NBA

NBA: 5 Beobachtungen zu Sixers vs. Celtics: Die bösen Geister vertrieben?

Die Philadelphia 76ers haben erstmals in dieser Saison die Boston Celtics geschlagen.
© getty

Die Philadelphia 76ers haben im vierten Versuch in dieser Saison erstmals gegen die Boston Celtics gewonnen. Joel Embiid legte dabei eine überragende Performance hin, Jimmy Butler tütete den Sieg ein. Dennoch gibt es weiter Probleme bei den Sixers, während die Celtics trotz einiger unglücklicher Ereignisse das Spiel eng hielten.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Joel Embiid dominiert gegen Boston Celtics

"Ich bin der am schwersten zu verteidigende Spieler der Liga", tönte Joel Embiid nach dem Sieg gegen die Celtics. Nur wenige werden ihm widersprechen, wenn sie die vollen 48 Minuten gesehen haben: 37 Punkte, 22 Rebounds, 21 Freiwürfe, ein später Block gegen Kyrie Irving, der den Sieg sicherte. Embiid hatte überall seine Finger im Spiel.

All dies gelang Embiid gegen die Celtics, das Team, welches den Center seit jeher eigentlich gut im Griff hatte und mit Al Horford und Aron Baynes die passenden Verteidiger im Kader haben. Seit dieser Spielzeit ist Embiid von den Bigs der Celtics aber nicht mehr zu halten, wie seine Splits im Vergleich zu den Vorjahren zeigen, auch wenn Philadelphia in dieser Saison drei der vier Vergleiche verlor.

Joel Embiid: Seine Statistiken gegen die Boston Celtics

ZeitraumPunkteReboundsBlocksFG%
bis 201821,113,11,342,8
2018/1929,315,51,851,0

"Ich höre immer nur, dass diese Jungs mich verteidigen können. Ich musste heute also beweisen, dass dies nicht so ist." Das stellte Embiid tatsächlich unter Beweis und es war auch notwendig. Über 41 Minuten stand der Center auf dem Feld, nur dreimal in seiner Karriere erhielt er mehr Spielzeit (darunter ein 3OT-Spiel gegen OKC).

Diese wusste er zu nutzen und ließ sich von Boston auch nicht dazu verleiten, einen Dreier nach dem nächsten zu schmeißen, wie es noch zuletzt der Fall war. Im Gegenteil: Embiid ging dahin, wo es wehtat, immer in die Zone, immer auf der Suche nach Kontakt, wie auch die 21 Freiwurfversuche zeigen (20 Treffer).

In der Vergangenheit fehlte dann am Ende häufiger die Kraft, diesmal nahm der Process auch in der Schlussphase Einfluss auf das Spiel, auch wenn er nicht mehr scorte. Defensiv stand er seinen Mann, nicht nur beim Block gegen Irving, sondern grundsätzlich bei der ständigen Penetration der Celtics. Ebenfalls zu erwähnen sind dabei seine Closeouts, kaum ein Fünfer schafft es, so schnell so viel Raum gutzumachen, um eigentlich offene Würfe noch ein wenig zu stören.

Jimmy Butler, König der Crunchtime

Vielleicht sollte Jimmy Butler ausschließlich im vierten Viertel spielen. Wie schon gegen Milwaukee war der Ex-Wolves-Spieler über 36 Minuten kaum zu sehen, um dann aber im Schlussabschnitt zu explodieren. Gegen die Bucks waren es am Sonntag noch 14 Zähler in den letzten 12 Minuten, diesmal legte Mr. Buckets sogar noch einen Punkt drauf.

Nummer 23 bleibt ein absoluter Killer im vierten Viertel und wirkt dabei meist komplett verwandelt. In den ersten 36 Minuten verweigerte er teils noch offene Dreier, um dann einen Pull-Up aus der Mitteldistanz zu nehmen, in der Crunchtime nahm er stattdessen die Dinger, als wäre es völlig selbstverständlich. In den vergangenen drei Spielen hat Butler im Schlussabschnitt durchschnittlich 12 Punkte bei über 50 Prozent (5/9 Dreier) aus dem Feld aufgelegt.

Was allerdings schon verwunderte: Butler sah in der Verteidigung gegen Irving überhaupt keine Sonne. Zunächst kämpfte er sich gar nicht um Blöcke und ließ Uncle Drew lieber zu Embiid switchen, später wurde er im Eins-gegen-Eins mehrfach vom Celtics-Star geschlagen. So durfte sich in Halbzeit zwei J.J. Redick versuchen und bereitete Irving tatsächlich mehr Probleme.

Sixers: Bank-Probleme bleiben

Der Sieg verdeckt aber auch nicht die offensichtlichen Probleme, die Philly weiterhin hat. Die Bank wirft große Fragezeichen auf, wie gerade einmal 7 Punkte von allen Reservisten "eindrucksvoll" untermauerten. Das Scoring ist dabei gar nicht einmal das Hauptproblem, da Sixers-Coach Brett Brown die Minuten seiner Stars ohnehin staffelt, wodurch eigentlich immer zwei Big Time Player auf dem Feld stehen.

Die Schwachstellen sind aber so eklatant, dass dies eigentlich nicht ausreicht. Vor allem Boban Marjanovic dürfte nicht nur gegen Boston unspielbar sein. Oft sehen die Zahlen des Serben gut aus, vor allem gegen schlechte Teams, doch Playoff-Mannschaften dürften die Anwesenheit des fußlahmen Hünens gnadenlos bestrafen. Dies tat am Sonntag Milwaukee mit Giannis Antetokounmpo und auch Boston mit Horford und Terry Rozier, die Boban immer wieder attackierten. Wenn Marjanovic dann auf der anderen Seite auch noch Bunnies liegen lässt, hat er tatsächlich keinerlei Berechtigung auf dem Parkett zu stehen.

Die Alternativen sind jedoch wenig rosig, da auch Mike Scott nur eine Notlösung bleibt. Auch er muss eigentlich offensiv produzieren, da er defensiv viel zu schwach ist. Gegen die Celtics hatte er in 20 Minuten nicht zufällig das schlechteste Plus-Mins (-14) aller Sixers-Spieler.

Dennoch wird man Scott in den Playoffs brauchen, wenn auch nur limitiert. Eine Option wäre es tatsächlich, Ben Simmons hin und wieder als Center aufzustellen, wie zuletzt in Charlotte gesehen. Dass dann ein weiterer Spielmacher fehlt, ist eine andere Geschichte (T.J. McConnell war gegen Boston ebenfalls schwach), aber es wäre eine Überlegung wert.

Die fehlende Länge der Celtics

An Körpergröße mangelt es den Sixers ohnehin nicht. Zwar dominierten die Celtics die erste Halbzeit, aber Philly blieb durch Offensiv-Rebounds und Freiwürfe im Spiel. Boston versuchte dabei, Irving bei Tobias Harris zu verstecken und das wurde bestraft. Schon im ersten Viertel hatte der Neu-Sixer drei offensive Bretter gesammelt.

In der ersten Halbzeit ließ sich dies noch kompensieren, weil die Celtics starke 55 Prozent aus dem Feld und neun Dreier trafen, doch dieses Niveau konnte nach der Pause nicht gehalten werden, auch weil Aron Baynes mit seiner Knöchelverletzung nicht mehr dabei war und Marcus Smart sich mit seinem Schubser gegen Embiid selbst aus der Partie nahm.

Es wäre durchaus interessant gewesen, ob Brad Stevens Horford wie in Halbzeit eins früh runtergenommen und man Baynes wieder einige Minuten gegen Embiid gesehen hätte. Zwischenzeitlich ließ der Celtics-Coach Horford und Baynes zusammen ran, was extrem gut funktionierte, auch weil Boston plötzlich selbst Längenvorteile hatte.

So bekam Daniel Theis nach der Pause noch einige Minuten und hielt sich gegen den Kameruner durchaus wacker, war aber kein Vergleich zu den beiden potenziellen Centern der Celtics.

Am Ende standen für Philly 17 Offensiv-Rebounds, 18 Punkte nach zweiten Chancen, 43 Freiwürfe und ein Sieg trotz einer mageren Wurfquote von gerade einmal 38 Prozent (Celtics: 47 Prozent).

Rozier als Shooting Guard und Smarts Dummheit

Es gab aber durchaus weitere positive Aspekte für die Celtics. Vor allem Terry Rozier, der 20 Punkte von der Bank kommend erzielte, konnte glänzen. Scary Terry wurde dabei zumeist nicht als Spielmacher, sondern als Shooting Guard eingesetzt und blühte in dieser Rolle auf. Seine ersten fünf Würfe (vier aus dem Dreierland) saßen, wobei Rozier immer wieder um Blöcke geschickt wurde und dann aus der Bewegung erfolgreich abdrückte. Zudem konnte er sich gegen Redick immer wieder eine gute Position erarbeiten, auch per Drive. Auch hier schadete den Celtics die Ejection von Smart, der Rozier in der ersten Halbzeit mehrfach hervorragend einsetzte.

Entsprechend hart ging Stevens mit dem Übeltäter nach dem Spiel ins Gericht: "Ich bin von Marcus enttäuscht. Wir hätten ihn gebraucht." Dies galt nicht nur offensiv, sondern vor allem in der Verteidigung. Redick (1/6 FG) war in der ersten Halbzeit komplett abgemeldet und bekam keinerlei offene Würfe, weil Smart wie ein Kettenhund am Edelschützen der Sixers klebte.

Durch die Ejection kümmerte sich vor allem Jaylen Brown um Redick und prompt war dieser frei und läutete mit zwei Dreiern im dritten Viertel die Aufholjagd ein. Boston hatte dabei sogar noch Glück, da Redick weitere offene Versuche verfehlte, am Ende stand der Shooting Guard dennoch bei 17 Punkten (4/14 FG).

Smarts Ejection war zudem nicht das einzige fragwürdige Play des Guards. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit foulte Smart Redick hauchdünn vor der Sirene, obwohl dieser den Spalding schon lange hatte fliegen lassen. Durch die drei verwandelten Freiwürfe robbte sich Philly so bereits zum Ende des zweiten Viertels wieder auf elf Punkte heran.

Für die Sixers mag so am Ende ein moralischer Sieg herausgesprungen sein, aber auch in Boston wird man nicht unglücklich sein. Trotz aller Umstände und ohne Gordon Hayward hätte es fast erneut in der Stadt der brüderlichen Liebe zu einem Erfolg gereicht - trotz dieser absoluten Monster-Vorstellung von Joel Embiid.

Artikel und Videos zum Thema