja ohnehin kaum noch gibt, konnten den Rockets bisher nicht wirklich wehtun, auch weil sie teilweise mit drei Mann im Verbund verhindern, dass ein Spieler in tiefer Position überhaupt an den Ball kommen kann. Covington, Tucker, Eric Gordon und auch Harden sind physisch so stark, dass man sie im Post nur sehr schwer bewegen kann.

Rebounds sind ein Problem, ohne Capela hat Houston die niedrigste Rebound-Rate aller Teams (nur 44,5 Prozent der verfügbaren Rebounds werden geholt). Das Possessions-Game gewinnen die Rockets oft aber trotzdem, weil sie mehr Turnover forcieren als alle anderen Teams.

Das bezieht sich gerade auch auf die Defense gegen große Spieler, gegen die sich die Rockets oft quasi zusammenziehen. Der Druck, den sie hier ausüben, führt sehr oft zu Ballverlusten.

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© nba.com/stats

Die Rockets sind nicht groß, aber athletisch, kräftig und schnell, und sie nehmen ihre Defensiv-Aufgaben (überwiegend) ernst: Gerade P.J. Tucker und Covington sind über jeden Zweifel erhaben, aber auch die restlichen Spieler leisten ihren Beitrag. Auch von Harden sieht man derzeit öfter Szenen wie hier gegen Jayson Tatum, auch wenn er deswegen noch nicht zum Top-Verteidiger avanciert - das ist aber auch nicht notwendig.

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© nba.com/stats

Seit Ende Januar kratzt ihre Defense immerhin knapp an einem Top-10-Wert, ein erfreuliches Zeichen trotz der kleinen Stichprobe. Überraschenderweise blockten sie in diesem Monat sogar mehr Würfe als bisher in jedem Saisonmonat (5,6).

Im gleichen Zeitraum verzeichnen nur drei Teams mehr Deflections und sind schneller an Loose Balls, gerade letzteres ein Spezialgebiet von Russ. Alle Spieler switchen, was es gegnerischen Teams oft zusätzlich erschwert, die eigene Offense in Gang zu kriegen beziehungsweise Mismatches zu kreieren.

Öfter passen sie sich dem Stil der Rockets an, was diesen wiederum zugute kommt. Es gibt nicht so viele Teams, die wirklich dafür ausgelegt sind, Größenvorteile konsequent auszunutzen. Ein Duell mit Nikola Jokic etwa steht zwar noch aus, Gobert allerdings kam in bisher drei Duellen auf insgesamt nur neun Field Goals gegen Houston.

Etliche Possessions verliefen wie diese, bei denen Mike Conley es nicht schafft, Gobert den Ball zu servieren.

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© nba.com/stats

Verliert Houston den Überraschungseffekt?

Nun kann man darüber sinnieren, ob die Rockets diesen Vorteil auch in etwaigen Playoff-Serien behalten werden, wenn sich gegnerische Teams gründlicher auf sie vorbereiten können und der Überraschungseffekt weg ist. Auch gibt es Teams wie etwa die Clippers, die das Personal haben, um ihren Stil mitzugehen und vielleicht sogar noch besser umzusetzen.

Die Rockets haben zwar ein wenig Tiefe nachverpflichtet, ihr Stil ist dennoch vor allem defensiv kräftezehrend und D'Antoni lässt traditionell lieber mit knappen Rotationen spielen. Westbrook wird richtigerweise regelmäßig geschont, Harden und gerade der nun 34-jährige Tucker dagegen leben wieder mal am Limit. Der Big Man ist sogar auf Kurs für seine dritte 82-Spiele-Saison in Folge.

Harden und auch Westbrook haben es zudem in den letzten Jahren nicht geschafft, an ihre (teils MVP-prämierten) Regular Seasons noch Steigerungen in den Playoffs draufzuhängen. Deswegen sind Zweifel erlaubt und deswegen würden sie zumindest gegen die L.A.-Teams wohl auch keine Serie als Favorit eröffnen.

Houstons Small-Ball: Ein Hail Mary

Durch das Hail Mary, das dieser Capela-Trade in gewisser Hinsicht war, haben sie aber die eigene Chance maximiert - ihr Weg schien nirgendwo hinzuführen, nun haben sie wieder eine Chance, auch wenn sie nicht riesig erscheint. Dazu kann man sie beglückwünschen. Warum versuchen, eine schlechtere Version der anderen Teams zu sein, wenn man seine eigene Nische finden kann?

Diese Frage lässt sich im Prinzip auch auf Westbrook übertragen. Er kann und muss nicht dem Prototyp eines Point Guards oder irgendeiner anderen Position entsprechen. In dem Ökosystem, das die Rockets geschaffen haben, kann er der Superstar sein, der er in den letzten Jahren oft nur noch dem Namen nach war.

Es wird spannend zu sehen, wie weit die Rockets dieses Spiel beziehungsweise Experiment in den nächsten Monaten treiben können. Gerade die klassischen Bigs, die es in den letzten Jahren ohnehin nicht allzu leicht hatten, werden ihnen nicht die Daumen drücken.

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