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NBA: Der holprige Saisonstart der Brooklyn Nets: Kyrie Irving (noch) allein zu Haus

Von Robert Arndt
Kyrie Irving muss im Moment eine große Last für die Brooklyn Nets schultern.
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Die Brooklyn Nets waren im Sommer einer der großen Gewinner, als sie mit Kyrie Irving und Kevin Durant gleich zwei Schwergewichte ins Borough locken konnten. Durant wird die Saison aber nicht spielen und der Saisonstart war auch deswegen mehr als holprig, auch wenn Irving bisher überzeugen kann. Dennoch gibt es bei den neuen Nets noch zu viele Schwachstellen.

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In der kommenden Nacht treten die Brooklyn Nets bei den Utah Jazz an. Das Gastspiel von Kyrie Irving und Co. wird ab 3 Uhr live auf DAZN übertragen.

Während der verletzte Durant sich zumindest bei Heimspielen auf der Bank der Nets blicken lässt, ist Irving auf dem Feld bisher der Go-to-Guy, so wie es auch zu erwarten war. Und der Start von Uncle Drew war auch mehr als vielversprechend. Mit 30 Punkten pro Spiel bei Quoten von 47 Prozent aus dem Feld und 38 Prozent aus der Distanz muss sich der Point Guard wenig vorwerfen lassen.

Im Gegenteil: Ohne Kyrie würden die Nets deutlich schlechter als 4-5 dastehen. Vor allem in der Crunchtime holte Irving nun bereits mehrfach die Kohlen aus dem Feuer, gegen die Knicks und in Portland war er es, der in den entscheidenden Momenten die Punkte zum Sieg erzielte. Auch bei den OT-Pleiten in Memphis und gegen Minnesota leistete der Guard den meisten Widerstand.

Trotzdem bleibt Kyrie eine umstrittene Figur. Schon nach wenigen Spielen sorgte ein langes Feature von Jackie MacMullan (ESPN) für Wirbel, als diese berichtete, dass in der Organisation schon jetzt eine gewisse Angst vor Irvings Launen grassiere.

Kyrie Irving war bislang in der Crunchtime überragend.
© getty
Kyrie Irving war bislang in der Crunchtime überragend.

Kyrie Irving: Go-to-Guy, Top-Scorer, Leader und Coach

Unisono wiesen die Verantwortlichen und auch die Spieler der Nets diese Vorwürfe zurück. Stattdessen wurde in den ersten Saisonwochen immer wieder betont, welch großartigen Job Irving als neuer Leader in Brooklyn mache. "Er schultert so viel für uns", schwärmte Coach Kenny Atkinson, der auch erwähnte, dass Kyrie ihm viele Aufgaben abnehmen würde. "Kyrie coacht die Jungs auf dem Feld, bringt sie auf Linie. Das ist sehr wichtig."

Ein Beispiel dafür war die Partie in Portland, als Irving nach einem verunglückten Drive von Spencer Dinwiddie auf seinen Mitspieler zuging und eine längere Zeit auf ihn einredete. Keineswegs negativ: "Es ist cool, dass er mit mir redet, mich pusht, damit ich besser werden kann", verriet Dinwiddie der New York Post. "Er liefert konstant ab, während ich noch meine Rolle in diesem Team suche."

Dinwiddie spricht damit einen Grund an, der für den holprigen Nets-Saisonstart mit verantwortlich ist - und für den Uncle Drew nicht allzu viel kann.

Kyrie Irving: Seine Statistiken für die Brooklyn Nets

SpieleMinutenPunkteFG%3P%ReboundsAssistsTurnover
933,430,046,537,85,67,22,4

Brooklyn Nets: Dinwiddie und LeVert suchen Form

Dinwiddie steht sinnbildlich für den derzeitigen Zustand der Nets. Über Jahre verbesserte sich der einst von vielen verschmähte Guard konsequent und stieg zu einem der besten Reservisten der kompletten Liga auf. Mit Ausnahme des Portland-Spiels hat der große und bullige Guard aber seinen Rhythmus noch nicht gefunden. Dinwiddie wird wohl nie ein großer Schütze werden, doch 42 Prozent aus dem Feld und 31 Prozent von draußen sind auch für seine Verhältnisse wenig.

Fast auf die gleichen Ausbeuten kommt bisher Caris LeVert, der ebenfalls noch nicht an seine starken Vorstellungen vom Beginn der vergangenen Saison und in den Playoffs anknüpfen konnte. Im Sommer verlängerte LeVert noch vorzeitig um drei Jahre, man war sich einig, dass dies ein absolutes Schnäppchen für die Nets war. Neben Irving und Durant soll er in der Zukunft der dritte Star sein, so zumindest die Vorstellung.

Allerdings sucht auch er noch seine Rolle neben Uncle Drew. Einmal darf Irving, einmal LeVert, wodurch das Spiel der Nets oft ausrechenbar wirkt. Beide Guards ziehen rund 16-mal pro Spiel in die Zone, beide stehen damit in der Top 15 der Liga.

LeVert: Wo ist die Leichtigkeit?

Der Unterschied zwischen LeVert und Kyrie ist aber die Effizienz. LeVert schließt lediglich mit einer Quote von 38 Prozent in Korbnähe ab, fast zwölf Prozent schlechter als Irving. In der vergangenen Saison hatte LeVert noch auf Irving-Niveau abgeschlossen, auch seine gezogenen Shooting-Fouls haben sich halbiert.

Mit seinen 3,4 Ballverlusten pro Spiel führt er zudem die Nets an, glaubt aber an schnelle Besserung. "Ich muss die Offense besser lesen", räumte der Shooting Guard ein. "Das Zusammenspiel mit den Bigs und den neuen Flügelspielern sollte mit der Zeit besser werden. Ich lerne noch, wo sie den Ball am liebsten haben."

Generell produzieren die Nets viele Ballverluste und spielen wenig Pässe, eine sehr seltene Symbiose in der NBA.

Die einzige wirkliche Konstante der Alteingesessenen ist dagegen Joe Harris, der weiterhin aus der Distanz die Lichter ausschießt und schon wieder exakt 50 Prozent seiner Dreier getroffen hat. Mit seiner Bewegung, seinen unerwarteten Cuts bleibt er essentiell für die Nets.

levert-miss
© NBA

Brooklyn Nets: Das neue Team sucht sich noch

Trotz allem sind die Nets mit ihrem neuen Team bereits in der Top 10 in der Offense zu verorten, eben auch wegen Irvings individueller Klasse. Die größeren Probleme sind dagegen in der Defense zu verorten. 111,5 zugelassene Punkte auf 100 Ballbesitze bedeuten Platz 26 im Defensiv-Rating, nur die Verteidigungen der Warriors, Pelicans, Wizards und Kings laden derzeit mehr zu Punkten ein.

Brooklyn vertraut dabei auf das alte Konzept. Dreier und leichte Zonenpunkte sollen verhindert werden, deswegen verteidigt man mit einer ganz klassischen Pick'n'Roll-Defense, in der die Bigs absinken und die attackierenden Guards zu Würfen aus der Mitteldistanz zwingen sollen. Dies erhöht aber auch den Druck auf die eigenen Guards, die sich durch Blöcke kämpfen müssen - Irving ist darin kein Spezialist.

Vermutlich ist es aber die beste Variante. Mit Jarrett Allen und DeAndre Jordan besitzen die Nets keine Center, die sorgenlos nach Switches gegen Guards verteidigen können. Coach Atkinson wird darum seinem Prinzip treu bleiben. Vermutlich wird die Defense sich ohnehin mit der Zeit verbessern, da Gegner der Nets im Moment aus der Distanz sehr heiß sind. Diese treffen satte 42 Prozent von Downtown (Ligaspitze!), wobei der Faktor Zufall erfahrungsgemäß eine erhebliche Rolle spielt.

Atkinson hat seine Rotation noch nicht gefunden

Und dann ist da noch das Problem der dünnen Rotation. Es macht sich bemerkbar, dass die Nets aufgrund der Durant-Verletzung quasi auf einen Rosterspot verzichten und ihnen dabei auch ein kompletter Maximal-Deal an Gehalt fehlt. Gerade auf dem Flügel, wo KD im kommenden Jahr spielen wird, fehlt es an Qualität.

Joe Harris und Taurean Prince machen es bisher nicht schlecht, sie beide sind aber eigentlich zu klein für ihre Position und liefern auch nur bedingt Kreativität vom Flügel. Dahinter fehlt David Nwaba der Wurf, essentiell im Drive-and-Kick-Spiel der Nets, Rodions Kurucs hinkt meilenweit seiner ansprechenden Rookie-Saison hinterher und Wilson Chandler ist noch 15 Spiele wegen Dopings gesperrt.

Besserung ist hier also erst ab der kommenden Saison in Sicht, es sei denn, den Nets gelingt ein Coup auf dem Trademarkt. Wahrscheinlicher ist aber wohl, dass Brooklyn diese Saison zur Eingewöhnung und zum Experimentieren nutzen wird - die Kavallerie ist in Form eines zweimaligen Finals-MVPs ja unterwegs.

Brooklyn Nets: Der Spielplan der kommenden Wochen

DatumUhrzeitGegnerOrt
13. November3 UhrUtah JazzA
15. November4.30 UhrDenver NuggetsA
17. November0 UhrChicago BullsA
19. November1.30 UhrIndiana PacersH
21. November1.30 UhrCharlotte HornetsH
23. November1.30 IhrSacramento KingsH
25. November0 UhrNew York KnicksA
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