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NBA: Die Philadelphia 76ers mit Jimmy Butler - Ein Vabanque-Spiel

Jimmy Butler, Ben Simmons und Joel Embiid bilden die Big Three der Sixers.
© getty

Gut zwei Monate ist Jimmy Butler nun Teil der Philadelphia 76ers. Die Findungsphase ist aber noch nicht abgeschlossen, auch weil der Kader der Sixers viel zu dünn ist. Wie passt Butler bisher in das System und ist Philly wirklich ein echter Contender im Osten?

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"Der Prozess ist beendet!" Dies war der Tenor, nachdem die Sixers mit Robert Covington und Dario Saric für Jimmy Butler tradeten. Der Flügelspieler bildet nun seit Mitte November mit Ben Simmons und Joel Embiid die Big Three in der Stadt der brüderlichen Liebe, doch so wirklich gefunden haben sich die Stars scheinbar noch nicht.

Embiid monierte mehrfach, dass sich seine Rolle mit Jimmy Buckets an seiner Seite ein wenig verändert hätte, zu Beginn des Jahres kam heraus, dass Butler bei einer Film Session das System von Coach Brett Brown in Frage gestellt hatte, auch wenn dieser den Vorfall herunterspielte und vielmehr betonte, dass die Diskussion sehr fruchtbar gewesen sei.

Dennoch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass die Findungsphase noch lange nicht vorbei ist. Jeder will seine Touches, seine Stats, was Browns Aufgabe nicht unbedingt erleichtert. "Mir gefällt meine Rolle als Ober nicht wirklich. Ich muss jedem sein Essen bringen", zog Brown zur Situation einen interessanten, aber auch passenden Vergleich.

Sixers mit Problemen gegen Top-Teams und hohen Führungen

Seit 29 Spielen ist Butler nun ein Teil der Sixers, 19 davon wurden gewonnen, nur vier Teams holten in diesem Zeitraum mehr Siege (Toronto, Denver, Indiana, Milwaukee). Insgesamt reicht das bisher für Platz vier im Osten, 4,5 Spiele hinter Toronto, aber auch 2,5 vor den Boston Celtics. Blickt man allerdings auf das Net-Rating (2,9), reicht dies nur noch für Platz 11 ligaweit. Hinzu kommt ein recht leichter Schedule, gegen Teams mit positiver Bilanz gewannen die Sixers nur drei von acht Partien (vs. Toronto, @Utah, @Clippers).

Ansonsten fiel vor allem auf, dass die Sixers häufig große Führungen erspielten, dann aber in der zweiten Halbzeit oft ins Wanken gerieten, wie zuletzt beim Gastspiel im Madison Sqaure Garden oder aber auch in Phoenix. Das kann mehrere Gründe haben: fehlende Konzentration, ein dünner Roster oder aber auch fehlende Qualität.

Philadelphia 76ers: Starting Five dominiert

Es ist offensichtlich, dass Phillys Kader noch dringend ein Upgrade benötigt. Dies kann durch einen Trade geschehen, aber auch über den Buyout-Markt. Allerdings: Dass Philly dort auftrumpft wie im Vorjahr mit Ersan Ilyasova und Marco Belinelli, ist eher die Ausnahme denn die Regel. Spieler vom Buyout-Markt haben ansonsten eher selten ein Team wirklich verbessert.

Doch bleiben wir lieber beim aktuellen Spielermaterial, anstatt in die milchige Glaskugel zu blicken. Die Starting Five bestehend aus den Big Three sowie J.J. Redick und Wilson Chandler erzielt pro 100 Ballbesitze knapp 14 Punkte mehr als ihre Gegner, nur vier solcher Formationen, die mindestens 200 Minuten auf dem Feld standen, sind besser.

Bricht man dies aber nur noch auf die drei Stars herunter, bleibt eine Null stehen. Das spricht, dass die weiteren Rollenspieler nicht wirklich performen. Und dennoch wird vor allem über die Big Three und deren offensiver Fit gesprochen, auch weil es die Sixers selbst tun.

"Man hofft, dass die Offense bestimmt, wer den Wurf bekommt, doch zuletzt war es wirklich schwierig für uns", analysierte Brown die Verteilung der Versuche auf seine Stars. Vor allem Neuzugang Butler musste Abstriche machen. Nur noch jeder vierte Abschluss des Swingmans kommt aus dem Pick'n'Roll, sogar nur noch 7 Prozent aus Isolations - so wenige wie seit seiner Sophomore-Saison in Chicago nicht mehr.

Gerade in den Spielen gegen Washington konnte man aber sehen, dass die Sixers weiterhin bemüht sind, ihren neuen Star besser zu integrieren. "Wir verbringen viel Zeit damit, dass wir unsere Spieler in die besten Situationen bringen", beteuerte Brown.

Sixers: Wohin mit Jimmy Butler?

Doch wie könnten diese aussehen? Die Lösung, die auf der Hand liegt, ist, dass Butler mehr Zeit zusammen mit Embiid auf dem Feld verbringt und dort vermehrt zu seinen Pick'n'Roll-Abschlüssen kommen könnte. Brown bevorzugt hier aber zurecht das Two-Men-Game zwischen dem Center und Redick, welches kaum zu stoppen und eine der tödlichsten Waffen der kompletten NBA ist.

So verwundert es nicht, dass Butler deutlich mehr Zeit gemeinsam mit Simmons auf dem Feld steht (702 Minuten mit Simmons, nur 451 mit Embiid). Immerhin sah man zuletzt auch hier einige Neuerungen. So stellte der Australier Butler vermehrt Blöcke und agierte als gefährlicher Roll Man. So wurde in Teilen das Problem des Spacings gelöst, optimal ist es aber weiterhin nicht.

Butler bleibt aber dennoch mehr ein Nebendarsteller als die Hauptrolle in der Sixers-Vorführung. Nach Redick ist der Ex-Wolve der beste Catch-and-Shoot-Spieler der Starter (43 Prozent Dreier) und wird folgerichtig häufiger auf der Weak Side in der Ecke geparkt, ansonsten scort Butler zudem effizient durch Cuts.

Sixers: Das Titelfenster ist klein

Ob ihn das aber zufrieden macht? Die Sixers verwenden Butler mehr als Edeljoker, der im vierten Viertel alles klarmachen soll. Seine 6,7 Punkte pro Partie im Schlussabschnitt sind Bestwert bei den Sixers, dazu verbuchte der Forward bereits zwei Gamewinner gegen Charlotte und auch Brooklyn. Zuletzt zeigte aber auch er mit einem verworfenen Freiwurf gegen die Wizards Nerven.

Butler betonte vor seinem Abgang aus Minnesota stets, dass Gewinnen ganz oben auf seiner Prioritätenliste stehe. Warum dann die Clippers und die Nets als mögliche Trade-Ziele auf dem Zettel standen, war dagegen etwas widersprüchlich, wie so vieles was mit der Person Jimmy Butler zu tun hat.

Die Sixers haben sich auf ein echtes Vabanque-Spiel eingelassen und fast ihr komplettes Tafelsilber für den All-Star hergegeben, der im Sommer auch schon wieder gehen könnte. Unter der Hand ist wohl bereits ausgemacht, dass Butler im Juli einen neuen Vertrag unterschreiben wird, auch wenn es innerhalb der Sixers-Organisation nach den Vorfällen bei der Film Session erste Zweifel daran geben soll. Berichten zufolge will Butler den vollen Max-Deal (5 Jahre, 190 Millionen Dollar), was die Flexibilität der 76ers massiv einschränken würde.

Butler ist dann aber bereits 30 Jahre alt und wohl schon am Ende seiner Prime, während die von Embiid und Simmons überhaupt erst beginnen würde. Das Fenster für einen Titelgewinn könnte so kleiner als gedacht sein, vor allem in dieser und der nächsten Saison dürfte der Druck besonders groß sein. Das war den meisten aber bereits direkt nach dem Trade klar, der Process ist schließlich Geschichte.

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